Conan-Saga 01 - Conan
Er war so furchtlos wie ein verwundeter Tiger, wenn er einen sterblichen Gegner vor sich hatte, aber er war auch das Opfer all der abergläubischen Ängste der Primitiven, wenn er es mit den Übernatürlichen zu tun hatte.
»Ich gelangte ins Haus«, flüsterte Murilo, als wäre die Dunkelheit ein lauschendes Ohr. »Im Garten stolperte ich über Nabonidus' übel zugerichteten Hund. Und im Haus stieß ich auf Joka, den Diener des Priesters. Jemand hatte ihm den Hals gebrochen. Und dann sah ich Nabonidus selbst. Er saß in seiner üblichen Gewandung in einem Sessel. Zuerst dachte ich, auch er sei tot. Ich stahl mich an ihn heran, um ihm den Dolch zu geben. Da erhob er sich und stellte mich. Ihr Götter!« Die Erinnerung an diesen grauenvollen Augenblick raubte dem jungen Edelmann die Stimme.
»Conan«, flüsterte er. »Es war kein Mensch, der da vor mir stand! In Gestalt und Haltung glich es zwar einem Menschen, doch aus der scharlachroten Kapuze des Priesters grinste mir ein Gesicht entgegen, das nur dem Wahnsinn oder einem Alptraum entsprungen sein konnte. Es war völlig mit schwarzem Haar bedeckt, aus dem kleine Schweinsäuglein rot glühten. Seine Nase war flach und hatte riesige Nasenflügel, die sich aufblähten. Es zog die Lippen zurück und entblößte gelbe Fänge wie die Zähne eines Hundes. Die Hände, die aus den roten Ärmeln hingen, waren mißgestaltet und ebenfalls dicht behaart. All das sah ich auf einen Blick, und dann übermannte mich das Grauen, und meine Sinne schwanden.«
»Was geschah dann?« fragte der Cimmerier beunruhigt.
»Ich kam erst vor ganz kurzer Weile wieder zu mir. Das Ungeheuer muß mich in diese Zelle, oder was immer es ist, geworfen haben. Conan, ich habe schon lange vermutet, daß Nabonidus nicht völlig menschlich ist. Des Tages nimmt er Menschengestalt an, doch des Nachts zeigt er sein wahres Wesen.«
»So sieht es aus«, murmelte der Cimmerier. »Jeder weiß, daß es Menschen gibt, die sich nach Belieben in einen Wolf verwandeln können. Aber weshalb tötete er seinen Hund und den Diener?«
»Wer vermag schon zu wissen, was hinter der Stirn eines Teufels vorgeht?« erwiderte Murilo. »Wir sollten uns im Augenblick nur darauf beschränken, hier herauszukommen. Irdische Waffen vermögen einem Werwesen nichts anzuhaben. Wie seid Ihr überhaupt hier hereingelangt?«
»Durch die Kanäle. Ich rechnete damit, daß der Garten bewacht wird. Die Abwässerkanäle der Stadt haben einen Ausgang zu einem Schacht, der hierher führt. Ich hoffte, eine unverschlossene Tür ins Haus zu finden.«
»Dann laßt uns auf dem Weg fliehen, durch den Ihr kamt!« rief Murilo aufgeregt. »Zur Hölle mit dem Ganzen! Wenn wir erst einmal diese Schlangengrube hinter uns haben, müssen wir eben das Risiko mit des Königs Schergen eingehen und versuchen, aus der Stadt zu entkommen. Geht voran!«
»Hoffnungslos«, brummte der Cimmerier. »Der Weg zu den Kanälen ist blockiert. Als ich den Tunnel betrat, stürzte ein Fallgatter von der Decke. Wäre ich nicht schneller als der Blitz gewesen, hätten mich die Spitzen wie einen Wurm auf den Boden gespießt. Es rührte sich nicht um Haaresbreite, als ich es zu heben versuchte. Nicht einmal ein Elefant könnte es bewegen. Noch vermöchte etwas, das größer als ein Hase ist, sich durch das Gitter zu zwängen.«
Murilo fluchte. Eine eisige Hand schien nach seinem Herzen zu greifen. Er hätte es wissen müssen, daß Nabonidus keinen Eingang zu seinem Haus unbewacht ließ. Wäre Conan nicht die Flinkheit eines Raubtiers zu eigen, hätte das Fallgatter ihn erschlagen. Zweifellos hatte sein Betreten des Tunnels einen verborgenen Mechanismus ausgelöst, der es herabschnellen ließ.
»Wir können nur eines tun«, sagte Murilo, während der kalte Schweiß ihm über den Rücken rann. »Nämlich, nach einem anderen Ausgang suchen. Zwar bin ich überzeugt, daß sie alle mit Fallen gesichert sind, aber eine andere Möglichkeit haben wir nicht.«
Der Barbar brummte seine Zustimmung, und die beiden tasteten sich aufs Geratewohl durch den Korridor. Plötzlich fiel Murilo trotz aller Anspannung etwas anderes ein.
»Wie wußtet Ihr eigentlich in dieser Finsternis, daß ich es bin?« fragte er.
»Ich kenne die Pomade Eures Haares, seit Ihr mich in meiner Zelle besuchtet«, erwiderte Conan, »und hier roch ich sie plötzlich wieder, als ich in der Dunkelheit kauerte und mich daran machte, mich auf Euch zu stürzen.«
Murilo zog eine Locke seines schwarzen Haares an die
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