Conan-Saga 01 - Conan
aus der Kammer verzieht und sich in der frischen Luft auflöst? Er wartet, um sich nicht in Gefahr zu bringen. Jetzt hebt er die andere Scheibe. Er ist vorsichtig. Er kennt die Gefahren des grauen Lotos, der Wahnsinn und Tod bringt. Bei Mitra!«
Murilo sprang fast hoch, so aufpeitschend klang dieser Ruf.
»Unsere einzige Chance!« erklärte Nabonidus. »Wenn er das Gemach verläßt, selbst für eine kurze Weile nur, müssen wir unser Glück versuchen und die Treppe hochlaufen!«
Angespannt beobachteten sie das Ungeheuer, als es durch die Türöffnung trat und verschwand. Durch das Heben der Scheiben hatten auch die Vorhänge sich wieder zugezogen und verbargen so das Todesgemach.
»Wir müssen es riskieren!« keuchte Nabonidus. Murilo sah die Schweißperlen auf seiner Stirn. »Vielleicht entledigt er sich der Leichen, wie er es, mich hat tun sehen. Schnell! Folgt mir die Treppe hoch!«
Er rannte darauf zu und schoß sie mit einer Behendigkeit empor, die Murilo erstaunte. Der junge Edelmann und der Barbar waren dicht hinter ihm und hörten so seinen tiefen Seufzer der Erleichterung, als er die Tür am oberen Ende der Treppe aufriß. Sie stürzten hinein in das große Gemach, das sie durch den Spiegel beobachtet hatten. Thak war nirgends zu sehen.
»Er ist in der Kammer mit den Toten!« flüsterte Murilo. »Sperren wir ihn doch dort genauso ein, wie er es mit den Verschwörern getan hat!« schlug er vor.
»Nein, nein!« wehrte Nabonidus ab, und eine ungewohnte Blässe überflog seine Züge. »Wir können nicht sicher sein, ob er sich wirklich dort befindet. Außerdem könnte er zurückkehren, ehe wir die Zugschnur erreichen! Folgt mir lieber in den Korridor. Ich muß unbedingt in meine Gemächer, um an die Waffen heranzukommen, mit denen ich ihn vernichten kann. Dieser Gang ist der einzige ohne eine Falle, über den wir durch dieses Gemach gelangen können.«
Sie folgten ihm schnell durch eine verhängte Türöffnung gegenüber jener, die zur Todeskammer führte, und gelangten in einen Korridor, von dem mehrere Türen abgingen. Mit vor Hast zitternden Fingern versuchte Nabonidus sie eine nach der anderen. Sie waren alle versperrt.
»Mitra!« Der Priester lehnte sich an die Wand. Sein Gesicht war aschfahl. »Die Türen sind verschlossen, und Thak nahm mir die Schlüssel ab. Jetzt stecken wir doch in der Falle.«
Murilo war erschüttert, denn er hätte nie erwartet, den Priester je so bestürzt zu sehen. Nabonidus nahm seine ganze Willenskraft zusammen, um seine Selbstbeherrschung wiederzugewinnen.
»Diese Bestie schafft mich«, entschuldigte er sich. »Wenn Ihr, wie ich, gesehen hättet, wie Thak Menschen zerreißt ... Mitra steh uns bei! Ich fürchte, wir müssen den Kampf mit den spärlichen Mitteln führen, die die Götter uns gewährt haben.«
Er führte sie zurück zu der verhängten Türöffnung und spähte in das große Gemach, gerade als Thak durch die gegenüberliegende Tür stapfte. Es bestand kein Zweifel, daß der Tiermensch Verdacht geschöpft hatte. Seine kleinen, nahe beisammenstehenden Ohren zuckten, er schaute mit böse funkelnden Äuglein argwöhnisch um sich. Er schlurfte zur nächsten Tür und riß die Vorhänge zurück, um dahinterzuschauen.
Nabonidus wich zurück. Er zitterte wie Espenlaub. Verzweifelt griff er nach Conans Schulter. »Mann, wagt Ihr es, Euch mit Eurem Messer gegen seine Fänge zu stellen?«
Das Funkeln in Conans Augen war Antwort genug.
»Schnell!« wisperte der Rote Priester und schob ihn hinter den Vorhang, dicht an der Wand. »Da er uns ohnedies bald entdecken wird, ist es vielleicht besser, wir locken ihn herbei. Während er an uns vorüberstürmt, stoßt Ihr ihm die Klinge in den Rücken, wenn Ihr könnt. Ihr, Murilo, zeigt Euch ihm und lauft dann schnell den Korridor hoch. Mitra weiß, wir haben keine Chance gegen ihn im Handgemenge, aber wenn er uns erst sieht, sind wir ohnedies dem Tod geweiht.«
Murilo spürte, wie ihm das Blut in den Adern stockte, aber er biß die Zähne zusammen und trat durch die Türöffnung. Sofort wirbelte Thak am anderen Ende des Gemachs herum, stierte ihn an und stürzte mit einem mörderischen Gebrüll auf ihn zu. Seine scharlachrote Kapuze war nach hinten gerutscht und offenbarte seinen mißgestalteten Schädel. Seine schwarzen Pranken und das rote Gewand waren mit Blut bespritzt. Er war wie ein rot-schwarzer Alptraum, als er mit gefletschten Zähnen durch das Gemach stürmte. Seine krummen Beine trugen den mächtigen Leib mit
Weitere Kostenlose Bücher