Conan-Saga 01 - Conan
daß dieses Ding mit fremdartigen, groben Hieroglyphen beschriftet war, ähnlich jenen, wie sie auf den staubigen Grabkammern der alten Stygier zu sehen sein sollen. Offenbar wirkte es einen bösen Zauber auf den Statthalter und verlieh ihm unvorstellbare Kräfte der Schwarzen Magie. Unheimliche Mächte schützten ihn vor jenen verzweifelten Patrioten, die, um das Wohl der Stadt willen, ein Attentat auf ihn planten. Unheimliches rotes Licht glühte aus den Fenstern eines hohen Turmes seines Palasts. Man raunte, er habe eine Reihe leerstehender Gemächer dort zum Tempel für einen finsteren, blutrünstigen Gott gemacht.
Und nun lauerte das Grauen in den Straßen des nächtlichen Yaralets, als wäre es durch eine schreckliche, vom Teufel selbst erstandene Beschwörung aus dem Reich der Toten herbeigerufen worden.
Was es genau war, das sie des Nachts fürchteten, vermochten die verängstigten Bürger nicht zu sagen. Aber es war keine leere Einbildung, gegen die sie ihre Fenster und Türen verriegelten. Man flüsterte sich zu, huschende, fledermausähnliche Gestalten durch Ritzen in den Fensterläden gesehen zu haben. Schwebende Kreaturen von Schattensubstanz sollten es sein, wie die Menschheit sie nicht kannte, und die der Verstand sich anzuerkennen weigerte und lieber Zuflucht in den Wahnsinn nahm. Das Gerücht von zersplitterten Türen ging bald um, von grauenvollen Schreien und schier unmenschlichen Lauten, die sich menschlichen Kehlen entrangen – gefolgt von unheilschwerem, absolutem Schweigen. Und diese zersplitterten Türen schwangen im Schein der aufgehenden Sonne in ihren Angeln, und die Häuser, die sie geschützt hatten, waren plötzlich, unerklärlicherweise menschenleer ...
Dieses unheimliche Etwas aus Stygien war die Hand Nergals.
»Es sieht aus wie eine klauenähnliche Hand, aus gelblichem Elfenbein geschnitzt und über und über mit seltsamen Hieroglyphen in einer vergessenen Sprache bedeckt. Die Krallenfinger umklammern eine trübe Kristallkugel. Ich weiß, daß der Statthalter diese Kugel besitzt, denn ich sah sie selbst ...« – er deutete – »... in meinem eigenen Kristall. Denn obgleich ich kein Magier bin, lernte ich doch einige der Schwarzen Künste.«
Conan scharrte unruhig mit den Füßen. »Und Ihr wißt mehr über dieses – Ding?«
Atalis lächelte schwach. »O ja. Alte Schriften berichten darüber und künden die dunkle Legende seiner blutigen Geschichte. Der blinde Seher, der das Buch von Skelos schrieb, kannte es nur zu gut ... ›Nergals Hand‹ nannten sie es schaudernd. Man glaubt, es sei von den Sternen geradewegs auf die Inseln des Sonnenuntergangs im westlichen Westen gefallen, vor vielen Äonen, ehe König Kull die Sieben Reiche unter seinem Banner vereinte. Eine unvorstellbare Zeit ist es über die Welt gewandert, seit die ersten, bärtigen Fischer der Pikten es aus der Tiefe fischten und staunend in sein von Schatten verhangenes Feuer starrten! Sie gaben es im Tauschhandel an die habgierigen atlantischen Kaufleute weiter, und so gelangte es ostwärts über die Welt. Die alten, graubärtigen Zauberer des Älteren Thules und des dunklen Grondars erprobten seinen Zauber in ihren purpurnen und silbernen Türmen. Die Schlangenmenschen Valusiens, wo Schatten wandelten, schauten in seine glimmende Tiefe. Mit seiner Hilfe überwältigte Kom-Yazoth die Dreißig Könige, doch dann wandte die Hand sich gegen ihn und brachte sein Ende. Das Buch von Skelos berichtet, daß die Hand ihrem Besitzer zuerst unvorstellbare Macht beschert – und ihm dann den grauenvollsten Tod bringt.«
Nur die ruhige Stimme des Philosophen brach die Stille des Gemachs, aber der schwarzhaarige Krieger vermeinte, wie in einem Traum, die fernen Echos dahindonnernder Streitwagen zu hören, das Klirren von Waffen, die Schreie gequälter Könige, die sich im Bersten untergehender Reiche verloren ...
»Als der Kataklysmus die ganze Ältere Welt erschütterte und die grüne See hoch über den zerschmetterten Türmen des verlorenen Atlantis wogten, und die Länder eines nach dem anderen in Ruinen versanken, verlor sich das Wissen über die Hand. Dreitausend Jahre schlummerte sie, doch als die jungen Königreiche von Koth und Ophir erwachten und sich allmählich aus der Dämmerung der Barbarei erhoben, fand sich die Hand wieder. Die finsteren Hexenkönige des grimmigen Acheron erforschten ihre Geheimnisse, und als die verwegenen Hyborier das grausame Königreich unter den Füßen zertraten, kam sie südwärts
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