Conan-Saga 01 - Conan
Es flackerte von innen heraus in einem gespenstischen Glühen. In unregelmäßigen Abständen unterbrach der Philosoph seine leise geführte Unterhaltung und schaute tief hinein in den glitzernden Stein.
»Wird sie ihn finden? Und wird er mit ihr kommen?« fragte Prinz Than verzweifelt.
»Er wird kommen.«
»Aber jeder Augenblick, der verstreicht, erhöht unsere Gefahr. Schon in diesem Moment mag Munthassem Khan uns beobachten, und es ist gefährlich für uns, zusammen gesehen zu werden ...«
»Munthassem Khan ruht tief im Schlummer der Lotosträume, denn die Schatten Nergals erhoben sich zur Stunde des Sonnenuntergangs«, versicherte ihm Atalis. »Und wir müssen wohl oder übel ein Risiko eingehen, wollen wir, daß die Stadt je von diesem Blutsauger befreit wird!« Seine Züge verzerrten sich abrupt zu einer Grimasse schier unerträglichen Schmerzes, dann glätteten sie sich wieder. Grimmig fuhr er fort: »Ihr wißt sehr wohl, o Prinz, wie wenig Zeit uns noch bleibt. Verzweifelte Männer müssen zu verzweifelten Mitteln greifen!«
Plötzlich verzog auch Prinz Thans Gesicht sich voll Panik, und er wandte sich Atalis mit Augen zu, die mit einemmal so leblos wie kalter Marmor wirkten. Doch genauso schnell wie der Anfall ihn überwältigt hatte, kehrte Leben in seinen Blick zurück. Er stützte sich bleich und schweißüberströmt auf die Sessellehnen.
»Sehr – wenig Zeit!« keuchte er.
Ein verborgener Gong schlug leise irgendwo im dunklen, stillen Haus Atalis', des Weitsehenden, an. Der Philosoph hob die Linke, um dem Prinzen, der erschrocken hochgefahren war, zu bedeuten, sitzen zu bleiben.
Einen Augenblick später wurde einer der Samtbehänge zurückgezogen und eine Geheimtür kam zum Vorschein. In dieser Türöffnung stand wie ein blutiges Gespenst die mächtige Gestalt des Cimmeriers mit dem halb ohnmächtigen Mädchen, das sich auf seinen Arm stützte.
Mit einem leisen Freudenschrei sprang der Philosoph auf und rannte dem grimmigen Barbaren entgegen. »Willkommen – dreifach willkommen, Conan! Kommt, tretet ein! Hier ist Wein – etwas zu essen ...«
Er deutete auf ein Tischchen an der Wand, und nahm Conan das zusammensackende Mädchen ab. Die Nasenflügel des Cimmeriers weiteten sich wie die eines ausgehungerten Wolfes, als er den Geruch der Speisen aufnahm. Aber auch genau wie ein Wolf, der eine Falle befürchtet, wanderten seine brennenden blauen Augen über den lächelnden Philosophen und den bleichen Prinzen und über jeden Winkel des kleinen Gemachs.
»Kümmert Euch um das Mädchen. Ein Pferd trampelte über sie, aber sie überbrachte mir Eure Botschaft trotzdem«, knurrte er. Ohne Umstände stapfte er durchs Zimmer, goß schweren roten Wein in einen Kelch und leerte ihn. Dann riß er einen knusprigen Schenkel von einem Truthahn und kaute hungrig. Atalis zog an einer Klingelkordel und überantwortete das Mädchen einem stummen Sklaven, der wie durch Zauberei hinter einem anderen Vorhang hervortrat.
»Nun, worum geht es?« fragte der Cimmerier. Er setzte sich auf eine niedrige Bank und zuckte zusammen, als ein stechender Schmerz ihn an seine klaffende Schenkelwunde erinnerte. »Wer seid Ihr? Woher kennt Ihr meinen Namen? Und was wollt Ihr von mir?«
»Wir können uns auch später noch unterhalten«, erwiderte Atalis. »Eßt und trinkt, dann ruht Euch aus. Ihr seid verwundet ...«
»Zu Crom mit all dieser Verzögerung! Wir werden uns jetzt unterhalten!«
»Nun gut, wie Ihr wollt. Aber Ihr müßt mir gestatten, Eure Verletzung zu säubern und zu verbinden, während wir sprechen.«
Der Cimmerier zuckte ungeduldig mit der Schulter und ließ unwillig zu, daß der Philosoph sich seiner annahm. Während Atalis die klaffende Wunde mit einem Schwamm auswusch, sie dick mit einer duftenden Salbe bestrich und sie mit einem sauberen Stoffstreifen verband, stillte Conan seinen Hunger, indem er gierig den feingewürzten kalten Braten verschlang und durstig den roten Wein in sich hineingoß.
»Ich kenne Euch, obgleich wir uns nie begegnet sind«, sagte Atalis mit weicher Stimme. »Aus meiner Kristallkugel, die Ihr dort auf dem Tisch seht. In ihrer Tiefe kann ich hundert Meilen weit sehen und hören.«
»Zauberei?« fragte Conan säuerlich mit der Verachtung des Kriegers für allen magischen Mummenschanz.
»Wenn Ihr es so nennen wollt.« Atalis lächelte gewinnend. »Aber ich bin kein Magier – lediglich ein Sucher der Wahrheit. Manche nennen mich einen Philosophen ...« Sein Lächeln verzerrte sich zu
Weitere Kostenlose Bücher