Conan-Saga 03 - Conan der Söldner
Absichten war er hierhergekommen. Er ersehnte sich eine Audienz mit dem von Zauberern beratenen König, gleichzeitig aber wollte er nichts als fort von hier. Er erfuhr auch bald, daß der König von Zamora für einen jungen Mann aus fremdem Land nicht zu sprechen sei, wenn dieser nicht zuvor gutes Geld für prächtig gekleidete Vermittler zur Hand hatte. Schnell war ihm auch klar geworden, daß er sich den Aufenthalt in der Oberstadt nicht lange würde leisten können. So suchte und fand er Unterkunft jenseits des Basars in dem Viertel der befestigten Hauptstadt, das als Wüstenei bekannt war, und zwar im Wirtshaus ›Zum schäumenden Krug‹.
Und heute nacht, genau wie in der vergangenen Nacht, schlich er durch die Straßen.
Nicht ziellos tat er es. Immer weiter entfernte er sich von der Wüstenei. Warum war er nur in die Thronstraße Erliks eingebogen? Er wußte es selbst nicht so recht. Hier fand er zwar Gleichgesinnte, und hier konnte er untertauchen, aber für einen ehrgeizigen Dieb war nichts zu holen. Dabei brauchte er dringend etwas, um die Speichellecker zu bestechen, die zwischen ihm und dem König standen, dessen geneigtes Ohr er sich erhoffte.
Die verschlungenen schmalen Straßen der Unterstadt waren selbst tagsüber düster, weil die hohen Häuser viel zu eng beisammen standen. In diesen armseligen Löchern hausten jene, die von der Obrigkeit gesucht wurden oder die vor dem Zorn von Herrschern Dutzender Länder oder Stadtstaaten geflohen waren. Hier hatten auch Diebe Zuflucht gesucht, denen es anderswo zu heiß unter den Füßen geworden war und die deshalb ihrem Handwerk nicht mehr hatten nachgehen können. Fahnenflüchtige, die sich Bärte wachsen ließen – oder deren Kinn nun nackt war, falls sie zuvor Bart getragen hatten –, und auch Söldner machten hier Zwischenstation, ehe sie sich anderswo anwerben ließen. Die Tempel Dutzender finsterer Kulte gab es hier, die anderswo kaum willkommen waren. Viele der Kulte in Shadizar verehrten keine Götter, sondern dienten dazu, obszöne Riten auszuüben. Nächtliche Bettgefährten fand man in der Wüstenei in jeglichem Alter, angefangen von den gerade geschlechtsreifen bis zu klapprigen alten Huren. Sie boten sich den Sektierern genauso an wie den Vergnügungssüchtigen, jenen, die sich nur neugierig in dieser verrufenen Gegend umsehen wollten, den Flüchtlingen und Gesetzlosen. Taschendiebe und bewaffnete Unruhestifter trieben sich herum und lauerten ihren Opfern in Torbögen auf, die so schwarz wie ihre Seelen waren. Zu den gewerbsmäßigen Huren kamen auch noch andere jeglichen Alters, die ihre Dienste stundenweise verkauften, oder einen Beschützer mit starken Muskeln oder prallem Säckel suchten, um ihn anderswohin zu begleiten. Denn viele, die in Shadizar, der Verruchten, lebten, waren dort nicht glücklich und blieben nur notgedrungen, weil sie sich nirgendwo anders hinwagten oder sich nirgendwo sonst sehen lassen durften.
In der vergangenen Nacht hatte der hochgewachsene cimmerische Bursche neun Frauen abgewiesen (von denen eine gewiß sechzig oder älter gewesen war, während die jüngste nicht so ausgesehen hatte, als wäre sie überhaupt schon geschlechtsreif), vier Knaben und zwei Männer. Einer der letzteren war so aufdringlich gewesen, daß Conan sich ihn schließlich nur noch mit Gewalt vom Leibe hatte halten können. »Du solltest dich geschmeichelt fühlen!« hatte er zu dem Cimmerier gesagt, was der aber gewiß nicht tat.
In der gleichen Nacht hatte man Conan die grauenvollsten Riten des Tempels der reformierten und vereinten Set-Ischtar-Sekte erklärt, und die von ausschweifender Lüsternheit des Tempels der Derketa Cloaca. Er hatte gesehen, wie ein Junge von etwa dreizehn einen ungemein von sich überzeugten nemedischen Söldner tötete – und durchaus nicht hinterrücks. Später war er Zeuge gewesen, wie eine junge Frau, die anfangs hauchdünne rote Schleiergewänder und dann nichts mehr getragen hatte, hochgehoben und ordentlich versohlt worden war, ehe man sie zwei dunklen Stygiern überließ, die das blonde Mädchen eilig in ihre verwanzte Unterkunft schleiften.
Conan hatte sich geschworen, sich nirgends einzumischen. Er war in einer sehr wichtigen Sache hier: der Wiedergewinnung seiner Seele – und dazu mußte er erst zu größerem Reichtum kommen. Nein, er würde sich ganz sicher nicht mit den Problemen anderer befassen. Und er würde sehr wählerisch sein müssen mit dem Opfer, das er zu berauben gedachte.
Zu oft war er
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