Conan-Saga 06 - Conan von Cimmerien
Sattelsäcken lagen sie schon bald in einem dichten Kreis um das Feuer, während zwei aus ihrer Mitte mit den schweren hyrkanischen Bogen Wache hielten. Keiner von ihnen spürte die finstere Ausstrahlung dieses Tales.
Conan hatte sich an eine der riesigen Sequoien gelehnt. Er zog den Umhang noch dichter gegen die klamme Brise um sich, die von den Bergen herabstrich. Obgleich seine Soldaten kräftig gebaute, hochgewachsene Männer waren, ragte er noch einen guten halben Kopf über dem größten hinaus, und verglichen mit seiner Schulterbreite wirkten sie fast schmächtig. Seine gerade geschnittene schwarze Mähne schaute unter dem spitzen Helm heraus. Einzelne Funken des Feuers spiegelten sich in den tiefliegenden blauen Augen seines dunklen, narbigen Gesichts.
In einem seiner Anflüge von Melancholie fluchte Conan stumm über König Yildiz', den wohlmeinenden, aber schwachen turanischen Monarchen, der ihn auf diese Mission geschickt hatte, denn sie stand unter einem bösen Omen. Über ein Jahr war vergangen, seit er dem König von Turan den Treueeid geleistet hatte, und vor sechs Monaten hatte er das Glück gehabt, sich mit einem Söldnerkameraden, Juma, dem Kushiten, die Gunst Yildiz' zu erringen, als sie seine Tochter Zosara vor dem wahnsinnigen Gottkönig von Meru retteten. Sie hatten die Prinzessin (mehr oder weniger) unberührt zu ihrem Bräutigam, Kujala, dem Khan der nomadischen Kuigar, gebracht.
Bei ihrer Rückkehr in die prunkvolle Hauptstadt Aghrapur hatte der König sie großzügig mit Ehren belohnt und sie beide zum Hauptmann befördert, doch während Juma den begehrten Posten in der Königsgarde bekommen hatte, wurde Conan dadurch ausgezeichnet, daß man ihn auf eine weitere, gefährliche Mission schickte. Leicht verbittert dachte er nun an die Früchte seines Erfolgs.
Yildiz hatte dem riesigen Cimmerier ein Schreiben an König Shu von Kusan – ein unbedeutendes Königreich im westlichen Khitai – anvertraut. Als Befehlshaber von vierzig erfahrenen Soldaten hatte Conan diese weite Reise zurückgelegt. Hunderte von Meilen öder hyrkanischer Steppe hatte er überquert und einen Bogen um das himmelstürmende Talakmagebirge gemacht. Durch die windigen Wüsten und sumpfigen Dschungel an den Grenzen des geheimnisvollen Khitais war er gezogen, des östlichsten Landes, von dem die Menschen des Westens wußten.
In Kusan angekommen, hatte der gütige und philosophische König Shu sich als großzügiger Gastgeber erwiesen. Während Conan und seinen Soldaten in reichlichem Maße exotische Speisen – und willige Konkubinen – vorgesetzt wurden, beschlossen der König und seine Ratgeber, König Yildiz' Handels- und Freundschaftspakt anzunehmen. Also hatte der weise Monarch Conan eine prächtige Schriftrolle aus vergoldeter Seide ausgehändigt. Darauf war in den verschlungenen Ideogrammen Khitais und den grazilen schrägen Schriftzeichen Hyrkaniens die formelle Antwort und die Grüße des khitaischen Königs geschrieben.
Außer einer Seidenbörse voll khitaischem Gold hatte König Shu Conan auch einen hohen Edelmann seines Hofes mitgegeben, der sie bis zur Westgrenze von Khitai begleiten sollte. Aber Conan hatte kein Vertrauen zu diesem Führer, dem Herzog Feng, gehabt.
Der Khitan war ein schlanker, zerbrechlicher und geckenhafter kleiner Mann mit sanfter, leicht lispelnder Stimme. Er trug phantastische Seidengewänder, die zum scharfen Reiten völlig ungeeignet waren, und hatte sich offenbar in Parfüm gebadet. Nie dachte er auch nur daran, sich seine weichen, langnägeligen Finger bei den Lagerarbeiten schmutzig zu machen, dafür hielt er seine beiden Diener zu fast jeder Tages- und Nachtzeit damit beschäftigt, ihn seiner Würde entsprechend zu umsorgen.
Conan schaute mit der Verachtung des rauhen Barbaren und auf sich gestellten Mannes auf die Gepflogenheiten des Khitans herab. Die schrägen schwarzen Augen und die schnurrende Stimme des Herzogs erinnerten ihn an eine Katze, und er mahnte sich, auf einen möglichen Verrat des Edlen vorbereitet zu sein. Andererseits beneidete er den Khitan um seine kultivierten Manieren und seinen ungezwungenen Charme. Und gerade diese Tatsache veranlaßte Conan, den Herzog noch mehr zu verachten, denn obgleich im turanischen Dienst sein Benehmen ein wenig geschliffener worden war, war der Cimmerier doch tief im Herzen nach wie vor der ungehobelte Barbar geblieben. Ja, er würde sich vor diesem gerissenen kleinen Herzog Feng in acht nehmen
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