Conan-Saga 07 - Conan der Rebell
Sie wandte sich wieder an den Sklaven. »Wie bist du in diese Lage gekommen?«
Otanis zog finster die Brauen zusammen. »Wieder haben die Taianer zum Kriegspfeil gegriffen, um sich ihre alte Freiheit zurückzuerkämpfen. Ich wurde bei einem Geplänkel gefangengenommen und auf den Sklavenmarkt geschleppt.«
Conan, der ihn aufmerksam gemustert hatte, sagte trocken: »Sonderlich schlecht scheint es dir nicht gegangen zu sein.«
»Nein. Ich hatte Glück – wenn es so etwas in einem Käfig gibt«, erwiderte Otanis. »Der Stygier, der mich ersteigerte – ein Kaufmann aus Khemi namens Bahotep –, war zumindest schlau genug zu erkennen, daß man mehr aus einem Tier herausholen kann, wenn es nicht allzu schlecht behandelt wird. Ich bin des Lesens und Schreibens mächtig – etwas, das bei den Taianern in diesen schlimmen Zeiten nicht häufig ist, wie der Lady zweifellos bekannt ist –, deshalb ließ er mich in seinem Kontor arbeiten. Vor kurzem machte er mich zum Ladungsaufseher für diese kostbare Fracht. Er begann mir mit der Zeit zu vertrauen, wißt ihr? Außerdem befahl er dem Kapitän, mich unter Bewachung zu halten, solange wir uns in einem Hafen aufhielten.« Wieder zuckte Otanis die Schultern. »Wenn wir der Tatsache, daß er mich nicht schlecht behandelte, die entgegenstellen, daß er mich als Sklaven hielt, finde ich, daß ich ihm nichts schulde, weder im Guten noch im Bösen. Deshalb, mein Lord, meine Lady, stehe ich zu euren Diensten.« Erneut verneigte er sich mit gefalteten Händen. »Gestattet, daß ich frage, mit wem ich die Ehre habe?«
»Ich bin Bêlit vom Korsaren Tigerin «, antwortete die Frau stolz, »und das ist mein Mitkapitän Conan ...« Sie unterbrach sich, denn Otanis starrte sie mit weiten Augen an. »Was hast du denn?«
»Ihr – Ihr seid Bêlit – von Shem und der Schwarzen Küste?« fragte er.
Lichtpünktchen spielten auf ihren pechschwarzen Flechten. »Ja«, sagte sie. »Ich bin Bêlit, die genau wie du eine Rechnung mit Stygien zu begleichen hat.«
»Ich – ich kenne Euren Bruder«, stotterte Otanis.
Bêlit erstarrte. »Wa-as?« murmelte sie und holte zitternd Atem.
»Ja. Jehanan. Das ist doch Euer Bruder? Wie oft und mit welcher Liebe hat er mir von Euch erzählt.«
Bêlits Klinge klapperte auf die Deckplanken. Sie faßte nach Otanis' Arm. Ihre Nägel bohrten sich hinein. Ohne einen Laut von sich zu geben, biß der Taianer die Zähne zusammen. Das gefiel Conan. Er legte seine mächtige Hand auf die Schulter seiner Liebsten. Er spürte, wie angespannt sie war und daß sie leicht zitterte.
»Sprich!« befahl sie. »Erzähl mir alles!«
»Aber ... Nun, es ist sehr viel«, sagte Otanis zögernd. »Wir wurden gute Freunde, er und ich.«
»Ist er nicht länger ein Opfer dieser Ramwas-Bestie?« rief sie.
Otanis schüttelte den Kopf. »Nein, nicht mehr.« Er suchte nach Worten, ehe er fortfuhr: »Er erzählte mir, wie ihr beide in Ramwas Hände gelangt seid und Ihr offenbar entkommen konntet. Aber er wagte nur zu hoffen, daß Ihr wenigstens einen anständigen Tod gefunden habt. Wie überglücklich er sein würde, sähe er Euch hier, Königin des Kampfes. Nun, jedenfalls machte Jehanan Ramwas solche Schwierigkeiten, daß dieser sich entschloß, sich seiner zu entledigen, indem er ihn verkaufte. Mein Herr Bahotep erstand auch ihn. Wie ich sagte, ist Bahotep gescheiter, als einen Feldarbeiter aus einem begabten gebildeten Mann zu machen. Jehanan bezahlte die gute Behandlung durch fleißige Arbeit.« Otanis grinste Conan schief an. »Wenn wir uns gut aufführen, dürfen wir sogar einmal in der Woche eine gewisse Frau aufsuchen, die er sich hält.« Er wurde wieder ernst, als er Bêlits tränenverschleierte Augen bemerkte, und berichtete weiter: »Ja, Jehanan und ich arbeiten zusammen in der Zahlstube, das heißt, wir taten es, bis ich auf diese Reise geschickt wurde. Natürlich dürstet sein Herz immer noch nach Freiheit, aber er ist zu klug, das, was er hat, aufs Spiel zu setzen – so wenig es auch scheinen mag –, bis die Götter ihm eine bessere Fluchtchance geben, als er bisher hatte.«
»Jehanan – in Khemi? – Jehanan!« stöhnte Bêlit. Sie warf sich Conan an die Brust und schluchzte. Er drückte sie an sich, strich über ihr Haar und murmelte zärtlich Worte des Trostes. Ihre Männer, die in der Nähe standen, blickten mit großen Augen zu ihnen, kamen jedoch nicht herbei.
»Wo ist er, Otanis?« Bêlit löste sich aus den Armen ihres Liebsten und wirbelte zu dem Taianer
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