Conan-Saga 08 - Conan der Pirat
Koth durch das Weideland von Shem. Die aufgehende Sonne schien auf Conan und Rufia, die im Kanter auf dieser Straße dahinritten. Der Cimmerier saß auf seinem eigenen Hengst, die Ophitin auf einer Stute, die Conan reiterlos auf den nächtlichen Straßen Asgaluns für sie eingefangen hatte. Rufia trug ein Gewand aus Zeritis Truhe, das eng um ihre üppige Figur lag.
»Wenn du in Asgalun geblieben wärst, Conan«, sagte Rufia, »hättest du es unter Mazdak weit bringen können.«
»Und wer flehte mich an, nicht zu ihm zurückgebracht zu werden?«
»Ja, ja, ich weiß. Er war ein kalter, gefühlloser Herr. Aber ...«
»Außerdem mochte ich ihn. Wenn ich in der Stadt geblieben wäre, hätte schließlich doch einer von uns den anderen deinetwegen umbringen müssen.« Der Cimmerier lachte und schlug auf den Beutel mit Plündergut aus Zeritis Haus, daß die Münzen und Edelsteine darin klingelten. »Ich werde auch im Norden nicht schlecht leben. Komm, treib deine Mähre ein bißchen an!«
»Aber ich bin immer noch ganz wund, wo diese Hexe mich gepeitscht hat ...«
»Wenn du dich nicht beeilst, werde ich dafür sorgen, daß du bald noch wunder sein wirst. Möchtest du vielleicht, daß uns die Hyrkanier noch vor dem Frühstück erwischen?«
Natokh, der Zauberer
Natokh,
der Zauberer
N ATOKH , DER Z AUBERER
Robert E. Howard
Rufias Interesse an Conan scheint vermutlich nicht länger angehalten zu haben ab der Erlös aus dem Beutegut, das sie von Asgalun mitnahmen. Es könnte auch sein, daß der Cimmerier sie gegen ein besseres Pferd eintauschte, ehe er sich unter Amalric von Nemedien verdingte, dem Söldnergeneral der Prinzessin Yasmela aus dem kleinen Grenzkönigreich Khoraja. Hier steigt er schnell zum Rang eines Hauptmanns auf. Yasmelas Bruder, der König von Khoraja, wird in Ophir gefangengehalten, während Nomadentruppen unter der Führung des geheimnisvollen Zauberers Natokh die Landesgrenzen bedrohen.
»Die Nacht der Macht, als das Schicksal über die Straßen der Welt stapfte, wie ein Koloß, der sich von einem uralten Granitthron erhob ...«
E. Hoffmann Price, Das Mädchen von Samarkand
1
Nur das Schweigen uralter Zeit brütete über den geheimnisvollen Ruinen von Kuthchemes – und Furcht hing in der Luft. Die Furcht ging von Shevatas, dem Dieb, aus, der mit zusammengepreßten Zähnen stoßweise atmete.
Er stand als einziger Lebenshauch zwischen den gewaltigen Monumenten, die ein Bild der Trostlosigkeit und des Zerfalls boten. Nicht einmal ein Aasgeier zog seine Kreise an der weiten blauen Himmelskuppel, von der die Sonne glühend heiß herabstrahlte. Überall erhoben sich grimmige Relikte einer früheren, vergessenen Zeit: riesige zerbrochene Säulen, die ihre geborstenen Kapitelle in den Himmel reckten; lange, zerfallende Mauern; umgestürzte gewaltige Steinblöcke; zerschmetterte Standbilder, deren abscheuliche Fratzen von Wind und Sandstürmen halbzerfressen waren. Von Horizont zu Horizont war nirgends auch nur eine Spur von Leben. Allein die schier atemberaubende Weite der kahlen Wüste erstreckte sich hier, durchschnitten von einem gewundenen, längst ausgetrockneten Flußbett. Und in der Mitte dieser unendlichen Öde schienen die glänzenden Fänge der Ruinen zu drohen, die Säulen, die sich wie geknickte Schiffsmasten dem Wind stellten. Doch über alles hinausragend, alles beherrschend, war die mächtige Elfenbeinkuppel, vor der der angstzitternde Shevatas stand.
Die Kuppel erhob sich von einer gewaltigen Marmorplattform auf einer sich ehemals terrassenförmig erhebenden Anhöhe am Ufer des alten Flusses. Breite Stufen führten zu einer mächtigen Bronzetür in der Kuppel, die wie eine titanische Eihälfte auf der Plattform ruhte. Die Kuppel selbst war aus reinem Elfenbein, der wie von unsichtbaren Händen gepflegt makellos glänzte. Auch die goldene Spitze, die sich von ihr abhob, glitzerte, genau wie die Inschrift in goldenen Glyphen rings um die Kuppel. Kein Mensch auf Erden vermochte diese Schriftzeichen zu lesen, aber Shevatas erschauerte bei den Vorstellungen, die sie in ihm weckten, denn er stammte aus einer sehr alten Rasse, deren Legenden weiter zurückreichten, als die Menschen dieser Zeit sich auch nur auszumalen vermochten.
Shevatas war drahtig und geschmeidig, wie es ein Meisterdieb aus Zamora sein mußte. Sein kleiner runder Kopf war kahlgeschoren, sein einziges Kleidungsstück war ein Lendentuch aus scharlachroter Seide. Wie alle seiner
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