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Conan-Saga 10 - Conan der Wanderer

Conan-Saga 10 - Conan der Wanderer

Titel: Conan-Saga 10 - Conan der Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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der blonden Frau erkannte, die er in Jehungirs Zelt gesehen hatte. Der Fischer hatte also nicht gelogen: Sie war tatsächlich hier! Da sah er in dem weichen Lehmboden den Abdruck eines nackten Fußes, lang und schmal, den Fuß eines Mannes, nicht den einer Frau. Aber er war tiefer, als er eigentlich sein durfte. Die Folgerung war, daß dieser Mann etwas Schweres trug, höchstwahrscheinlich das Mädchen, von dem der Stoffetzen stammte.
    Stumm blickte Conan auf die dunklen Türme, die durch die Bäume zu erkennen waren. Seine blauen Augen funkelten wie Höllenfeuer. Das Verlangen nach der Goldhaarigen vermischte sich mit plötzlicher Wut auf ihren Entführer. Seine Leidenschaft war stärker als die Urangst vor dem Übernatürlichen. Wie ein jagender Panther schlich er im Schutz des dichten Unterholzes auf die Mauer zu.
    Als er näherkam, erkannte er, daß sie aus dem gleichen grünen Stein errichtet war, wie die ehemaligen Ruinen, und er empfand das vage Gefühl von Vertrautheit. Ihm war, als blickte er auf etwas, das er zwar noch nie zuvor mit den Augen, wohl aber in Träumen oder in seiner Phantasie gesehen hatte. Und dann wurde ihm klar, woher dieses Gefühl kam. Mauer und Türme folgten genau dem Verlauf der früheren Ruinen, als wären sie aus dem zerfallenen Gestein in ihrer ursprünglichen Form auferstanden.
    Nicht der geringste Laut störte die Morgenruhe, als Conan sich zum Fuß der Wand stahl, die sich steil aus der üppigen Vegetation erhob. Auf der Südseite des Binnenmeers war der Pflanzenwuchs fast tropisch. Niemand war auf der Brustwehr zu sehen, und auch aus den Wehrgängen hörte er kein Geräusch. Ein Stück links befand sich ein schweres Tor, das, wie er annahm, verschlossen und bewacht war. Aber er war auch überzeugt davon, daß die gesuchte Frau sich irgendwo jenseits der Mauer befand. Also ging er auf seine übliche tollkühne Weise vor.
    Über ihm hingen lianenumschlungene Äste bis fast zur Brustwehr. Wie eine Katze kletterte er den dicken Baum hinauf, und als er sich etwas höher als die Zinnen befand, griff er mit beiden Händen nach einem kräftigen Ast, schaukelte ein paarmal hin und her, bis er genügend Schwung hatte, und ließ ihn dann los. Er katapultierte durch die Luft wie eine Katze und landete auf der Brustwehr. Hier duckte er sich und blickte zwischen den Zinnen hinunter auf die Straßen einer Stadt.
    Das von der Mauer umschlossene Gebiet war nicht sehr groß, aber die Zahl der grünen Steinbauten darauf erstaunlich. Es waren zum größten Teil zwei- oder dreistöckige Gebäude mit Flachdächern von beachtlicher Architektur. Die Straßen verliefen wie die Speichen eines Rades zu einem achteckigen Platz in der Stadtmitte, auf dem sich ein gewaltiges, die ganze Stadt überragendes Bauwerk mit Kuppeln und Türmen erhob. Keine Menschenseele befand sich auf den Straßen, auch aus den Fenstern schaute niemand, obgleich die Sonne bereits aufgegangen war. Diese Stille ließ auf eine tote, verlassene Stadt schließen. Eine schmale Steintreppe führte ganz in Conans Nähe die Mauer hinab, und er stieg sie hinunter.
    Die Häuser drängten sich so nahe an die Wand, daß er sich etwa in halber Höhe der Treppe dicht vor einem Fenster befand und stehenblieb, um hineinzusehen. Das Fenster war ohne Gitterwerk, und Satinkordeln hielten die Seidenvorhänge zurück. Er blickte in ein Gemach mit dunklen Samtbehängen. Dicke Teppiche bedeckten den Boden. Ein paar Bänke aus poliertem Ebenholz und ein Elfenbeindiwan mit Pelzen waren zu sehen.
    Er wollte die Stufen gerade weiter hinuntersteigen, als er auf der Straße Schritte hörte. Ehe dieser Mensch um die Ecke biegen und ihn auf der Treppe sehen konnte, stieg Conan schnell mit blankem Krummsäbel durch das Fenster. Einen Augenblick blieb er reglos lauschend stehen. Als nichts zu hören war, schlich er über die Teppiche zu einer Bogentür. Plötzlich wurden Vorhänge zur Seite gezogen. Sie gaben einen mit Kissen gepolsterten Alkoven frei, aus dem ihn ein schlankes dunkelhaariges Mädchen verschlafen betrachtete.
    Conan blickte sie angespannt an. Er erwartete, daß sie jeden Augenblick schreien würde. Aber sie legte nur gähnend eine Hand vor die Lippen, erhob sich und lehnte sich müde gegen den Vorhang, den sie mit einer Hand festhielt.
    Sie gehörte zweifellos einer weißen Rasse an, obgleich ihre Haut sehr dunkel war. Ihr gerade geschnittenes Haar war schwarz wie die Nacht, und ihr einziges Kleidungsstück bildete ein dünnes Seidengespinst um

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