Conan-Saga 10 - Conan der Wanderer
die geschmeidigen Hüften.
Sie sagte etwas in einer fremden Sprache. Er schüttelte den Kopf. Wieder gähnte sie, räkelte sich und wechselte ohne Anzeichen von Furcht oder Staunen zu einer Sprache über, die er verstand: einem Yuetshi-Dialekt, der jedoch seltsam archaisch klang.
»Sucht Ihr jemand?« fragte sie gleichmütig, als wäre sie es gewöhnt, daß bewaffnete Fremde einfach in ihr Zimmer drangen.
»Wer seid Ihr?« fragte er.
»Ich bin Yateli«, antwortete sie, erneut gähnend. »Das Festmahl muß wohl bis spät in die Nacht gedauert haben, da ich noch so schläfrig bin. Wer seid Ihr?«
»Conan, ein Hetman der Kozaki«, antwortete er und beobachtete sie scharf. Er glaubte, daß sie sich nur verstellte und auf eine Gelegenheit wartete, aus dem Gemach zu fliehen und das Haus zu wecken. Doch obgleich eine Seidenkordel, die eine Klingelschnur sein mochte, dicht neben ihr hing, griff sie nicht danach.
»Conan«, echote sie müde. »Ihr seid kein Dagonier. Ein Söldner vermutlich. Habt Ihr vielen Yuetshi den Kopf abgehauen?«
»Ich führe keinen Krieg gegen Wasserratten«, schnaubte er abfällig.
»Aber sie sind schrecklich«, murmelte sie. »Ich erinnere mich, als sie noch unsere Sklaven waren. Aber sie erhoben sich gegen uns, legten Feuer und mordeten. Nur die Magie Khosatral Khels hielt sie von den Mauern fern ...« Sie hielt inne, und Verwirrung vermischte sich mit ihrer Schläfrigkeit. »Ich vergaß«, murmelte sie. »Sie haben vergangene Nacht die Mauer bezwungen. Ich sah das Feuer und hörte die Schreie, und man rief vergeblich nach Khosatral.« Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie dadurch ihre Benommenheit abschütteln. »Aber das ist nicht möglich«, flüsterte sie. »Ich lebe, und ich dachte, ich sei tot. O zum Teufel!«
Sie durchquerte das Gemach, nahm Conans Hand und zog ihn zum Diwan. Er gestattete es unsicher. Das Mädchen lächelte ihn an wie ein schläfriges Kind. Ihre langen, seidigen Wimpern senkten sich über dunklen Augen. Wie um sich der Wirklichkeit zu vergewissern, strich sie ihm durch die schwarze Mähne.
»Es war ein Traum«, murmelte sie gähnend. »Vielleicht ist alles ein Traum. Mir ist auch jetzt, als ob ich träumte. Aber es ist mir gleichgültig. Ich kann mich nicht erinnern ... ich habe es vergessen ... da ist etwas, das ich nicht verstehe. Aber ich werde so müde, wenn ich zu denken versuche ... Doch wie dem auch sei ... es spielt keine Rolle.«
»Was habt Ihr gemeint?« fragte Conan beunruhigt. »Ihr sagtet, sie hätten vergangene Nacht die Mauer bezwungen. Wer?«
»Die Yuetshi. Nun, zumindest dachte ich es. Eine Rauchwolke verhüllte alles. Aber ein nackter blutbesudelter Teufel packte mich am Hals und stieß mir seinen Dolch in die Brust. Oh, es tat weh! Aber es war ein Traum, denn seht, ich finde keine Narbe.« Sie betrachtete ihren makellosen Busen, dann ließ sie sich auf Conans Schoß fallen und legte ihre weichen Arme um seinen Hals. »Ich kann mich einfach nicht erinnern«, murmelte sie und drückte ihren dunklen Kopf an seine breite Brust. »Alles ist so verschwommen, so nebelhaft. Aber das macht nichts. Ihr seid kein Traum. Ihr seid stark! Laßt uns leben, solange wir es können. Liebt mich!«
Er bettete den Kopf des Mädchens in seine Armbeuge und küßte mit ehrlichem Genuß ihre vollen roten Lippen.
»Ihr seid stark«, murmelte sie erneut. »Liebt mich – liebt ...« Das schläfrige Gemurmel verklang, die dunklen Augen schlossen sich, so daß die langen Wimpern über die sanften Wangen fielen. Das grazile Mädchen entspannte sich in Conans Armen.
Stirnrunzelnd blickte er auf sie hinab. Gehörte sie zu der Illusion, wie die ganze Stadt es zu sein schien? Aber nein! Es war ein fester elastischer Körper, ein lebendes Mädchen, das er im Arm hielt, keine Sinnestäuschung, kein Traum. Noch beunruhigter legte Conan sie auf die weichen Pelze. Ihr Schlaf war zu tief, um natürlich sein zu können. War sie vielleicht lotussüchtig?
Da entdeckte er noch etwas, das ihm zu denken gab. Unter den Pelzen befand sich ein herrliches geflecktes Fell von goldener Grundtönung. Es war keine geschickte Nachahmung, sondern das Fell eines echten Tieres, und dieses Tier, das wußte Conan, war seit mindestens tausend Jahren ausgestorben. Es lebte nur noch in hyborischen Legenden, in alten Skulpturen und auf Zeichnungen, denn die Künstler vergangener Zeit hatten den großen goldenen Leoparden gern als Modell genommen.
Conan schüttelte verwirrt den Kopf und schritt
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