Conan-Saga 15 - Conan der Thronräuber
Tina recht hatte. Sie konnten es jetzt nicht wagen, das Fort zu verlassen. Sie mußte nun ihren Entschluß, der selbst bei dem Gedanken an den unausweichlichen Tod nicht geschwankt hatte, aufgeben. Hilflos setzte sie sich auf den Bettrand und schlug die Hände vors Gesicht.
Tina schlief endlich ein. Tränen glitzerten an ihren langen Wimpern. Unruhig wälzte sie sich in ihren Schmerzen herum. Belesa blieb sitzen.
Gegen Morgen wurde Belesa bewußt, daß die Luft unwahrscheinlich schwül und drückend geworden war. Vom Meer hörte sie das dumpfe Grollen von Donner. Sie blies die inzwischen fast abgebrannte Kerze aus und trat ans Fenster, wo sie sowohl das Meer als auch ein Stück des Waldes sehen konnte.
Der Nebel hatte sich aufgelöst, und am östlichen Horizont zog sich ein schmaler bleicher Streifen als erster Bote des Morgens entlang. Aber draußen auf dem Meer ballte sich eine dunkle Wolkenmasse zusammen. Blitze zuckten aus ihr, und Donner dröhnte, der plötzlich überraschend in dem dunklen Wald ein Echo fand.
Erschrocken wandte Belesa ihre Aufmerksamkeit dem schwarzen Wall des Waldes zu. Ein merkwürdig rhythmisches Pulsieren drang von dort an ihr Ohr – ein widerhallendes Dröhnen, das zweifellos nicht das Pochen einer Piktentrommel war.
»Eine Trommel!« schluchzte Tina. Krampfhaft schloß und öffnete sie im Schlaf die Finger. »Der schwarze Mann – schlägt auf eine schwarze Trommel – im schwarzen Wald! O Mitra, beschütze uns!«
Belesa erschauderte. Die dunkle Wolke am Westhorizont wand sich, wallte, schwoll an, breitete sich aus. Überrascht beobachtete sie sie. Voriges Jahr, um diese Zeit, hatte es hier keine Stürme gegeben, und eine Wolke wie diese hatte sie noch nie gesehen.
In gewaltigen Massen pulsierenden Schwarzes, von blauen Blitzen durchzogen, näherte sie sich vom Rand der Welt. Es sah aus, als blähe der Wind in ihrem Innern sie auf. Ihr Donnern ließ die Luft erzittern. Und ein anderer Laut vermischte sich auf furchterregende Weise mit dem Donner – die Stimme des Windes, der mit ihr daherraste. Der tintige Horizont wurde von Blitzen zerrissen und verzerrt. Weit draußen auf dem Meer sah sie die gischtgekrönten Wogen einherbranden. Sie hörte den dröhnenden Donner, der mit dem Näherkommen immer ohrenbetäubender wurde.
Doch noch regte sich kein Lüftchen auf dem Land. Die Schwüle war atemraubend. Irgendwie erschien der Unterschied zwischen dem Toben der Naturkräfte, das immer näher kam, und der drückenden Stille hier unwirklich. Unten im Haus schlug knallend ein Fensterladen zu, und eine Frauenstimme erhob sich schrill vor Angst. Doch die meisten im Fort schienen noch zu schlafen und waren sich des herbeibrausenden Sturmes nicht bewußt.
Erstaunlicherweise war immer noch das geheimnisvolle Dröhnen der Trommel im Wald zu hören. Belesa schaute zu der dunklen Baumwand und spürte, wie ihr eine Gänsehaut den Rücken hinablief. Sie konnte nichts dort sehen, doch vor ihr inneres Auge schob sich eine gräßliche schwarze Gestalt, die unter dunklen Ästen kauerte und beschwörend auf eine merkwürdige Trommel schlug.
Sie schüttelte dieses gespenstische Bild ab und schaute wieder seewärts, wo gerade ein Blitz den Himmel spaltete. In der kurzen blendenden Helligkeit sah sie die Masten von Zaronos Schiff, die Zelte der Freibeuter am Strand, den sandigen Kamm der Südspitze, und die Felsen der Nordspitze – so deutlich wie in der Mittagssonne. Immer lauter wurde das Toben des Windes, und jetzt erwachte auch das Herrenhaus. Schritte stürmten die Treppe hoch, und Zaronos laute Stimme hatte einen ängstlichen Unterton. Türen wurden zugeschlagen, dann antwortete Valenso. Er mußte brüllen, um sich verständlich zu machen.
»Weshalb habt Ihr mich nicht vor einem Sturm aus dem Westen gewarnt?« schrie der Freibeuter ergrimmt. »Wenn die Anker sich lösen ...«
»Noch nie ist zu dieser Jahreszeit ein Sturm aus dem Westen gekommen!« kreischte Valenso, während er im Nachthemd mit weißem Gesicht und zerzaustem Haar aus seinem Gemach gelaufen kam. »Das ist das Werk ...« Die nächsten Worte gingen im Trampeln seiner Schritte unter, als er die Leiter zum Aussichtsturm hochkletterte, dichtauf gefolgt von dem fluchenden Freibeuter.
Belesa kauerte verstört an ihrem Fenster. Immer stärker heulte der Wind, bis er jeden anderen Laut übertönte, alles außer diesem Wahnsinnsdröhnen der Trommel im Wald, das sich jetzt wie triumphierend auch noch steigerte. Der Sturm donnerte der
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