Conan-Saga 15 - Conan der Thronräuber
Langsam richtete die Schlange sich höher auf, immer höher, und begann sich um den Altar und den Daraufliegenden zu winden, bis der Körper des Gefangenen unter den schimmernden Schuppen verborgen und nur sein Kopf zu sehen war, mit dem furchterregenden Reptilschädel sich dicht daneben wiegend.
Das Heulen des Schamanen erhob sich zu einem Kreischen teuflischen Triumphes, und er warf etwas in das Feuer. Eine große grüne Wolke wallte auf und ballte sich um den Altar, daß sie das ungleiche Paar darauf fast verbarg und nur die Umrisse verschwommen zu erkennen waren. Doch in der Mitte dieser Wolke sah ich ein grauenvolles Wirbeln und Verändern – die Umrisse verschmolzen, flossen auf unbeschreibbare Weise zusammen, und einen Augenblick vermochte ich nicht zu sagen, was Schlange und was Mensch war. Ein schaudernder Seufzer erhob sich von den versammelten Pikten, es klang wie das Ächzen des Windes in nächtlichen Zweigen.
Dann löste der Rauch sich auf. Die Schlange lag schlaff auf dem Altar, und ich hielt sowohl sie als auch den Pikten für tot. Aber der Schamane packte den Hals des Reptils und wickelte den mächtigen Leib um den Altar, dann ließ er die Schlange auf den Boden gleiten und zog den Mann von den Steinen, daß er neben das Reptil fiel, ehe er die Lederriemen um Hände und Füße durchschnitt.
Nun fing er mit einem neuen, wiegenden Tanz um sie an. Er leierte einen Singsang, und wieder beschrieb er verrückte Muster in die Luft. Schließlich bewegte der Rabenpikte sich. Aber er erhob sich nicht. Sein Kopf wiegte von Seite zu Seite, und seine Zunge schnellte zwischen den Lippen heraus und wieder hinein. Und, bei Mitra! Er begann auf dem Bauch vom Feuer wegzukriechen und wand und schlängelte sich dahin wie das Reptil.
Die Schlange dagegen schüttelten heftige Zuckungen. Sie hob den Hals und versuchte sich ganz aufzurichten, fiel jedoch zusammen. Aber immer wieder versuchte sie es, und immer wieder vergebens, wie ein Mensch, der sich verzweifelt aufzustehen und aufrecht zu gehen bemüht, obgleich er seiner Gliedmaßen beraubt ist.
Das wilde Heulen der Pikten zerriß die Nacht. Mir war entsetzlich übel, und ich mußte dagegen ankämpfen, mich zu übergeben. Ich verstand jetzt die Bedeutung dieser entsetzlichen Zeremonie, von der ich auch schon gehört hatte. Durch schwärzeste Zauberei der Urzeit, die nur noch in diesem Urwald gedieh, hatte der bemalte Schamane die Seele des gefangenen Feindes in den ekelerregenden Körper einer Schlange gebannt. Das war die Rache eines Teufels! Und das begeisterte Brüllen der Pikten war wie das Kreischen von Dämonen.
Die Opfer des abscheulichen Zaubers wanden sich qualvoll Seite an Seite, der Mann und die Schlange, bis ein Schwert in der Hand des Schamanen aufblitzte und beide Köpfe gemeinsam abtrennte. Und, ihr Götter! Es war der Leib der Schlange, der nur kurz zuckte und dann still lag, und der Körper des Menschen, der sich zusammenrollte und wie eine geköpfte Schlange um sich schlug. Eine Schwäche befiel mich, und ich war der Ohnmacht nahe, denn welch zivilisierter Mensch kann ungerührt bleiben bei einer solch finstersten Teufelei? Diese Pikten mit ihrer Kriegsbemalung, denen dieses gräßliche Ende eines Feindes eine solche wilde Freude bereitete, schienen mir überhaupt nicht menschlich zu sein, sondern die verderbtesten Unholde der Finsternis, die es nicht verdienten zu leben.
Der Schamane sprang hoch. Er stellte sich den Kriegern im Halbkreis gegenüber, riß sich die Maske vom Gesicht, warf den Kopf zurück und heulte wie ein Wolf. Als der Feuerschein voll auf sein Gesicht fiel, erkannte ich ihn, und sofort wandelte sich alles Grauen und aller Abscheu in mir zur brennenden Wut, und jeglicher Gedanke an meine persönliche Sicherheit, genau wie an meine Mission, die meine oberste Pflicht war, war wie weggeschwemmt. Denn der Schamane war der alte Teyanoga von den Südfalken, der meinen Freund, Jon Galters Sohn, lebenden Leibes den Flammen ausgeliefert hatte.
In meinem überwältigenden Haß handelte ich fast instinktiv. Ich hob meinen Bogen, legte einen Pfeil an die Sehne und schoß ihn ab, und das alles in Herzschlagsschnelle. Der Feuerschein war trügerisch, aber die Entfernung nicht groß, und wir von der Westmark leben durch den Bogen. Der alte Teyanoga jaulte wie ein Hund und stürzte taumelnd rückwärts. Seine Krieger heulten vor, Verwirrung auf, als sie sahen, daß plötzlich ein Pfeilschaft aus seiner Brust ragte. Der hochgewachsene,
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