Conan-Saga 19 - Conan von Aquilonien
auch meinen Sohn zu holen. Mit diesem Amulett hat der alte Diviatix die Macht von Tausenden deiner Hexer.
Deshalb verlangte es dich auch so sehr nach diesem Edelstein – nicht, um deine eigenen Zauberkräfte zu verstärken, sondern um zu verhindern, daß andere ihn gegen dich benutzen können. Darum schickten die Götter des Westens diesen Druiden aus seinem Hain durch die weite Welt zu den Wüsten des finsteren Stygiens. Kein anderer Weißer Magier hätte der Verlockung widerstehen können, die Macht dieses Steines für sich zu nutzen – die Macht, die ihn einem Gott gleichstellen kann –, kein anderer, außer dieser fast immer vom Wein leicht verwirrte kleine Mann, dieses geheiligte und heilige Gefäß des Willens der Götter!«
Im goldenen Feuer, das sich von dem Druiden ausbreitete und voll auf den jetzt fast kadaverhaft scheinenden Oberzauberer fiel, welkte Thoth-Amon dahin. Von den niedrigeren Zauberern des Schwarzen Ringes waren viele tot oder bewußtlos, einige tobten und wimmerten vom Wahnsinn besessen, andere drängten sich an den Ausgängen und kämpften gegeneinander in ihrer Panik. Diviatix hielt den mächtigen Talisman höher, der ungeheure Kräfte wie eine Linse bündelte. Strahl um Strahl seines grellen Lichtes zuckte durch die Arena, und mit jedem Blitz fand ein Schwarzer Magier seinen Tod.
Schließlich war nur noch Thoth-Amon am Leben und im Besitz seiner vollen Geisteskräfte. Conans Rücken prickelte, als er sah, wie sich ein Schatten um den Stygier bildete und sich wie eine gigantische Schlange um den Zauberer wickelte. War Vater Set persönlich gekommen, sich seinen Hohenpriester zu holen?
Thoth-Amon keuchte: »Du zwingst mich, gegen meinen Willen und wider alle Vorsicht, meine Geheimwaffe einzusetzen, Hund von einem Cimmerier!«
Die schattenhafte Schlange um ihn wurde immer dunkler, bis er ganz in Finsternis gehüllt war, aus der nur seine Augen wie glitzernde Sterne funkelten. Ein eisiger Schauder rann über Conans Rücken, als der Stygier einen Befehl in einer fremden zischenden Sprache ausstieß – einer Sprache, wie sie zweifellos nie für menschliche Lippen bestimmt gewesen war. Auf unheimliche Weise echoten die gespenstischen Worte immer aufs neue durch die Weiten der Arena.
Das offene Arenator zog plötzlich aller Augen an. Etwas Ungeheures kauerte in der Finsternis dahinter, etwas so Monströses, daß der Verstand sich weigerte, sich seiner voll bewußt zu werden. Dieses Etwas schien offenbar gerade zu erwachen.
Und Thoth-Amon lachte.
11
AUS DEM SCHWARZEN TOR
Langsam kam es aus dem gähnenden Schlund der Finsternis. Zuerst sah Conan es nicht so recht, denn es schien nicht mehr als eine Ausdehnung der Dunkelheit zu sein. Doch konnte es sich unmöglich um einen stofflosen Schatten handeln, da der Boden unter seinem schweren Schritt erbebte.
»Crom!« murmelte Conan zwischen den Zähnen. Nach einem entsetzten Blick auf das näherkommende Ungetüm wichen seine Begleiter verstört zurück.
»Ihr Götter, steht uns bei!« stöhnte Diviatix. »Es ist das lebende Urbild der Schwarzen Sphinx dort oben! Nie war die Erde bestimmt, das Gewicht dieser Höllenbrut zu tragen. Unvorstellbar sind die Äonen, da diese verfluchte Kreatur hier in den Eingeweiden der schwarzen Unterwelt gehaust hat. Ihr Götter des Lichtes, helft uns! Denn nicht einmal das Herz Ahrimans vermag mir Macht über die Schwarze Bestie geben, über diese vom Chaos selbst gezeugte Kreatur.«
Conans Blick flog über die mit Toten bedeckten Bankreihen. Keine Lebenden sah er mehr. Selbst Thoth-Amon war vor der Bestie geflohen, die seine Beschwörung aus ihrem äonenlangen Schlummer geweckt hatte.
»Rennt die Treppe da hinter uns hoch!« befahl Conan. »Gib mir die Fackel wieder, Trocero. Beeilt euch, ihr alle! Die Bestie ist gleich hier!«
Sie rannten den Weg zurück, den sie gekommen waren: die Treppe hoch, durch die von Conan markierten Labyrinthgänge, die nächste Treppe empor und durch den hohen Korridor. Wenn das Ungeheuer auf ihrer Spur blieb, lag ihre einzige Hoffnung darin, aus diesem Bauwerk hinauszukommen. Und so rannte der König von Aquilonien mit seinen Begleitern und dem blanken Schwert in der Hand durch den nicht enden wollenden Gang und hauchte ein Stoßgebet zu den ungerührten Göttern seiner nördlichen Heimat.
Sie hatten hastig einen Schutzwall aus Sand und allen möglichen Gerätschaften rund um das Lager errichtet. Dahinter kauerten jetzt die gunderländischen Lanzer, die
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