Conan-Saga 19 - Conan von Aquilonien
sich offenbar alle in diesem Labyrinth verkrochen!«
Ein Labyrinth war es tatsächlich. Ständig zweigten Korridore ab und von ihnen wiederum Seitengänge, und keiner führte lange in dieselbe Richtung. Bei jeder Richtungsänderung schmierte Conan ein bißchen vom Pech der prasselnden Fackel an die Wand, damit sie zurückfinden würden. Sie kamen zu vielen Gemächern, doch sie waren alle sichtlich unbewohnt und leer. Wo hielten die Zauberer des Schwarzen Ringes sich auf?
»Crom! Gibt es vielleicht noch tiefere Geschosse?« fragte sich Conan laut. »Wenn die Philosophen recht haben, daß die Welt rund ist, müßten wir bald auf der anderen Seite herauskommen, scheint mir!«
Als sie eine weitere Treppe hinunterstiegen, meinte Trocero besorgt: »Sollten wir nicht lieber umkehren und auf Verstärkung warten?«
»Vielleicht«, brummte Conan. »Aber erst möchte ich mich hier umsehen. Die Burschen müßten ohnehin bald hier sein, und bis jetzt sind wir noch auf nichts Bedrohliches gestoßen. Gehen wir weiter!«
Am Fuß dieser Steintreppe kamen sie in einen gigantischen Raum, so groß wie eine Arena und mit Reihen von Steinbänken ringsum. Conan hob die Fackel und suchte mit ihrem Schein, der nur einen kleinen Teil des kreisrunden Raumes beleuchtete, die nächsten Bänke ab. Das Ganze ähnelte dem Hippodrom in Tarantia, nur daß jener sich unter offenem Himmel befand und nicht in der modrigen Schwärze unter der Erdoberfläche verborgen war.
»Wozu, glaubt ihr, dient dieser seltsame Raum?« fragte Conan seine Begleiter.
Trocero wollte gerade antworten, als eine Stimme erschallte. Es war eine tiefe, ruhige, aber zweifellos triumphierende Stimme.
»Wir benutzen ihn, um uns unserer Feinde zu entledigen, Conan von Cimmerien!«
Conan erstarrte kurz. Ehe er auch nur einen Fuß rühren konnte, flammte kaltes, künstliches Licht auf, das die riesige Arena taghell machte. Und nun sah er auch, daß auf den stufenförmigen Bankreihen der ihnen gegenüberliegenden Seite Hunderte von Menschen in schwarzen Kapuzengewändern saßen, während rechts die gähnende Schwärze eines Tores – von der gleichen Größe wie das in der Brust der Sphinx – offenbar wurde.
Unmittelbar vor ihnen, auf einem steinernen Thron über den unteren Reihen der Zauberer, saß ein hochgewachsener, kräftiger Mann in schmucklosem grünen Gewand. Sein Kopf war kahlgeschoren, er hatte dunkle Haut, schwarze Augen und die an einen Raubvogel gemahnenden Züge des reinblütigen Stygiers.
»Willkommen in meinem Reich«, sagte Thoth-Amon lachend.
Zu diesem Zeitpunkt lag der zweite Gundermann, Thorus, den Conan um Verstärkung ins Lager zurückgeschickt hatte, bereits mit einem stygischen Pfeil durch die Kehle etwa hundert Schritt von der Sphinx von Nebthu entfernt im Sand.
9
STYGIENS ROTE SCHWERTER
Pallantides' Befehle hagelten nur so auf die laufenden Männer herab. Trompeten schmetterten, und Hufe stampften.
Etwa im gleichen Augenblick, als Conan und seine Begleiter die schwarze Sphinx betraten, schien im Lager die Hölle auszubrechen. Zuerst ergriffen die von Koth und Ophir angeforderten Truppen die Flucht. Sie waren am Lagerrand untergebracht gewesen. Atemlos meldeten Posten dem General, daß die Kothier und Ophiten im Schutz der Dunkelheit entweder aus Panik oder nach Plan geflohen waren.
Pallantides fluchte wild. Er befahl einer Kavallerieschwadron, die Fahnenflüchtigen zu verfolgen, mußte dann jedoch feststellen, daß die Aquilonier keine Pferde mehr hatten. Die berittenen Kothier und Ophiten hatten ihre eigenen Tiere genommen, und ihre Fußsoldaten hatten sich der aquilonischen Rosse bemächtigt. Die wenigen übriggebliebenen Pferde hatten sie losgebunden, und die aufgescheuchten Tiere waren den Deserteuren in die Wüste gefolgt.
Dann kam der eine der beiden Gundermänner an, die Conan begleitet hatten, um des Königs Befehl weiterzugeben. Pallantides stellte gerade die Männer zusammen, die Conan folgen und ihm die Neuigkeiten berichten sollten, als ein weiterer Posten herbeistürmte und brüllte:
»Zu den Waffen, mein Lord! Wir werden angegriffen! Stygische Truppen fallen über uns her!«
Rings um das Lager spuckten die dunklen Dünen Feinde aus, hauptsächlich Bogenschützen auf Pferden und Kamelen. Die Dunkelheit machte es unmöglich, ihre Zahl festzustellen. Sie ritten um das Lager und ließen ihre Pfeile schwirren. Zwar war in der Finsternis ein genaues Zielen unmöglich, trotzdem bewiesen so manche Schreie, daß aus
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