Conan-Saga 21 - Conan der Barbar
nicht bemerkte, die ihm in den Tempel gefolgt waren. Sie unterhielten sich in den tiefen Schatten hinter ihm in der Zeichensprache mit dem hochgewachsenen Priester Yaro von Shadizar. Der Schwarze war mit seinem Gefolge hierhergekommen, um den Verlust des Tempeltalismans zu melden, damit Kunde davon alle Set-Kinder in sämtlichen Landen erreichte, wo der Kult des Schlangengotts sich immer mehr ausbreitete. Hier erhoffte Yaro auch zu erfahren, wo die Diebe sich aufhielten, um sich ihrer bemächtigen zu können.
Von den Tempelwachen hierhergebracht, studierte der schwarze Riese den Cimmerier nachdenklichen Blickes. Er hatte den Dieb des Schlangenauges nur ganz flüchtig gesehen, als Conan und Subotai die schmale Leiter des Schachtes hochgehastet waren. Doch die breiten Schultern, die gewaltigen Muskeln und die schulterlange Mähne schwarzen Haares waren unverkennbar.
Der schwarze Priester flüsterte jemandem, den die Dunkelheit verbarg, etwas zu. Als dieser in den Kerzenschein trat, war er als wahrer Gigant zu erkennen, in Rüstung aus blauem Stahl auf schwarzem Leder, mit dem Feldzeichen der Zwillingsschlangen auf der Brust.
Rexor, denn er war es, war natürlich älter geworden, seit der Zeit, da er den Überfall auf Conans Dorf angeführt und veranlaßt hatte, daß der Junge ans Rad der Schmerzen gekettet wurde. Aber die Jahre hatten seine Männlichkeit noch erhöht. Unglaublich stark waren die mächtigen Muskeln, die sich unter der Haut der Arme, Beine und des Stiernackens abhoben. Die harten, grausamen Züge wirkten strenger denn je, der Mund mitleidloser, und die Augen kälter. Das Grau der Schläfen paßte zu diesem eisernen Mann. Eisigen Blickes betrachtete er den vor ihm sitzenden Cimmerier. Er erinnerte sich des von der Seite seiner gemordeten Mutter gerissenen Kindes nicht, aber das spielte auch keine Rolle. Jeder Eindringling in den Schlangentempel galt als Feind, jeder ungeweihte Beobachter der geheimen Riten besudelte die Stätte wahren Glaubens. Und die Strafe für beides war der Tod – langsamer, qualvoller Tod.
Conans Aufmerksamkeit galt nun einer Prozession Priester, die sich gemessenen Schrittes der Plattform näherte. Ihr kehliger Gesang schwoll an, als zwei Reihen nackter Mädchen, Schlangen über den Busen geringelt, bei Fanfarenschall und dem Klirren von Becken über den Mittelgang getanzt kamen. Eine Gruppe stygischer Priester hinter ihnen trug Fackeln, deren betäubend süßer Rauch die Luft schwängerte. Ihnen folgte mit katzengleicher Geschwindigkeit der Mann namens Doom.
Mit zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen starrte Conan auf seinen Erzfeind. Er achtete nicht auf die prächtigen Pelzgewänder, die dieser schleppengleich hinter sich herzog, er sah nur das auf verfeinerte Art vom Bösen gezeichnete Gesicht. Die Jahre hatten die aufreizende Sinnlichkeit dieser verschleierten Augen und schmalen Züge nicht gemindert, genausowenig wie das betörende Lächeln, mit dem er seine Anhänger und die begeisterten Tänzerinnen begrüßte, die ihm Rosen zu Füßen warfen.
Zu Dooms Linker, einen Fuß hinter ihm, sah Conan eine junge Frau von atemberaubendem Liebreiz. Ihr spinnwebfeines Gewand betonte ihre wohlgewachsenen Formen und den Goldton ihrer weichen Haut. Mit gesenkten Lidern schritt sie dahin, aber der Cimmerier bemerkte, daß der Blick, den sie ihrem Meister immer aufs neue widmete, ihre glühende Leidenschaft nicht verbergen konnte. Conan erkannte sie als die Prinzessin, die er so kurz in der Sänfte in Shadizar gesehen hatte. Yasimina war es, die König Osric zurückhaben wollte.
Während Yasimina sich demütig niederkniete, stieg Doom auf die Plattform und hob majestätisch die Arme, ehe er sie mit den Handflächen nach unten senkte. Sofort erstarb der Gesang. Tiefes Schweigen setzte ein, das seine klangvolle Stimme rhythmisch brach.
»Wer unter euch fürchtet die warme Umarmung des Todes? Wenn ich, euer Vater, euch darum bitte, werdet ihr dann Leben für mich nehmen? Werdet ihr genau in das heidnische Herz treffen, sei es nun das eures Freundes, oder Geliebten oder Liebsten vergangener Zeit?«
Er machte eine Pause und richtete seinen hypnotischen Blick auf die ekstatisch zu ihm aufblickenden Gesichter. »Doom!« stöhnten sie und wiegten sich im Rhythmus seiner Worte. »Doom! Doom!« Er fuhr fort:
»Werdet ihr die Seidenschlinge um den Hals von Sets Feinden winden? Werdet ihr Set treu ergeben bleiben in dieser falschen Welt, und nicht auf die Verlockungen ihrer
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