Conan-Saga 22 - Conan der Verteidiger
Diesmal drückte ihre Miene jedoch Mißbilligung aus. Er fragte sich, womit er sie sich zugezogen hatte. Aber das spielte ja keine Rolle. Er mußte sich mit Wichtigerem befassen als mit Frauen.
Kapitel 3
3.
Dunkelheit hüllte inzwischen die Trauerstraße ein, aber die lärmende Betriebsamkeit ihrer Bürger hatte noch zugenommen, als erhofften sie sich, sich so vor der Kälte der Nacht schützen zu können. Die Dirnen stolzierten nicht mehr aufreizend dahin, sondern rannten fast von einem möglichen Kunden zum andern. Akrobaten verrenkten sich schier die Glieder und sprangen, als gäbe es keine Schwerkraft, als wären sie gegen Knochenbrüche gefeit und als zeigten sie ihre Künste vor König Garian persönlich. Und obwohl ihre Mühe nur mit grölendem Gelächter und Händeklatschen belohnt wurde, machten sie weiter.
Conan blieb stehen und sah einem Mann zu, der mit sechs brennenden Scheiten jonglierte. Aber er war nicht der einzige; eine kleine, ständig wechselnde Menge hatte sich um den Jongleur gesammelt. Drei kamen, und zwei gingen, während der Cimmerier zuschaute. Er holte ein Kupferstück aus seinem Beutel und warf es in die Kappe, die der Mann mit den flinken Händen auf den Boden vor sich gelegt hatte. Außer seinem lagen nur zwei weitere der kleinen Münzen in der Kopfbedeckung. Zu Conans Überraschung wandte der Jongleur sich plötzlich ihm zu und verbeugte sich leicht, ohne im Werfen der brennenden Scheite innezuhalten, als wolle er sich für die Kleinigkeit besonders bedanken. Als er sich wieder aufgerichtet hatte, begann er auch noch, Luftsprünge zu machen, und warf seine Beine so hoch, daß es aussah, als wären seine Füße immer in der Mitte des Feuerkreises der wirbelnden Scheite.
Hordo zupfte Conan am Ärmel und zog ihn hinter sich her die Straße weiter. »Für ein Kupferstück«, murmelte er abfällig. »Es ist noch nicht lange her, da hätten sie sich nicht einmal für Silber so angestrengt.«
»Eine verrückte Stadt«, brummte Conan. »Nie habe ich auf dieser Seite der Vilayetsee so viele Bettler auf einem Haufen gesehen. Die Armen sind ärmer und zahlreicher als in anderen Städten, die ich kenne. Krämer verlangen Preise, die einem Gildenkaufmann in Sultanapur die Sprache verschlagen würden, und sehen dabei aus, als nagten sie bereits am Hungertuch. Ein Krug Wein kostet mehr als einen halben Silberling, dafür überschlägt ein Jongleur sich vor Begeisterung über eine armselige Kupfermünze. Ich habe hier noch keine Menschenseele gesehen, die sich Gedanken über das Morgen zu machen scheint. Was geht hier eigentlich vor?«
»Was, glaubst du, bin ich, Cimmerier? Ein Gelehrter? Ein Priester? Man raunt, daß der Thron verflucht ist, daß die Götter Garian verdammt haben.«
Unwillkürlich beschrieb Conan das Zeichen gegen das Böse. Mit Flüchen war nicht zu spaßen. Ein paar Herumstehende bemerkten es und wichen dem riesenhaften Barbaren hastig aus. Es gab mehr als genug Schlimmes in ihrem Leben, als daß sie mit dem in Berührung kommen wollten, vor dem er sich offenbar zu schützen suchte.
»Dieser Fluch«, fragte der Cimmerier nach einer Weile. »Ist er echt? Ich meine, haben Priester und Sterndeuter ihn erwähnt? Oder bestätigt?«
»Davon habe ich nichts gehört«, gestand Hordo. »Aber an allen Straßenecken spricht man davon. Jedermann hat davon gehört.«
»Bei Hanumans Steinen«, schnaubte Conan verächtlich. »Du weißt genausogut wie ich, daß etwas, das alle wissen, gewöhnlich unwahr ist.«
»Etwas ist bewiesen«, erklärte Hordo und stupste zur Betonung den Cimmerier mit einem Finger. »Am Tag, als Garian den Drachenthron bestieg – genau an diesem Tag, wohlgemerkt! –, trieb ein Ungeheuer sein Unwesen in den Straßen von Belverus. Es tötete mehr als zwanzig Menschen. Ein wenig erinnerte es in der Gestalt an einen Mann, wenn man einen Mann aus Ton brennen und halb schmelzen lassen könnte. Tatsache ist, daß alle, die dieses Ungeheuer sahen – und es waren nicht wenige –, Stein und Bein schworen, daß es Garian ähnlich sah.«
»Ein Mann aus Ton«, murmelte Conan nachdenklich, denn ihm kam die Prophezeiung des Blinden in den Sinn.
»Du darfst dieser Weissagung des alten Narren keine Beachtung schenken«, riet Hordo, dessen Gedankengänge ähnlich waren. »Außerdem ist dieses Ungeheuer tot. Aber nicht die Stadtwachen, die sich kaum aus ihren Unterkünften herauswagen, machten ihm den Garaus, sondern eine alte Frau. Sie war halb wahnsinnig vor Angst
Weitere Kostenlose Bücher