Conan-Saga 26 - Conan der Siegreiche
beim Anblick ihres aufgelösten Zustands zu achten.
Auch ihre besorgten Fragen nach ihrer verfrühten Rückkehr hörte sie nicht.
Conan hatte zehn Schützen vor den Eingang postiert und war dann weggeritten,
ehe sie ihn zurückzuhalten vermocht hatte. Seine Absicht war, mit Graf
Antimides abzurechnen, hatte einer der Posten ihr versichert. Aber sie wollte
nicht darauf warten, bis er mit dem mitraverfluchten Halunken fertig war.
Antimides war gegen sie – ja, gegen sie! – vorgegangen, und seine
Vernichtung, gnadenlos und absolut, war allein ihr Recht! Und zwar mußte es auf
eine so wohlüberlegte Weise geschehen, daß die Welt – sobald sie von der
Ausbrennung dieser Pestbeule erfahren durfte – davon noch Jahrhunderte immer
wieder staunend erzählen würde. Alle sollten von seinem heimlichen Trachten
nach dem Thron erfahren und seiner Absicht, ihr Ketten anzulegen.
Von
der Wand riß sie einen Spiegel aus versilbertem Glas. Sie klemmte ihn unter den
Arm und eilte weiter in ihr geheimes Gemach. Unter den Fläschchen mit
schillernder Flüssigkeit und den Gefäßen voll gräßlichem, brodelndem Inhalt
holte sie ein Glasröhrchen mit Antimides’ Blut hervor. Er war ihr bisher
unbewußt ein nützliches Werkzeug gewesen, mit dem sie andere – die sie noch
bezwingen mußte – verwirrt und geschwächt hatte. Doch immer hatte sie gewußt,
daß er ihr gefährlich werden könnte. Das Blut hatte ihr eine Magd, die oft das
Bett mit ihm teilte, mit Hilfe eines Zauberbanns besorgt, und ihr alles über
seine Pläne berichtet, soweit sie davon erfuhr. Genau für einen Augenblick wie
diesen hatte Synelle dieses Blut aufbewahrt. Zauberwirkung, die eine Leiche
tausend Jahre vor dem Verwesen bewahrte, hielt es flüssig.
Mit
großer Sorgfalt zeichnete sie die ophireanische Krone mit dem Blut des Grafen
auf den Spiegel und darunter eine blutige Kette.
»Sieh
dich mit der ersehnten Krone auf dem Kopf, Antimides«, flüsterte sie. »Doch nur
für kurze Zeit, eine sehr kurze, schmerzhafte Zeit.« Mit grausamen Gelächter
machte sie sich an ihre finstere Arbeit.
»Wir
erregen Aufmerksamkeit«, sagte Machaon vor sich hin.
Die
Reihen der neunzehn Berittenen mit Spitzhelmen und Rundschilden, von Conan
geführt, bahnten sich einen Weg durch die Straßen von Ianthe, und die Menge,
die ihnen Platz machte, starrte sie entgegen aller Gewohnheit an, denn die
tödliche Entschlossenheit, die von den Söldnern wie eine Wolke aufstieg,
erschreckte selbst jene, die den Blick abwenden wollten, so sehr, daß alle sie
wie gebannt anstarrten.
»Das
wird uns Schwierigkeiten einbringen«, brummte Narus düster. Er ritt unmittelbar
hinter Machaon. »Selbst wenn wir Antimides töten – und die Götter allein
wissen, wie viele Wächter ihn beschützen –, wird Iskandrian nicht ruhig
zusehen, wenn ein hoher Edler innerhalb der Stadtmauern eines gewaltsamen Todes
stirbt. Wir werden aus Ophir flüchten müssen, wenn wir es überhaupt noch
können!«
»Und
wenn es uns nicht gelingt, ihn umzubringen, müssen wir ebenfalls fliehen. Oder
möchtest du vorsichtshalber immer mit dem Rücken zur Wand sitzen und ständig
über die Schultern schauen müssen, weil er uns wieder überfallen lassen wird?«
Und
daß es weitere Überfälle geben würde, daran hegte der Cimmerier keine Zweifel.
Auch wenn er nicht so genau wußte, warum Antimides Synelle auf so ungewöhnliche
Weise in seine Gewalt bringen wollte, war er zweifellos hinter ihm her, um ihn
für immer zum Schweigen zu bringen. Der Graf würde keine Ruhe geben, bis Conan
tot war – oder er selbst.
»Ich
habe ja nicht gesagt, daß wir ihn nicht töten sollen«, Narus seufzte, »sondern
lediglich, daß wir danach fliehen müssen.«
»Wenn
wir ohnehin aus Ophir fliehen müssen«, sagte Taurianus, »warum wollen wir uns
dann überhaupt in Gefahr begeben? Soll der Graf doch am Leben bleiben, und wir
verschwinden umgehend aus Ianthe, ungeschoren und ohne blutige Verluste.« Der
schlaksige Mann blickte noch düsterer drein als Narus, und sein dunkles Haar,
das in Strähnen unter seinem Helm herausragte, war feucht von Angstschweiß.
»Du
wirst es nie bis zum Hauptmann bringen, Ophite«, sagte der ausgemergelte
Söldner. »Eine Freie Kompanie lebt von ihrem Ruf – und stirbt möglicherweise
genausogut durch ihn. Wenn man uns ungestraft überfallen kann, ist unsere
Kompanie genauso tot, als hätte man uns allen die Kehle durchgeschnitten, und
wir sind nicht mehr besser dran als Landstreicher und
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