Conan-Saga 27 - Conan der Prächtige
»Ich habe einiges in Lady
Roxanas Palast zurückgelassen, darunter meine Lieblingsanstecknadel. Ich muß es
holen …«
Mineus unterbrach sie. »Zuerst
wirst du hier alles vorbereiten. Lady Jondras Kleidung und Juwelen müssen
gepackt werden, nicht zu vergessen ihre Parfume, Seifen und Badeöle und …«
»Sie … meine Lady nimmt
Juwelen mit auf die Jagd?«
»Ja, Mädchen. Und jetzt paß gut
auf. Meiner Lady Rouges und Puder …«
»Er meint ein paar Armbänder und
Broschen«, sagte Tamira hartnäckig.
Der Alte rieb sich den fast
kahlen Kopf und seufzte. »Ich meine nichts dergleichen, Mädchen. Meine Lady
kleidet sich des Abends hin und wieder gern wie zu einem großen Ball. Und nun,
da du offenbar aus irgendwelchen Gründen mit den Gedanken ganz woanders bist,
werde ich dich in deine Pflichten einweisen und mich ein wenig um dich
kümmern.«
Den Rest des Vormittags, bis in
den späten Nachmittag hinein mußte Tamira eine Arbeit nach der anderen machen
und immer unter Mineus’ wachsamem Auge. Sie legte Jondras Seiden- und
Spitzengewänder zusammen – dreimal ließ Mineus sie diese Arbeit tun, ehe er
damit zufrieden war – und legte sie in Weidenkörbe. Seltene Parfume aus
Vendhya, Puder aus dem fernen Khitai, Rouges aus Sultanapur, kostbare Öle und Salben
aus allen möglichen Ecken der Welt hüllte sie in weiche Stoffe und packte sie
ein. Und immer stand der alte Mann neben ihr und erinnerte sie daran, daß jedes
Fläschchen, jedes Tiegelchen wie ein hilfloser Säugling behandelt werden müsse.
Unter dem Gewicht der schweren Körbe fast taumelnd, trug sie sie mit einer
anderen Magd in den Hof vor die Stallungen, wo die Packtiere morgen beladen
werden sollten.
Jedesmal, wenn sie durch Lady
Jondras Gemächer kam, ließen die Eisentruhen, in denen Lady Jondras Geschmeide
befördert werden würde, ihr Herz höher schlagen. Sie standen jetzt an einer
teppichbehangenen Wand, doch noch waren sie leer. Erst kurz vor dem Aufbruch
sollten sie gefüllt werden. Aber wichtig war nur, daß die Kleinodien sie
begleiten würden. Unwillkürlich lächelte sie.
Mit schmerzenden Gliedern von
der ungewohnten Arbeit, fand Tamira sich plötzlich vor einer Seitentür des
Palasts, zu der Mineus sie geführt hatte. »Hol deine Sachen, Mädchen«, wies er
sie an. »Und komme so schnell wie möglich zurück. Es gibt noch mehr zu tun.«
Ehe sie auch nur den Mund zu
öffnen vermochte, hatte er sie hinausgestoßen und die Tür vor ihrer Nase
geschlossen. Einen langen Moment starrte sie verblüfft auf die rotbemalte
Holztür. Sie hatte inzwischen die in ihrer Panik erfundene Lüge über ihre
Sachen vergessen gehabt. Nach ihrem Plan hätte sie in Jondras Palast bleiben
sollen, bis die Halskette und das Krönchen in ihrer Hand waren, denn so würde
Conan nicht erfahren, was sie vorhatte. Der riesenhafte Barbar schien es darauf
abgesehen zu haben …
Jetzt erst wurde ihr richtig
bewußt, daß sie auf der Straße stand. Hastig schaute sie sich um. Ein
turbanbedeckter Kezankier lehnte trübsinnig gegen eine Hauswand an der anderen
Straßenseite, und ein paar zerlumpte Straßenkinder spielten Fangen. Sie seufzte
erleichtert. Weder Bettler noch Freudenmädchen waren in der Nähe. Ihr Onkel
konnte ihr sicher ein Bündel beschaffen, damit Mineus zufriedengestellt würde.
Mit wachsamem Blick auf Conans mögliche Spitzel eilte sie die Straße entlang.
Unbemerkt unterbrachen drei
Straßenjungen ihr Spiel und folgten ihr.
Der Kezankier blickte ihr
lüstern nach, doch dann machte er sich wieder daran, den Palast im Auge zu
behalten.
5.
An einem Ecktisch in Abuletes’
Schenke starrte Conan finster in einen Lederkrug halbvoll billigen kothischen
Weins. Semiramis in einem Münzengürtel, von dem vorn und hinten zwei Streifen
dünne scharlachfarbige Seide hingen, saß auf dem Schoß eines turanischen
Falschmünzers in einer anderen Ecke der vollen Gaststube. Doch diesmal war
nicht sie der Grund seiner finsteren Miene. Was ihm von Baratses’ beiden
Goldstücken geblieben war, war in der vergangenen Nacht beim Würfelspiel arg
geschrumpft. Und da seine Überlegungen fast ausschließlich Tamira gegolten
hatten, hatte er sich nicht damit beschäftigt, wie er zu Geld kommen könnte.
Und schlimmer noch, Laeta hatte nichts von sich hören lassen. Es war zwar erst
ein Tag vergangen, seit er sie und ihre Meute auf Tamira angesetzt hatte, aber
er war so sicher, als hätte die dunkeläugige Diebin es ihm selbst gestanden,
daß sie bereits an dem
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