Conan-Saga 27 - Conan der Prächtige
weil meine Jäger hinter einem hübschen
Gesicht her sind, Mädchen. Also mach ihnen keine schönen Augen.« Jondra
lächelte. Diesmal war sie sicher, daß die dunklen Augen vor Ärger geblitzt
hatten.
»Ich bin Jungfrau, meine Lady«,
sagte das Mädchen mit kaum merklich angespannter Stimme.
»Natürlich«, murmelte Jondra
gleichgültig. Wenige Leibmägde waren es, aber alle schienen sich einzubilden,
daß das für ihre Herrin wichtig war. »Ich wundere mich, daß Lady Roxana dich
überhaupt gehen läßt, bei all dem Lob, das sie für dich hat.« Jondra tupfte mit
dem Fingernagel auf eine Wachstafel. »Ich werde wohl bald selbst herausfinden,
wie berechtigt es ist. Laß dir schon gesagt sein, daß ich nicht den geringsten
Ungehorsam dulde, genausowenig wie Stehlen und Faulheit. Ich schlage meine
Mägde nicht so oft wie andere, aber bei Verstößen kannst du dir Striemen
zuziehen.« Sie beobachtete, wie das Funkeln der Augen Eifer wich, als das
Mädchen verstand.
»Meine Lady, ich schwöre Euch,
ich werde Euch dienen, wie es für eine so edle Dame wie Euch selbstverständlich
ist.«
Jondra nickte. »Mineus, zeig ihr
die Dienstbotenkammern. Und rufe Arvaneus.«
»Jawohl, meine Lady.«
Als Mineus das Mädchen aus dem
Gemach führte, beschäftigten ihre Gedanken sich bereits mit etwas anderem. Sie
trat an einen schmalen Schrank aus kunstvoll geschnitztem Rosenholz. Sie
öffnete seine Tür und blickte auf die Fächer mit Schriftrollen, von denen jede
mit einem Band zusammengehalten wurde, und kramte darin herum.
Der Vorfall mit Amaranides hatte
ihr etwas klargemacht und sie einen Entschluß fassen lassen. Daß immer noch
über ihre Abstammung gemunkelt wurde, genügte, ihren Gedanken an eine
Vermählung fallenzulassen. Statt dessen …
Amaranides hatte gesagt, daß es
ihr Vergnügen bereitete, Männer zu besiegen. War es ihre Schuld, daß die Männer
mit ihrem törichten Stolz es nicht verkrafteten, daß sie besser war als sie, ob
es nun ums Bogenschießen, Reiten oder Jagen ging? Nun, dann würde sie es ihnen
jetzt eben richtig zeigen. Sie würde tun, wozu kein anderer das Geschick oder
den Mut besaß.
Sie löste das Band um eine
Schriftrolle und überflog das Schreiben, bis sie zu dem gesuchten Absatz kam.
… Dieses Tier, meine Lady,
soll Schuppenhaut wie eine Schlange haben, sich jedoch auf Beinen fortbewegen.
Alle offenbar der Furcht entsprungenen Übertreibungen außer acht lassend, kann
ich berichten, daß es ohne Zweifel sowohl Rinder als auch Menschen angefallen
und verschlungen hat. Es scheint seinen Bau jedoch im Kezankiangebirge, nahe
der Grenze zwischen Zamora und Brythunien, zu haben. Bei der gegenwärtigen
Unruhe der dortigen Stämme möchte ich davon abraten …
Jondra zerknüllte das Pergament.
Sie würde die Haut dieses merkwürdigen Tiers als Trophäe von der Jagd
zurückbringen. Sollte doch einer wie Amaranides behaupten, dergleichen schaffte
er auch. Sollte er es bloß wagen!
Tamira eilte hinter Mineus durch
die Korridore des Palasts. Sie hörte kaum, was er ihr von ihren Pflichten
erzählte oder wenn er mit anderen Dienstboten sprach. Bis zum letzten
Augenblick war sie nicht sicher gewesen, daß ihr Plan sich durchführen ließ,
soviel Arbeit sie auch in ihn gesteckt hatte.
Vierzig Goldstücke hatte sie von
Zayella bekommen, und alle waren für ihre Vorbereitungen draufgegangen. Den
größten Teil hatte sie Roxanas Haushofmeister bezahlen müssen für die Benutzung
des Privatsiegels der Lady. Erkundigungen waren unmöglich, weil Lady Roxana
gestern die Stadt verlassen hatte. Tamira lächelte zufrieden. In spätestens ein
paar Tagen würde sie mit Jondras sagenhaftem Geschmeide auf und davon sein.
»Paß doch auf, Mädchen«, tadelte
Mineus ungeduldig. »Du mußt das wissen, damit du für Lady Jondra das Nötige für
die Jagd herrichten kannst.«
Tamira blinzelte. »Jagd? Aber
sie ist doch soeben erst von einer Jagd zurückgekehrt.«
»Hast du denn nicht zugehört,
wie ich gerade mit Arvaneus, dem Oberjäger, sprach? Zweifellos werdet ihr
aufbrechen, sobald alles beisammen ist.«
Panik überfiel Tamira. Sie hatte
keineswegs vorgehabt, tatsächlich an einem von Jondras Jagdausflügen
teilzunehmen. Es war doch sinnlos, in einem Zelt zu schwitzen, während die
Kleinode in Shadizar blieben. Natürlich wären sie auch nach ihrer Rückkehr noch
da, aber inzwischen mochte Lady Roxana wieder heimgekommen sein. »Ich … ich
muß mich um meine Sachen kümmern«, stammelte sie.
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