Conan-Saga 27 - Conan der Prächtige
Leoparden, bestimmt
schöner und größer als alle, die Ihr je erlegt habt. Es wird mir ein Vergnügen
sein, Euch die Feinheiten der Jagd beizubringen, Angebetete. Ich …«
Jondra biß die Zähne zusammen,
während er unbeirrt weiterredete. Immerhin war er ein Jäger und aus vornehmem
Geschlecht obendrein. Und wenn er ein Dummkopf war – daran zweifelte sie nicht
im geringsten –, würde sie ihn um so leichter unbemerkt lenken können.
»Ich weiß, warum Ihr gekommen
seid, Ama«, sagte sie.
»… Klauen so groß wie …«
Jetzt erst wurde ihm bewußt, was sie gesagt hatte, und er blinzelte unsicher.
»Ihr wißt es?«
Es gelang ihr nicht, die
Ungeduld aus ihrer Stimme zu halten. »Ihr wollt mich zur Frau. Ist es nicht so?
Kommt!« Sie eilte ihm voraus zum Schießplatz.
Amaranides zögerte, dann rannte
er hinter ihr her. »Ihr wißt ja nicht, wie glücklich Ihr mich mit Euren Worten
gemacht habt, o Süßeste! Jondra? Wo seid Ihr? Ah …«
Jondra wehrte die Arme, die er
um sie legen wollte, mit einem Bogen ab, den sie von einem vergoldeten Ständer
im Gras genommen hatte. Ruhig zog sie sich einen Lederschutz über den linken
Unterarm. Ein zweiter Bogen, ein zweiter Armschutz und zwei Köcher aus
kunstvoll lackiertem Holz, aus denen gefiederte Schäfte ragten, hingen noch an
dem Ständer.
»Ihr müßt – so gut schießen wie
ich«, sagte sie und deutete auf eine runde Zielscheibe aus dickem, geflochtenem
Stroh, die ganz oben an einem breiten Holzrahmen hing, der von etwa dreifacher
Mannshöhe war und hundert Schritt entfernt stand. Sie hatte sagen wollen
»besser als ich«, hatte es dann aber doch unterlassen, denn sie glaubte nicht,
daß irgendein Mann sie im Bogenschießen oder Reiten übertreffen könnte. »Ich
kann keinen Mann heiraten, der nicht zumindest so gut schießt wie ich.«
Amaranides blickte auf die
Zielscheibe, dann griff er mit selbstsicherem Lächeln nach dem zweiten Bogen.
»Warum so hoch? Aber das spielt keine Rolle. Ich wette, ich schieße besser als
Ihr.« Er lachte, und es klang unangenehm wie ein Wiehern, das gar nicht zu
seinem schönen Gesicht paßte. »Ich habe so manchen prallen Beutel mit dem Bogen
gewonnen, Ihr aber werdet mein kostbarster Preis sein.«
Jondra kniff die Lippen
zusammen. Sie schüttelte die weiten Ärmel ihres Gewandes zurück, legte einen
Pfeil auf und rief: »Mineus!«
Ein Mann mit schütterem Haar im
kurzen weißen Kittel des Dieners eilte aus einem Gebüsch in der Nähe des
Holzrahmens und zog an einer Kordel neben der Zielscheibe. Sofort glitt die
Zielscheibe, die nicht größer als ein Männerkopf war, eine abschüssige Rampe
hinunter, und im Gleiten schwang sie an einem langen Holzarm von Seite zu
Seite. Es war schon jetzt klar, daß sie den ganzen Weg zum Boden einen
zunehmend schneller werdenden Zickzackkurs nehmen würde.
Jondra hob ihren Bogen erst, als
die Zielscheibe die Hälfte der Rampe zurückgelegt hatte. In einer fließenden
Bewegung hob, zog und schoß sie. Der Pfeil traf, ohne die Zielscheibe am
Weiterweg zu behindern. Ehe dieser Pfeil sie erreicht hatte, schoß sie bereits
den zweiten ab, und ein dritter folgte unmittelbar. Als die Strohscheibe den
Boden berührte, senkte Jondra den Boden mit aufgelegtem Pfeil. Es war ihr
siebter. Sechs gefiederte Schäfte ragten aus der Zielscheibe.
»Das Gewand behindert mich ein
wenig«, sagte sie bedauernd. »Mit Eurem engen Hemd habt Ihr es leichter und
trefft vielleicht mit mehr als sechs Pfeilen. Laßt mich in meine Jagdkleidung
schlüpfen … Fühlt Ihr Euch nicht wohl, Ama?«
Amaranides’ Bogen hing von einer
schlaffen Hand. Mit bleichem Gesicht starrte er auf die Zielscheibe. Als er
sich zu Jondra umdrehte, färbten sich seine Wangen tiefrot. »Ich habe gehört,
daß es Euch Vergnügen bereitet, einen Mann zu besiegen, aber ich hatte nicht
geglaubt, daß Ihr Euch zum Heiraten bereiterklärt, nur um mich hierher zu
locken.« Zornig warf er den Bogen von sich. »Welche brythunischen Zauberkünste
habt Ihr benutzt, Eure Pfeile zu behexen?«
Ihre Hände zitterten vor Wut,
als sie den Bogen hob und den angelegten Pfeil zu ihrer Wange zurückzog, aber
sie zwang sich zur Ruhe. »Hebt Euch hinweg!« sagte sie grimmig.
Mit offenem Mund starrte der
Edle auf den Pfeil, der auf sein Gesicht gerichtet war. Geschwind wirbelte er
herum und rannte geduckt im Zickzack, als wollte er gleichzeitig ihrem Pfeil
entgehen und sich gegen ihn wappnen.
Ihr Blick folgte jedem seiner
Schritte und Sprünge. Sie hielt den
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