Conan-Saga 28 - Conan der Glorreiche
brauchte
lediglich ein wenig Entspannung. Er rief Musikanten, ließ feinste Speisen und
Getränke bringen, aber alles schmeckte wie Sägemehl, und die Flöten und Zithern
machten ihn nur noch nervöser. So befahl er, Köche und Musikanten
auszupeitschen. Zu zweien und dreien bestellte er die Frauen seiner Purdhana zu sich, und weinend und mit Striemen bedeckt kehrten sie zurück, weil sie
nicht imstande gewesen waren, ihn zu ergötzen. Fünfmal hatte er im Lauf des
Tages in seinem Namen zehntausend Pice an die Armen verteilen lassen, doch
nicht einmal das hatte ihn in bessere Stimmung gebracht. Nun war er zurück in
seinen durch Zauberei aus der Erde gehöhlten Räumen. Und hier würde er endlich
etwas gegen den Ursprung der Gefahr – was und wo immer er auch liegen mochte –
unternehmen.
Seine
Hand langte nach der flachen Elfenbeinschatulle – und hielt beim Klang eines
Glöckchens inne. Mit gehobenen Brauen drehte er den Kopf. An einer Ecke des
Rosenholztisches, zwischen Kristallfläschchen mit übelriechendem Inhalt und
ungewöhnlichen Behältern, die mit Blei versiegelt waren, stand eine andere
flache Schatulle, allerdings aus glänzendem Satinholz. Auf ihr befestigt war
ein Glöckchen aus Silber, in das magische Zeichen geprägt waren. Während er
darauf blickte, klingelte die Glocke erneut.
»Also
hat der Narr endlich den Mut, sich ihrer zu bedienen«, murmelte Naipal. Er
zögerte, da er sich mit seinen eigenen Problemen beschäftigen wollte, doch die
Glocke läutete erneut. Schwer atmend ging er um den Tisch zu dem Satinholzkästchen.
Er
nahm den Deckel ab. Ein Spiegel im Innern zeigte sein Gesicht und einen Teil
der grauen Kammer in der üblichen Weise. Der Spiegel ließ sich auf Schienen und
mit Halterungen so in der Schatulle bewegen, daß man ihn beliebig aufstellen
konnte. Naipal stellte ihn fast aufrecht. Als nächstes waren kleine Fächer aus
Knochen zu sehen. Sie wurden von winzigen Silberpflöcken gehalten, die in
Löchern am Rand der Schatulle steckten: einer in jeder Ecke und einer in der
genauen Mitte jeder Seite.
Wieder
klingelte das Glöckchen. Naipal fluchte. Behutsam füllte er seit langem
zubereitete und mit dem Spiegel aufbewahrte Pulver mit einem Knochenspachtel in
die winzigen Fächer. Als letztes nahm er ein Silberhämmerchen, in das die
gleichen Zeichen wie in die Glocke, doch viel kleiner, eingeprägt waren.
»Sa’ar-el!« rief Naipal. Ein blauer Funke sprang
vom Hämmerchen zur Glocke, und sie läutete. Gleichzeitig stiegen von dem Pulver
an den vier Hauptpunkten blaue Flämmchen auf. Ehe diese kleinen Feuer in Rauch
erstarben, rief er ein weiteres Wort: »Ka’ar-el!« Erneut läutete das
Glöckchen unberührt, und blaue Flämmchen zuckten an den vier mittleren Punkten
auf. »Ma’ar-el! Diendar!« Zum drittenmal läutete die Glocke. Im Spiegel
wirbelte Naipals Abbild und wurde zu einem Mahlstrom von Farben. Allmählich
nahm dieser Form an, und ein Mann mit schmalem Gesicht und einem goldfarbenen
Turban, umwickelt mit rubinbesetzten Goldketten, war zu sehen. »Naipal?« fragte
der Mann. »Asura sei Dank, daß Ihr es seid.«
»Eure
Exzellenz«, Naipal unterdrückte seine Gereiztheit, »wie kann ich dem
Oberberater des Elefanten dienen, der selbst bald der Elefant sein wird?«
Karim
Singh erschrak und schaute sich verstört um. So dumm kann der Mann doch nicht
sein, dachte Naipal, daß er den Spiegel benutzt, wenn er nicht allein ist. Oder
doch?
»So
etwas solltet Ihr nicht sagen«, murmelte der Wazam. »Asura allein weiß, wer
mithört. Ein anderer Zauberer möglicherweise. Und ausgerechnet jetzt!«
»Exzellenz,
ich habe doch erklärt, daß nur jene unmittelbar vor den beiden Spiegeln …«
Naipal hielt inne und holte tief Luft. Es diesem Narren zum hundertstenmal zu
erklären, war sinnlos. »Ich bin Naipal, Hofzauberer König Bhandarkars von
Vendhya. Ich plane den Tod Bhandarkars und spucke auf seine Erinnerung. Außerdem
plane ich, Eure Exzellenz Karim Singh auf den Thron von Vendhya zu setzen. Ich
würde doch so etwas nicht sagen, wenn jemand mitzuhören vermöchte.«
Karim
Singh nickte, aber sein Gesicht war fahl. »Ich … ich muß Euch wohl vertrauen,
Naipal. Immerhin dient Ihr mir getreu. Außerdem nehme ich an, Ihr wißt, daß Ihr
gut daran tätet, mir treuer zu sein als Bhandarkar.«
»Ich
bin Euer ergebenster Diener, Eure Exzellenz.« Naipal fragte sich, ob der
Dummkopf auch nur die geringste Ahnung hatte, inwieweit er mit der
Machterhebung zu tun hatte. »Und
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