Conan-Saga 28 - Conan der Glorreiche
völlig überrascht. Wieder lachte sie. Die Verschleierte
rutschte im Sattel hin und her.
»Ah,
ich sehe, es verwirrt Euch, daß die Schwester eines Prinzen meine Sklavin sein
kann. Ihr müßt wissen, Alyna hielt sich Spione und wurde ertappt. Als sie auf
den Richtblock sollte, erkaufte ich ihr Leben. Dann gab ich ein kleines Fest, zu
dem Kandar mit der Absicht kam, mich erneut zu bedrängen. Als er jedoch Alyna
unter den Tänzerinnen erkannte, rannte er schier aus meinem Palast. So einfach
war es, ihn loszuwerden.«
Conan
starrte auf das schöne, süß lächelnde Gesicht, das so offen und unschuldig
wirkte. Nur was er heute bereits gehört und gesehen hatte, ließ ihn ihre Worte
glauben. »Euch Vendhyanern bereitet es offenbar Vergnügen, Euren Feinden über
andere Schaden zuzufügen. Stellt sich denn niemand offen einem Gegner?«
Ihr
Lachen klang silberhell. »Ihr Leute aus dem Westen seid alle so geradeheraus,
Patil. Diese Turaner! Sie halten sich für gerissen. Dabei sind sie wie Kinder.«
Conan
blinzelte. Wie Kinder? Die Turaner? Da wurde ihm etwas anderes bewußt, das sie
gesagt hatte. »Ihr kennt meinen Namen?«
»Ich
weiß, daß Ihr Euch Patil nennt. Man müßte taub sein, nicht von einem Mann wie
Euch zu hören, der einen vendhyanischen Namen hat. Ihr interessiert mich.«
Wie
eine Liebkosung wanderte ihr Blick über seine breiten Schultern, die mächtige
Brust, ja selbst über seine schmalen Hüften und kräftigen Schenkeln. Viele
Frauen vor ihr hatten ihn auf diese Weise betrachtet, und manchmal hatte es ihm
Spaß gemacht. Diesmal jedoch kam er sich wie ein Zuchthengst vor, der
versteigert werden sollte. »Und wollt Ihr vielleicht ebenfalls, daß ich
jemanden für Euch bespitzle?«
»Wie
ich sagte«, sie lächelte. »Geradeheraus. Und wie ein Kind.«
»Ich
bin kein Kind, Weib«, knurrte er. »Und ich habe genug von diesen vendhyanischen
Ränken.«
»Wißt
Ihr denn, weshalb so viele Edle von König Bhandarkars Hof den Wazam nach Turan
begleiteten? Nicht als sein Gefolge, wie die Turaner offenbar glauben. Für uns
war es ein neues Land, das man, sozusagen, plündern konnte. Ich fand Jongleure
und Akrobaten, die in meinem Palast in Ayodhya etwas für meine Gäste völlig
Neues zu bieten haben. Ich habe einen Tanzbären mitgebracht und mehrere
Gelehrte. Obwohl ich sagen muß, daß die turanischen Philosophen nicht an die
aus Khitai herankommen.«
»Spricht
denn von Euch keiner frei heraus? Was hat das alles mit mir zu tun?«
»In
Vendhya ist die Freude am Leben eine Lebensweise. Die Edlen veranstalten Jagden
und Feste, obgleich letztere gewöhnlich nicht mehr als trunkene Ausschweifungen
sind. Nun, weder das eine noch das andere ist für eine Edelfrau geziemend. Und
doch werden für jede von hochgeborenen Reitern auf Wildschweinjagd getroffene
Entscheidung zwei andere im Palast einer Edelfrau gefällt. Ihr fragt Euch
vielleicht, wie Frauen sich mit Höflingen, ja gar mit Prinzen messen können. Nun,
wir sammeln Gelehrte, einfallsreiche Männer und Künstler um uns – die besten
Musiker, die begnadetsten Dichter, Bildhauer, Maler und dergleichen. Die
neuesten Schauspiele werden in unseren Palästen aufgeführt, und wir haben
Besucher aus fernen, geheimnisumwitterten Ländern. Auch schadet es nicht, daß
unsere Dienerinnen nach ihrer Schönheit ausgewählt werden, doch nutzen wir sie,
im Gegensatz zu den Männern, für verschwiegene Dienste.«
Conans
Gesicht war bei jedem Wort grimmiger geworden. Nun konnte er sich nicht mehr
halten. »Das ist Euer ›Interesse‹, an mir? Wollt Ihr mich als Tanzbären oder
Glücksspieler?«
»Ich
glaube nicht, daß die Damen des Hofes einen Tanzbären in Euch sehen werden«,
antwortete sie. »Obgleich Ihr nahezu so groß seid.« Plötzlich blickte sie ihn
durch lange schwarzgetuschte Wimpern an, und ihre Zunge benetzte die vollen
Lippen. »Auch kann ich mir Euch nicht als Glücksspieler vorstellen«, fügte sie
kehlig hinzu.
»Co…
Patil!« erschallte ein lauter Ruf, und Conan sah Hordo sein Pferd das Ufer
hochführen.
»Ich
muß gehen«, brummte Conan, und sie nickte, als wäre sie auf gewisse Weise
zufrieden.
»Kommt
heute nacht in mein Zelt, o Riese, der sich Patil nennt. Mein ›Interesse‹ an
Euch bleibt bestehen.« Aus der Verführerin schien wieder das unschuldige
Mädchen zu werden. »Ihr habt mich nicht nach meinem Namen gefragt. Ich bin Lady
Vyndra.« Ein schwacher Schlag mit der Reitpeitsche trieb ihr Pferd zu einem
Sprung an, ehe es davontrabte.
Weitere Kostenlose Bücher