Conan-Saga 31 - Conan der Renegat
die Erde hatte aufgehört zu beben. Nur vereinzelt rollten Steine hinab ins Tal. Als der Cimmerier die Klippen betrachtete, gelang es ihm nicht mehr, die Gestalt einer Riesenechse zu entdecken. Sogar die Gesichtszüge oder das Auge suchte er vergebens.
Das steinerne Ungeheuer schlummerte schon wieder. Aus seinem Äonen währenden Schlaf hatte es das Kunststückchen eines kleinen Zauberers gerissen. Nur halbwach, hatte es diesen lästigen Erdling weggefegt, wie die Kuh mit dem Schwanz Schmeißfliegen verscheucht. Jetzt hatten die Stein- und Geröllschichten aus Jahrhunderten seine Form wieder so eingehüllt, daß Conan nicht sicher war, sie je gesehen zu haben. Dieser Zweifel beruhigte ihn seltsamerweise. Und dennoch – es hatte sich alles vor seinen Augen ereignet, oder doch nicht?
Der Cimmerier schaute in die Schlucht hinunter. Hunderte toter Kother lagen dort deutlich sichtbar. Und wie viele mochten noch unter den zahllosen Felsbrocken liegen, unter denen rote Rinnsale hervorflossen?
Ziellos irrten Männer und Pferde wie betäubt umher. Einige Soldaten hatten sich zu Fuß oder zu Pferd über den Fluß in Sicherheit bringen können und kämpften um den Weg nach oben. Wahrscheinlich waren auch etliche auf dem Boden der Schlucht in Richtung der Harangi-Dörfer geflohen. Auf alle Fälle herrschte in den Reihen der Kother nur Chaos.
Conan entdeckte auf dem Damm zur Mesa Söldner, die bald auf die herumirrenden kothischen Soldaten stoßen würden. Der Damm war verschoben und führte jetzt näher am Fluß entlang.
Conan warf noch einen letzten Blick auf das Steinmassiv über ihm, dann machte er sich an den Abstieg. Er sprang von einem Felsbrocken zum nächsten. Im Nu war er auf dem Boden der Schlucht, wo tote Männer und Pferde in ihrem Blut lagen.
Die ersten Reiter von der Mesa hatten den Damm bereits hinter sich gebracht. Sie waren in einem für diesen Pfad mörderischen Tempo geritten. Conan erkannte den Anführer. Es war der vierschrötige Villeza, mit prallen Satteltaschen voll Beute.
Der Hauptmann schien in Panik zu sein. Ohne auf seine Gefährten zu warten, trieb er sein Pferd direkt auf Dutzende von kothischen Soldaten zu, die am Flußufer hin- und herliefen.
Auch wenn die Kother demoralisiert waren, stellten sie eine Gefahr dar. Mit Gebrüll stürzten sie sich auf Villeza, packten die Zügel und zerrten an den Satteltaschen. Zweifellos wollte jeder mit dem Pferd fliehen. Sie rissen den Reiter aus dem Sattel. Villeza verschwand mit dem Morgenstern wild um sich schlagend in der Meute.
Conan zog sein Schwert und lief auf das Getümmel zu. Doch dann verrieten ihm die blutig roten Klingen der Kother, daß er zu spät kam. Die beiden Reiter, die Villeza gefolgt waren, blieben ebenfalls stehen und mußten hilflos zusehen, wie ihr Anführer ermordet wurde.
Jetzt lief der Cimmerier zum Ende des Pfades und rief seinen Kameraden lautstark zu: »Freie Söldner! Flieht nicht!« Er schwang das Schwert hoch über dem Haupt. »Der Tag gehört uns! Kommt und vernichtet die kothischen Hunde!«
Die Söldner hatten bedeutend weniger Verluste zu beklagen als ihre Feinde und waren daher auch weniger verängstigt. Zuerst winkten sie Conan zu. Dann erhob sich Jubelgeschrei. Statt nach Flucht stand ihnen der Sinn jetzt nach Kampf. Immer zahlreicher schwärmten sie herab und stürzten sich auf die Kother, von denen einige die Waffen wegwarfen, auf die Knie fielen und um Gnade flehten. Andere erschlugen sich gegenseitig in der Panik der Flucht.
Da erscholl von oben fürchterliches Kriegsgeschrei. Drusandra stand neben Conan und deutete hinauf. »Die Harangi!«
Tatsächlich griffen die flinken wilden Reiter kothische Flüchtlinge an. Gleichzeitig stürmte vom Ende der Schlucht noch eine Horde dieser Bergbanditen und ritt alles, was purpurne Uniformen trug, erbarmungslos nieder oder trieb sie in den Fluß. Dort aber vermieden sie es, zur Mesa hinaufzublicken. Sie machten kehrt und galoppierten wieder davon.
»Sie haben ihren Raubzug beendet«, sagte Drusandra. »Mir tut jeder Kother leid, der über die Berge fliehen will.«
»Ja, aber wir haben fürs erste unsere Ruhe vor ihnen. Jedenfalls solange wir an diesem verhexten Ort sind.« Conan drehte sich zu Drusandra um, doch diese lief bereits mit gezücktem Schwert zu Ariel. Der Cimmerier erkannte sie an ihrem schwarzen Gewand und den geschickten Schlägen. Die zierliche Frau hatte einen schweren Stand gegen den kräftigen Mann in grauer Uniform. Doch war ihr Kampfgeist
Weitere Kostenlose Bücher