Conan-Saga 32 - Conan der Champion
zurück, da sie die Hitze nicht ertragen können und nicht die richtige Nahrung finden. Die Schlange wäre auch bald verschwunden, doch hat ihr dein Pferd eine feine Mahlzeit verschafft. Jetzt wird sie viele Tage schlafen.«
Leovigild kam es unglaublich vor, daß nach nur wenigen Stunden Fußmarsch rechts und links die vertrauten Kiefernwälder seiner Heimat standen. Dies Tal war eine Scheibe aus einer anderen Zeit.
Nicht alle Gefahren waren so exotisch wie die Schneeschlange. Hugin zeigte ihm in einer Mulde neben dem Bach ein Nest Vipern. Diese Sorte hatte Leovigild noch nie zuvor gesehen. Ohne Warnung wäre er leicht mitten hineingetreten. Immer wieder stießen sie auf Hufschlag. Da wußte er, daß sie seinem Packpferd noch auf den Spuren waren.
Gegen Mittag schlugen sie einen Bogen um ein Dickicht, aus dem lautes Schnarchen ertönte. Leovigild konnte seine Neugier nicht bezähmen und spähte hinein, obwohl ihm Hugin davon abgeraten hatte. Zu seinem Erstaunen erblickte er einen schlafenden Eber, der so groß wie ein ausgewachsener Stier war. Seine Hauer waren so lang wie Arme. Leovigild wünschte seinen Wurfspieß herbei, doch wußte er, daß alle Sauspieße und Netze in Odoacs Schloß nicht ausreichten, um dieses riesige Tier zu erledigen. Es hätte nur zu einem Blutbad unter den Jägern geführt.
Da kam Leovigild plötzlich ein Gedanke. »Hugin, vor einigen Tagen verschwand die Königin der Cambrer. Sie heißt Alcuina und soll eine außergewöhnlich schöne Frau sein. Möglicherweise ist sie in Begleitung ihres besten Kriegers, eines schwarzhaarigen Fremden, der ungewöhnlich gut mit dem Schwert umgehen kann, wie ich gehört habe. Sind sie hier durchgekommen?«
»Nein«, antwortete Hugin. »Das hätte ich gehört.«
»Schade«, meinte Leovigild und verzog enttäuscht das Gesicht.
Die Moosbrauen klappten wieder nach oben. »Es scheint dir viel daran zu liegen, den Aufenthaltsort der schönen Königin zu erfahren.«
»In der Tat! Ich würde viel darum geben, wenn ich ihn wüßte, wenn sie noch am Leben ist. Es ist für ihr und mein Volk sehr wichtig.«
»Und für dich!« setzte Hugin mit rasselndem Lachen hinzu. »Ich werde dich zu jemandem bringen, der dir vielleicht mehr über deine verlorene Königin sagen kann – und über viele andere Dinge. Folge nur dem alten Hugin.«
»Zu wem führst du mich?« fragte Leovigild. Doch Hugin antwortete nicht.
Je weiter sie nach Norden gingen, desto weiter wurde das Tal. Unvermittelt kamen sie auf eine kleine Lichtung.
Dort stand Leovigilds Packpferd unter einer großen Eiche und graste. Dann sah er, daß das Tier an einen jungen Baum gebunden war.
»Wer hat das Pferd eingefangen und angebunden?« fragte er.
»Das wirst du noch früh genug sehen.« Das Männlein watschelte zur Eiche, wo ein Bündel lag. Leovigild erkannte seine Sachen. Es war alles da, was auf dem Packpferd gewesen war. Jetzt war er nicht mehr ganz so verzweifelt.
»Wen hast du mitgebracht, Hugin?« Leovigild schaute umher, sah aber niemanden. Langsam gingen ihm diese körperlosen Stimmen auf die Nerven. »Hier oben«, rief die weibliche Stimme aus dem Baum. Er legte den Kopf nach hinten und schaute hinauf.
Auf den dicken unteren Ästen stand auf einer kleinen Plattform eine Hütte. Eine dünne Rauchfahne kam von einem Feuer, das er nicht sehen konnte, ebensowenig wie die Sprecherin.
»Zeig dich!« rief er.
»Komm in mein Haus, wenn du mich sehen willst, junger Mann.«
Es kam ihm so vor, als habe die Stimme etwas spöttisch geklungen. Gut so! Sonst hätte er bei dieser Einladung Verrat gewittert. Bei ihm zu Hause war es Sitte, daß ein Mann, der einen anderen in dessen Heim aufsuchte, sich zeigte, damit man sah, daß er ehrliche Absichten hatte. Und vom Herrn des Hauses erwartete man, daß er herauskam und den Besucher begrüßte, unbewaffnet oder zumindest mit den Händen weit von den Waffen entfernt. Die Bewohner dieses Tales hatten merkwürdige Gebräuche. Leovigild war beruhigt, daß es eine Frauenstimme war, was man seiner Jugend und Unerfahrenheit zugutehalten muß.
Aus dem Stamm der Eiche ragten einige Aststümpfe wie eine Leiter heraus. Trotz des umgegürteten Schwertes kletterte Leovigild leicht hinauf. Wer Eber und Bären in den Wäldern des Nordens jagte, mußte auch schnell auf Bäume klettern können. Doch als er die Frau sah, die im Schneidersitz auf der Schwelle ihrer Hütte saß, verlor er beinahe das Gleichgewicht. In letzter Minute erwischte er noch einen Ast, der ihn vor
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