Conan-Saga 32 - Conan der Champion
bewachsenen Steinen glaubte er Zwerge zu sehen. Er versuchte, diese unheimlichen Bilder abzuschütteln.
»Ammenmärchen, mit denen man Kinder erschreckt!« murmelte er vor sich hin. »Vor Männern muß ich mich hüten, nicht vor Kobolden.«
Nachdem Leovigild sich so Mut zugesprochen hatte, trieb er das Pferd voran. Vor ihm lag ein Schneehaufen, da hier die Bäume nicht so dicht standen. Und dann geschah alles auf einmal: Als er das Pferd um den Schneeberg herumlenkte, explodierte dieser plötzlich. Schneeklumpen flogen durch die Luft.
Leovigilds Pferd wieherte und machte vor Schrecken einen Satz, so daß der Jüngling aus dem Sattel fiel. Benommen lag er da. Hoch über ihm erhob sich ein Wesen aus einem Alptraum: Ein keilförmiger Kopf krönte den Schlangenkörper, der so dick wie ein ausgewachsener Mann war. Tückisch funkelten die Schlitzaugen auf den hilflosen Leovigild herab. Ihm war klar, daß er gegen dieses vorsintflutliche Ungeheuer keine Chance hatte.
»Eine Schneeschlange!« stieß er hervor.
Reisende hatten behauptet, die riesigen Schlangen mit weißem Fell in Ländern nördlich der Waldgrenze gesehen zu haben, wo die Sonne ein halbes Jahr nie aufging und die andere Hälfte nie versank. Doch niemals in den Wäldern dieser Gegend.
Das Packpferd preschte in Panik zum oberen Ende des Tales weiter; aber sein Reitpferd stand vom Schrecken gelähmt da. Da Leovigild sich nicht regte, wandte sich das primitive Gehirn des Monsters dem Pferd zu. Im aufgerissenen Rachen der Schneeschlange sah Leovigild die nach hinten gebogenen Fänge, aus denen gelber Schleim tropfte. Dann stieß sie zu. Er hörte noch den schrecklichen Todesschrei des armen Pferdes, dann das grauenvolle Knacken seiner Knochen.
Unter Schmerzen richtete sich der junge Mann etwas auf. Aus einer sich windenden weißen Fellspirale ragten die Beine seines Reittieres heraus. Kaltes Grauen lief ihm über den Rücken. Das Monster verschlang das Pferd in einem Stück.
Aber das war die Gelegenheit zur Flucht. Auch bei einem so riesigen Untier dauerte es eine Zeitlang, ein ganzes Pferd zu verschlingen. Leovigild untersuchte seine Gliedmaßen. Sie taten ihm zwar teuflisch weh, aber auf allen vieren würde er kriechen können.
Langsam kroch er los. Die Schlange folgte seinen Bewegungen mit starrem Blick und versuchte, den Pferdekadaver loszuwerden. Doch gelang ihr das nicht, da die nach hinten gebogenen Fänge die Beute festhielten. Sie mußte das Pferd hinunterschlingen. Darüber verlor sie das Interesse an dem kleineren Beutetier Mensch.
Stöhnend, aber erleichtert zog Leovigild sich an einem jungen Baum hoch. Er blutete aus zahllosen Kratzern und fühlte sich, als sei König Odoacs Halle auf ihn heruntergestürzt. Langsam marschierte er weiter und überdachte seine Lage.
Wenn er sich vorher schon arm und verlassen gefühlt hatte, war jetzt alles noch schlimmer. Er hatte die Kleider, die er auf dem Leib trug, sein Schwert und ein Messer, dazu noch einen relativ heilen Körper. Das Packpferd mit den anderen Sachen war irgendwo weit vorn. Mit etwas Glück konnte er es wieder einfangen. Doch der Gedanke, daß er beinahe als Schlangenfraß sein Leben beendet hätte, hielt ihn davon zurück, sein Unglück zu verfluchen.
Er blieb stehen, um Atem zu schöpfen. Unter Schmerzen verneigte er sich und berührte die Erde. »Vater Ymir, ich danke dir, daß ich so glimpflich davongekommen bin.« Er hegte den Verdacht, daß Ymir an ihm nur wenig Interesse hatte. Trotzdem konnte es nicht schaden, sich mit den Göttern gutzustellen.
»Welch seltene Frömmigkeit bei einem so jungen Mann!«
Leovigild wirbelte beim Klang der menschlichen Stimme herum. Er sah niemanden. »Zeig dich!«
»Ich bin hier direkt vor deinen Augen.«
Leovigild strengte seine Augen in diesem Zwielicht an und sah einen großen mit Moos bewachsenen Stein nur wenige Schritte entfernt. Unter den langen, herabhängenden Flechten glich der obere Teil fast einem menschlichen Gesicht. In dunklen Vertiefungen funkelten eindeutig Augen! Normalerweise wäre es ihm wieder eiskalt über den Rücken gelaufen, doch so kurz nach der Begegnung mit der Schneeschlange fand er den Steinmann nur seltsam.
»Was für ein Geschöpf bist du?« fragte er.
»Das könnte ich dich auch fragen, du Tor.«
Leovigild sah nun, daß auf dem Stein ein kleines verhutzeltes Männlein saß. Er hatte sich so seiner Umgebung angepaßt, daß Leovigild nicht wußte, ob er mit Lumpen oder Moos bekleidet war.
»Ich bin Leovigild,
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