Conan-Saga 32 - Conan der Champion
daß sie unter den Hufen knirschte.
Wohin sollte er sich wenden? Er besaß nichts als zwei Pferde, Schwert, Helm und Küraß aus fein gearbeiteter Bronze. Auf dem Packpferd waren Reitgewand, Festkleidung, zwei Langspeere, ein kurzer Wurfspieß und sein Schild aus bemaltem Holz und Leder. Mit dem Gewand, das er auf dem Leib trug, bestand daraus seine gesamte Habe. Aber nie wäre Leovigild auf den Gedanken gekommen, den Schutz eines reichen Grundbesitzers anzunehmen und sich als Bauer zu verdingen. Lieber verhungern! Ein bewaffneter Krieger aus adligem Haus konnte sich immer der Söldnerschar irgendeines Fürsten anschließen. Das war zumindest ehrenvoll; aber es mußte weit von hier sein, und ein Mann allein würde den langen Ritt kaum überleben. Aber dann dachte Leovigild wieder daran, daß er der rechtmäßige Erbe des Thrones der Thungier war, und diesen wollte er unter keinen Umständen aufgeben.
Seine düsteren Gedanken wandten sich Alcuina zu. Wenn die Berichte stimmten, war auch sie jetzt in einer Art Exil. Falls der widerliche Iilma dahintersteckte, war ihrer Lage schlimmer als seine. Er war ihr nie begegnet; aber man sagte, sie sei wunderschön. Der Gedanke, daß eine schöne junge Frau seinen Onkel heiraten sollte, war ihm entsetzlich.
Er wollte den Kriegern der Tormanna und der Cambrer aus dem Weg gehen. Die Zeiten waren jetzt noch unsicherer als sonst. Kein Gesetz schützte einen einsamen Reisenden. Viele, die auf dem Schlachtfeld Feiglinge waren, machten sich eine Spaß daraus, Menschen einzufangen und zu foltern, ehe sie sie töteten.
Da erinnerte er sich an ein kleines Bergtal im Norden. Er war vor mehreren Jahren auf der Jagd darauf gestoßen. Es war unbewohnt und schlängelte sich auf der nicht klar festgelegten Grenze zwischen den Tormanna und Cambrern dahin. Wenn er ungesehen zwischen den beiden Ländern durchkam, würde er sicher einen Zufluchtsort finden. Vielleicht bot er seine Dienste einem Fürsten an, bis er zurückkehren und sein Geburtsrecht beanspruchen konnte. Lange würde Odoac sicher nicht mehr leben.
Gegen Abend lagerte er am Eingang zum Tal und machte ein Feuer. Es war unwahrscheinlich, daß ihn jemand hier aufstöberte, da in dies wilde Tal höchstens mal ein Jäger kam oder ein Hirte nach verlorenen Tieren suchte.
Leovigild hatte sich in seinen warmen Umhang gewickelt und wollte schlafen, als ihn geisterhafte Irrlichter erschreckten, die zwischen den Bäumen im Tal herumflitzten. Schnell griff er zum Schutzamulett am Hals und sprach einen Schutzzauber gegen böse Mächte. Die Lichter kamen näher, schienen aber nicht bedrohlicher als der Gluthaufen des Feuers vor ihm.
»Ymir!« murmelte er. »Ich bin doch kein kleines Kind, das sich vor Irrlichtern fürchtet und die Decke über den Kopf zieht.«
Er zwang sich zu lachen und legte sich wieder hin. Nichts belästigte ihn, aber sein Schlaf war unruhig und von wilden Alpträumen heimgesucht.
Am nächsten Morgen bestieg Leovigild sein Pferd und musterte das enge, dicht bewachsene Tal vor ihm. Es lag nur wenig Schnee. Das ließ sich aber durch das lichte Blätterdach erklären. Dennoch ging etwas Böses von diesem Ort aus. Leovigild mußte die Pferde kräftig antreiben, damit sie ins Tal gingen. Bei seinem früheren Besuch war er zu Fuß gekommen. Das war im Hochsommer gewesen; aber auch damals hatte ihn die Dunkelheit des Tales bedrückt.
Im Tal war es wärmer als draußen auf der Ebene – und stiller. Auch die Vegetation war anders. Statt Fichten und Kiefern standen hier hauptsächlich Eichen. Obwohl die Bäume sehr niedrig waren, verblüfften sie durch ihre Dichte. Nach kurzer Zeit wurde das Unterholz aber lichter, so daß er schneller vorwärts kam. Der Talboden war uneben, ein kleiner Bach rieselte über ein Kiesbett dahin. Die dicken Moospolster, die herabhängenden Luftwurzeln und Ranken verliehen dem Tal eine gewisse wilde Schönheit, die nur durch das bedrückende Dämmerlicht beeinträchtigt wurde.
Leovigild hielt nach Wild Ausschau, um die kargen Vorräte in seinen Satteltaschen zu schonen; aber keine größeren Tiere waren zu sehen, und die kleinen hielten Winterschlaf. Dennoch hielt er den mit Fell bezogenen Eibenbogen schußbereit in der Hand.
Allmählich bereute er, diesen Weg eingeschlagen zu haben. Zwar würden ihn hier keine von Totilas oder Alcuinas Männern aufstöbern, dafür aber sah es hier nach Drachen und Riesen aus. Seine Phantasie bevölkerte die Höhlen und Büsche mit Hexen. Hinter den mit Moos
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