Conan-Saga 40 - Conan der Held
brauchen.« Er blickte zu seinem Gast auf. »General Abolhassan, du mußt das nicht so schwernehmen. Ich weiß, es ist nicht leicht zu schlucken. Hier nimm dir etwas Obst.« Er schob das Körbchen zu Abolhassan.
»Danke, gern.« Abolhassan ließ sich Zeit mit der Wahl. Endlich nahm er eine reife Mango, deren federartige Haut wie bei einem tropischen Sonnenuntergang alle Schattierungen von Grün über Gelb bis zu leuchtendem Purpurrot aufwies. Wortlos schritt er um den Tisch, wobei er mit den Kavalleriestiefeln achtlos Schalen und Becher beiseite stieß. Dann ging er vor Dashibt Beys breiter Brust auf die Knie und stopfte diesem die Frucht in den vor Staunen aufgerissenen Mund. Mit einer Hand hielt er den Nacken des Eunuchen fest, mit der anderen preßte er die saftige Mango zwischen die Zähne und weiter, bis der scharfkantige dicke Kern tief in der Kehle steckte. Dort hielt er ihn mit eisernem Griff fest.
Dashibt Bey krächzte leise und versuchte vergeblich, mit den fetten Fingern den Dolch in der Schärpe zu erreichen. Dann faßte er sich an die Kehle. Hilflos strampelnd stieß er den Tisch um. Zuckend fiel der Eunuch nach hinten. Der General lockerte den Griff erst, als er sicher war, daß der Kern nicht ausgespuckt werden konnte. Dann stand er auf und trat vom zuckenden Opfer zurück. Gerade rechtzeitig, denn im selben Augenblick hörte er den Türgriff, und die goldene Tür öffnete sich.
Es war Euranthus, Dashibt Beys übereifriger Stellvertreter in der Verwaltung. Der junge Bursche lief sofort am umgestürzten Tisch vorbei an die Seite seines Herrn. »Ich hörte schrecklichen Lärm. General, was ist passiert?«
»Der Arme hat einen Mangokern verschluckt und ist daran erstickt«, antwortete Abolhassan und griff heimlich zum Dolch unter dem Gewand. »Nun mußt du seinen Platz am Hof einnehmen, fürchte ich, und bei zahllosen anderen gewinnbringenden Unterfangen.« Abolhassan wußte, daß Euranthus in die Verschwörung eingeweiht war. Wieviel der Eunuch durch die Tür gehört hatte, wußte er allerdings nicht.
»Ja, so ist es.« Obwohl Dashibt Bey immer noch zuckte, blickte Euranthus auf ihn hin, als sei er schon tot. Er wollte oder wagte nicht, dem Vorgesetzten zu helfen. »Welch eine Tragödie ... welch schrecklicher Unfall – und zu einem so ungünstigen Zeitpunkt!« Zitternd und mit widerstreitenden Gefühlen schaute er Abolhassan an. »Welch ein Glück, daß ich da bin, um seine Arbeit fortzuführen.«
»Es ist in der Tat eine Gnade Tarims, daß du für diese schwere Aufgabe geeignet bist, Euranthus. Bitte, mach dir keine Sorgen. Ich werde dir beistehen und raten.« Abolhassan nahm die Hand vom Dolchgriff. »Vielleicht war es unausweichlich. Der Riesenappetit des Mannes ist schuld an seinem Tod.«
»Vorsichtig, Azhar! Halt den Spiegel auf der Kante und folge gleichmäßig der Bewegung der Sonne!« Ibn Uluthan schaute von seinen magischen Vorbereitungen auf. Er stand an einem niedrigen Tisch, der sich vor dem großen, mit einem schwarzen Vorhang bedeckten Fenster in der Südwand des Hofs der Seher befand.
»Ich hoffe, ich kann das Gewicht halten, Meister.« Der dünne junge Mann kämpfte heldenhaft mit dem ovalen Spiegel, der größer war als er. »Der Rahmen ist sehr schwer und dick vergoldet, Meister.«
»In der Tat! Als wir um den größten Spiegel des Königs baten, haben die Eunuchen uns großzügig bedacht.« Zufrieden nickte der oberste Magier über seinem Arbeitstisch. »Das beweist, daß wir noch immer die Gunst Seiner Herrlichkeit besitzen – zumindest in einigen Dingen.« Dann sprach er seinem Akolyten Mut zu. »Keine Angst, Azhar! Ich weiß, daß du diese einfache Aufgabe erfüllen kannst. Du brauchst lediglich die Sonnenstrahlen zum richtigen Zeitpunkt ins Fenster zu reflektieren ... In ein paar Augenblicken ist es soweit. Dann betritt die Sonne den Kreis im Zentrum des Hofs.«
Der Magier zeigte neben die Füße des Akolyten. Auf dem Fußboden war ein weißes Pentagramm zu sehen, das in einem schwarzen Pentagramm eingeschlossen war und um welches ein weißer Kreis gezogen war. »Ich bin sicher, daß meine Abmessungen korrekt sind.« Zum hundertsten Mal blickte er zur Kuppel hinauf, in die Arbeiter mit Brechstangen einen Schlitz zur Beobachtung der Sterne geschaffen hatten. Ungewohnte Mengen Sonnenlicht für diese heiligen Räume strömten auf den staubigen Boden herab. »Nur wenige Augenblicke der himmlischen Strahlung müßten genügen, um unser Ziel zu erreichen.«
Azhar
Weitere Kostenlose Bücher