Conan-Saga 40 - Conan der Held
allein kann dir deine frühere Selbstzufriedenheit und die Blindheit wiedergeben, nach welcher du so verlangst. Wenn du Frieden willst, wenn du abermals das Gewand der Illusionen überstreifen willst« – er deutete auf die Steinfliesen –, »brauchst du nur auf den Boden zu fallen und darum zu bitten. Ab dann werde ich dich beherrschen und für dich sorgen. Glaube mir, du Narr, ich werde dann deinen lächerlichen Haß und Widerwillen gegen diejenigen wenden, die wirklich die Schuld am elenden Zustand deines Staates tragen: unsere Feinde, die Rebellen, und die Kollaborateure in deinen eigenen Reihen! Unterwirf dich mir, Elender, und genieß die Segnungen des Friedens!«
»Kriegsherr!« Die Stimme des Ungeheuers vor dem Spiegel schien die Worte wie Blasen aus der Halswunde herauszusprudeln. Die Elendsgestalt drehte sich um und blickte den Peiniger an. »Phang Loon ... wie du sagtest ... bin ich von allem entblößt. Du hast mir die Freiheit genommen, meinen Rang, meine Liebe, meinen Leib und mein Leben.« Der Untote, welcher einst ein Mann gewesen war, schob sich einen Schritt vor.
»Wieviel wahr und wieviel dein teuflisches Gaukelspiel ist, weiß ich nicht. Eins aber weiß ich: Mein Verlust ist wahr. Du hast mir nur die Schmerzen noch gelassen.« Das Gespenst wankte weiter. Weder der Satrap noch sein Sklave zuckten mit der Wimper oder wichen zurück. »Schmerz ist alles, was ich noch besitze. Ich werde nicht zulassen, daß du mir diesen auch noch nimmst!«
»Nun denn, du ziehst es vor, dich nicht zu unterwerfen.« Phang Loon trat einen Schritt zurück und winkte ungeduldig dem Folterknecht. »Wie ich sagte: Meine Methode ist unfehlbar. Sool, erledige ihn!«
Der plötzliche Sturmangriff des Schergen warf den geschwächten Cimmerier auf den Rücken. Die Schmerzen des Aufpralls auf den Steinplatten waren so stark, daß Conan beinahe seine kühnen Worte bedauerte. Dann war er aber verblüfft, daß sein siecher Körper den Fall nicht nur ausgehalten hatte, ohne auseinanderzufallen, sondern auch noch mit wilden Verteidigungsbewegungen reagierte. Das heile Knie landete im Gemächt Sools, doch war dort alles zum Schutz dick gepolstert. Dann traf der Unterarm Conans Brust und Hals des Gegners mit derartiger Wucht, daß jeder weniger massive Mann zurückgewichen wäre.
Doch der Venji war anscheinend ein hervorragend ausgebildeter Ringer. Er preßte erbarmungslos sein gesamtes Gewicht nach unten, um den Gegner zu schwächen. Wie Eisenklammern umschlossen seine Hände Conans Hals und drückten zu. Dabei hätte er mir mit Leichtigkeit den Kopf von den verfaulenden Schultern reißen können, dachte Conan. Anscheinend bewies sein Kopf doch mehr Anhänglichkeit als Phang Loons Spiegel gezeigt hatte.
Welch ein Jammer, dachte der Cimmerier. Denn jetzt preßte Sool langsam den letzten Funken seines echten, nicht illusorischen Lebens aus ihm heraus.
Noch einmal flackerte der Lebenswille des Cimmeriers auf. Er schlug mit dem Arm zu und wollte seitlich wegrollen, doch seine Kraft war durch die Drogen und Strapazen zu erschöpft, um gegen den ausgeruhten Schergen etwas ausrichten zu können. Obwohl die Haut nicht wie brüchiges Pergament platzte, hatte er doch im ganzen Körper schreckliche Schmerzen. Als er sich aufbäumte, um Sool abzuwerfen, versagte das verletzte Bein völlig. Verzweifelt versuchte er dem Folterknecht die Finger in die Augen zu stoßen. Doch dieser lächelte ungerührt weiter, wie Conan verschwommen wahrnahm. Die hektischen Stöße des Cimmeriers konnten ihr Ziel nicht erreichen.
Keine Kraft mehr, keine Stimme für einen letzten Fluch, keine Waffe ... Doch, Moment mal! Es gelang Conan, das halbleere Glas mit der Lotussalbe aus dem Beutel am Gürtel zu zerren. Er schlug es auf den Steinboden, wo es klirrend zersprang. Dann packte er den dicken ausgezackten Boden des Glases und stieß dem Venji die Scherbe ins Gesicht.
Er drehte sie auf der schwitzenden öligen Haut unter den Wangenknochen, direkt über dem grinsenden Mund. Er drehte immer weiter, ewig so weiter ... Diese einzige Handlung war alles, was im schnell dunkler werdenden Universum noch existierte. Vergessen ...
Doch da lockerte sich der Griff – wie durch ein Wunder. Luft drang wieder durch den Hals in die Lungen und lud das Blut wie flüssiges Feuer auf. Sein ganzer Körper pumpte, um noch mehr Luft einzusaugen.
Als Conan wieder sehen konnte, war das Gesicht seines Feindes erschlafft und nachdenklich. Das Lächeln aber war geblieben und wirkte
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