Conan-Saga 45 - Conan der Grosse
angesprochen hatte, ihn, einen Fremden, um ihn zum Kommandanten der Armeen ihres Landes zu machen. Sie war überzeugt gewesen, damit die wilde Vision zu verwirklichen, der für sie der Wille des Gottes Mitra war. Wie sie gemeinsam den untoten Zauberer Natohk besiegt hatten, der bei den Menschen als der Schwarze Koloß bekannt war. Wie sie danach den Triumph in einer Vollmondnacht inmitten von Ruinen in der Wüste mit verzehrender Leidenschaft gefeiert hatten.
Conans Gesicht verfinsterte sich, als er sich erinnerte, wie er danach Yasmela umworben hatte, sie jedoch immer ablehnender geworden war, weil sie zu sehr mit den Problemen ihrer Familie und des Königreichs beschäftigt war. Die Prinzregentin opferte ihre gesamte Zeit und Aufmerksamkeit, die Mißherrschaft ihres Bruders Khossos für das Land zu lindern. Nachdem Conan sie verlassen hatte, setzte sie ihre weiblichen Reize ein, um vornehme Adlige auf ihre Seite zu ziehen. Diese setzte sie dann in dem uralten Spiel der Hofintrigen je nach Belieben als Spieler oder als Figuren ein.
Als Conan König geworden war, erhielt er Neuigkeiten über Khoraja hauptsächlich durch Gesandte oder Spione. Er wußte, daß König Khossos vor geraumer Zeit gestorben war – an einer Krankheit, so lautete die offizielle Version. Es war jedoch durchaus denkbar, daß ihm eine hochgestellte Persönlichkeit nicht wohlgesonnen war. Prinzregentin Yasmela bestieg nicht sofort den Thron, sondern spielte in dem langen, langsamen Walzer der Thronbewerber, der Aristokraten, der Kanzler und königlichen Nachkommen eine seltsame, unklare Rolle. Diese undurchsichtigen Thronfolgestreitigkeiten hatten letztlich dazu geführt, daß ein unbekannter Prinz als Oberster Alleinherrscher an die Macht kam – diesen Titel hatte sich Armiro wohl selbst ausgedacht, um seine Macht zu vergrößern. Sehr schnell wurden für ihn die politischen Zänkereien in Khoraja, gemessen an dem Flächenbrand des Aufruhrs in Koth, unbedeutend. Dort war die neue Arena für den Ehrgeiz des khorajischen Emporkömmlings Armiro.
Trotz aller Wirren in dem Bergland Khoraja hatte Conan immer angenommen, daß Yasmela, der Liebling – und dank seiner Hilfe auch die Retterin – des Königreichs, eine sichere Position im öffentlichen Leben behalten würde. Es mußte schon ein so einflußreicher Intrigant wie Armiro kommen, um sie in die Festung am See zu verbannen. König Conan machte sich große Sorgen, ob sie noch lebte oder ob sie gefoltert, dem Hungertod nahe, in einem unterirdischen Verlies schmachtete. Diese Befürchtungen trieben ihn zur Eile an, als er die bewaldeten Abhänge des Grenzpasses im Norden in das Tal und zu dem dunklen See hinabritt, über den die schlimmsten Gerüchte im Umlauf waren.
Conan erinnerte sich an alles, was er früher über die entlegene Festung, die auch als Gefängnis gedient hatte, gehört hatte. Jetzt lag sie vor ihm. Während der Jahrhunderte hatte man immer wieder an den mächtigen Mauern gebaut. Die verschiedenen Baustile bildeten keineswegs ein harmonisches Ganzes. Der eigentliche Festungsbau war von einer mit einem Wehrgang gekrönten hohen Mauer umgeben. Festung und Mauer ragten in den Bergsee hinein. Viele Burgen im seenreichen Khoraja waren so erbaut, doch keine wirkte so unheimlich und bedrohlich wie dieses Bauwerk.
Conan hielt auf einer Anhöhe über dem Pfad an, der zum See führte, und überlegte, warum diese Festung einen so bedrohlichen Eindruck machte. Möglicherweise lag es an dem düsteren Grau der Quadern, die dunkler waren als die Granitfelsen der Uferklippen. Oder an den ausgeblichenen Flechten an der Basis. Oder weil der See auch so trübe war, daß er das Licht des Himmels zu verschlucken schien, anstatt es glitzernd widerzuspiegeln, wie es sonst bei Bergseen war. Vielleicht waren auch die dunklen Wolken schuld, welche die Gipfel der Berge verhüllten. Ihre Schatten schienen über die Waldhänge herabzufließen und sich um die Festung und das Ufer des Sees zu ballen.
Conan war sicher, daß Yasmela in einer so trostlosen Umgebung weder das Leben genießen noch sich guter Gesundheit erfreuen konnte. In dieser Überzeugung hatte ihn auch das Verhalten eines Bettlers bestärkt, den er über die Festung in einer Herberge im Nachbartal hatte befragen wollen. Der Mann hatte ihn ganz verstört angeblickt und war ängstlich allen Fragen ausgewichen. Völlig verstummt war der Alte, als Conan Yasmelas Namen nannte – ein klares Eingeständnis, daß es ihr schlecht ging. Der König
Weitere Kostenlose Bücher