Conan-Saga 45 - Conan der Grosse
selbsternannter König von Aquilonien, war ein Mann, den man nicht so leicht übersah. Er hatte die Welt von Argos an der Küste des Meers bis ins legendäre Khitai und wieder nach Zingara zurück durchstreift – und nicht nur ein einziges Mal, sondern mehrmals. Auch auf dieser transhyborischen Straße der Könige, auf der er jetzt dahinritt, war er früher marschiert, galoppiert, geschlichen, auch in Ketten gezerrt worden. Fast immer waren ihm Gefahr und Schwierigkeiten vorausgeeilt oder auf den Fersen gefolgt. Nein, Conan war kein Mann, den man leicht vergaß. Man sah ihm mit Schweißperlen auf der Stirn entgegen. Diesen Hünen durfte man nicht aus den Augen lassen und mußte vor ihm Reichtum und Töchter im heiratsfähigen Alter verbergen.
Im Lauf der Jahre war Conan der Ruf vorausgeeilt, ein Verbrecher, Rebell, Retter und Eroberer zu sein. Unter dem Namen Conan – und anderen – hatte er sich in vielen Ländern mehr Freunde als Feinde gemacht – zumindest noch lebende Feinde. An seiner Seite hatten Männer und Frauen gekämpft und waren in seinen Diensten zu Wohlstand gekommen oder hatten das Leben verloren. In letzter Zeit hatte man ihm als dem Monarchen einer der größten Nationen der hyborischen Welt gehuldigt. Nein, es war nicht einfach für Conan den Cimmerier, allein und unerkannt durch das feindliche Koth zu reiten.
Das Unterfangen war um so schwieriger, weil Conan zu einem fremden Volk gehörte, deren Angehörige sich nicht oft in diese Breiten verirrten. Er war als Barbar im wilden Norden geboren. Mit den eisblauen Augen und der kantigen Gesichtsform fiel er unter den Menschen mit ovalen, bräunlichen Gesichtern überall auf. Seine Größe und die offensichtliche Stärke, sowie die raubkatzenähnliche Geschmeidigkeit der Bewegungen, die er von Geburt an besaß, erschwerten es weiterhin, unbemerkt nach Osten zu gelangen.
Natürlich hatte er sich bemüht, durch allerlei Tricks möglichst wenig Aufsehen zu erregen. Er trug einfache Kleidung und keine auffälligen Waffen. Der Umhang mit Kapuze war bald staubig und sah schäbig aus, wahrlich kein Kleidungsstück für einen König. Er ritt auch nicht seinen prächtigen Hengst, sondern hatte zwei kräftige braune Gäule gewählt. Auf einem ritt er, den zweiten führte er am Zügel mit. Ehe er Ophir verließ, hatte er – zu einem ausbeuterischen Wechselkurs – den Beutel voll guter aquilonischer Goldstücke in weit weniger glänzende Münzen eingewechselt, wie sie in den Ländern im Osten verwendet wurden – alles, um nicht aufzufallen.
Er verschmähte den Kuß des scharfen Stahls am Morgen und ließ sich einen Bart wachsen. Öfters hinkte er, was ihm nach einem anstrengenden Tag im Sattel und aufgrund seiner Wunde nicht schwerfiel. Diese säuberte er peinlich genau, den übrigen Körper jedoch nicht, so daß ihn bald eine Duftwolke umgab, die Händler und Stallburschen fernhielt, mit denen er zusammentraf. Mit diesem Trick entging er unnötigen Fragen und Gesprächen.
Am wichtigsten, aber auch am schwierigsten, war es für Conan, die Rolle eines sanftmütigen, scheuen Menschen zu spielen, da sein Jähzorn und seine Kampfbereitschaft legendär waren. Schon als junger Dieb hatte er diesen Ruf, und auch als König hatte sich daran nichts geändert. Trotz einiger heftiger Zusammenstöße auf der Straße und in Herbergen, zügelte er seinen Jähzorn und ließ die Klinge stecken – die Klinge, die ihn sein ganzes Leben lang beherrscht und erbarmungslos durch die Länder getrieben hatte, so wie er selbst störrische Pferde und Kamele getrieben hatte.
König Conan ritt also über das von der Sonne verbrannte, eroberte Bauernland im Süden Ophirs und die weiten Wiesen in Koth, vorbei an vielen Schlössern und Burgen. Bis jetzt hatte er das Gefühl, unerkannt geblieben zu sein. Niemand würde sich an den verschlossenen Fremden erinnern. Allerdings hatten mehrere Wirte und Stallknechte den Aquilonier mit den silbrigen Strähnen im schwarzen, struppigen Bart scharf gemustert, wenn er ihnen die Münzen in die Hand drückte, um für ein Nachtlager im Heu oder in einer Kammer zu bezahlen. Es hatte ihn verdächtig gemacht, daß er meist spät in der Nacht eingetroffen und bereits im Morgengrauen weitergeritten war.
Jetzt hatte er das hügelige Koth verlassen und war in Khoraja, wo schmale Täler tief in die Berge einschnitten. Conan hatte viel Zeit, Erinnerungen an die einstige Prinzregentin Yasmela nachzuhängen: Wie sie ihn kühn eines nachts auf der Straße
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