Conan-Saga 45 - Conan der Grosse
oder körperlose Stimmen darin vorgekommen.«
»Gut! Ausgezeichnet! Dann stimmst du dich langsam aber sicher auf meine wiederkehrende und stetig wachsende Macht ab. Noch vor wenigen Tagen wäre ich nicht imstande gewesen, in deine Träume einzugreifen, ganz zu schweigen, einen so ungläubigen Mann wie dich hier an meine Seite zu versetzen.«
»Wer bist du? Ich frage dich abermals. Und welch ein unheimlicher Ort ist das hier?« Armiro hielt sich einige Schritte vom Teichrand entfernt, stand aber hocherhobenen Hauptes stolz da, um furchtlos zu erscheinen. Gebieterisch blickte er umher. »Ist das unsere, mir vertraute Welt? Wenn ja, wüßte ich gern, ob du die Macht hast, auch die Gestirne auf ihren himmlischen Bahnen umzudirigieren; denn in meinen Augen sehen die Sternbilder da oben irgendwie verändert aus. Halt! Nein, ich kann gar nicht auf der Erde sein; denn dort sehe ich einen zweiten Mond!« Er zeigte mit ausgestrecktem Arm nach oben, wo dicht über dem Horizont eine zweite große Mondsichel sichtbar war. Der Prinz hatte durch diesen Anblick etwas von seiner draufgängerischen Haltung eingebüßt.
»Aber, aber, lieber Prinz«, tadelte die Stimme des Unsichtbaren im Teich, »du darfst nicht glauben, daß du nicht auf deiner heimatlichen Erde stehst. Du mußt wissen, daß die Sterne in ihren eigenen unendlich langsamen Bahnen über das Firmament ziehen, wie Staubkörnchen in einer leichten Brise. Wenn dir dieser Himmel fremdartig erscheint, liegt es vielleicht daran, daß ich lieber eine Zeit zurückrufe, in der die Erde zwei Monde hatte!«
»Und was mich betrifft«, fuhr die seltsame Stimme fort. »Ich bin Kthantos, ein Gott. Vor langer, langer Zeit war ich der größte Gott ... der einzige Gott. Danach hat meine Macht abgenommen, teilweise war es die Schuld meiner Priester. Sie waren so töricht und ließen sich umbringen.« Das Gurgeln versiegte einen Augenblick lang. Dann rumorte es heftig. Der Laut konnte nur als Gähnen ausgelegt werden. »Auch meine Machtmöglichkeiten wurden schwächer. Ich muß zugeben, daß ich daran nicht ganz unschuldig war, weil ich an den Menschen, die zu mir beteten, kein Interesse mehr hatte und mich ihre läppischen Angelegenheiten langweilten.«
»Deine Verehrer waren Menschen?« erkundigte sich Armiro vorsichtig.
»Menschen? Ja, natürlich – nun ja, beinahe; aber das spielt keine Rolle. Im Lauf der Zeit hat deine Rasse sich weit weniger markant verändert als der Anblick des Himmels.« Unartikuliertes Blubbern folgte. Armiro hatte den Eindruck, daß sich unter der Teichoberfläche etwas heftig bewegte. »Wie dem auch sei«, fuhr die Stimme fort. »Ich habe mich entschlossen, meinen Sitz als Herrscher über diese Welt wieder einzunehmen – als göttlicher Herrscher. Damit wäre unter mir der Platz frei für einen sterblichen Monarchen mit unbegrenzter Macht. Ich halte es für sinnvoll, bereits jetzt Anhänger zu sammeln und den Lauf der Geschichte durch mein Eingreifen in Träume zu verändern oder einigen wenigen Menschen durch Visionen ungeahnte Möglichkeiten aufzuzeigen. Manchmal rufe ich auch Menschen zu mir hierher oder mache einen kurzen Ausflug in deine Welt. Für einen Gott ist Zeit viel weniger wichtig als für einen Sterblichen; aber ich habe jetzt genügend Äonen in diesem Teich zugebracht. Ich langweile mich in dieser dunklen Leere.«
»Du hältst dich immer da unten auf?« erkundigte sich Armiro und tat so, als interessiere ihn die Antwort keineswegs besonders.
»Ja, außer, ich habe Lust an die Oberfläche zu kommen – aber ich tauche nur selten auf. Einst war dieser Teich mein Heiligtum. Gern denke ich daran zurück, als er das pochende, mit Blut gefüllte Herz eines weltumspannenden Imperiums war. Am meisten fehlt mir eine warme Seele als Gesellschaft. Natürlich habe ich ein paar Relikte, um mich zu amüsieren.« Aus dem Teich reckten sich plötzlich Skelettarme. Einige hielten Schwerter, andere rostige Schilde. Mehrere fuchtelten völlig sinnlos in der Luft umher. Gleich darauf war der Spuk verschwunden. »Aber das sind nur kärgliche Überbleibsel. Ihre menschliche Substanz – die so prickelnd ist und einen richtig erregt – ist längst aufgezehrt und abgefallen. Erst vor kurzem bin ich einer wunderbaren Seele begegnet – warm, voller Leben und sensibel. Ich berührte sie und hätte sie um ein Haar in meine Gewalt gebracht, doch leider, leider ist sie mir in letzter Sekunde entglitten. Wahrscheinlich hat sie sich ein anderer, weit
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