Conan-Saga 45 - Conan der Grosse
zu tun. Nicht einmal in einem Traum, in den tiefen, dunklen Höhlen meines eigenen Schädels.«
»Wenn du glaubst, dieses Heiligtum liege in deinem Schädel, dann bist du wirklich ein außergewöhnlich nüchterner Mensch, mein Prinz.« Die Oberfläche des vom Feuerschein hell beleuchteten Teichs kräuselte sich heftig. Dann war sie wieder glatt. »Nun, wie dem auch sei! Hier ist mein Vorschlag: Jeder irdische Eroberer benötigt einen Gott, für den er rechtmäßig kämpft. Wenn du mir Treue schwörst, werde ich deinen Krieg zu einem klaren, baldigen Zusammenstoß mit deinem Erzfeind lenken. Sollte es sich bei diesem Zweikampf herausstellen, daß du der bessere Monarch bist, werde ich dafür sorgen, daß dein Triumph vollkommen wird.«
»Hm, vielleicht könntest du das schaffen«, meinte Armiro mit undurchdringlicher Miene. Er faltete die Arme über der Brust. Nur der leicht nach vorn geneigte Kopf ließ darauf schließen, daß er angestrengt nachdachte. »Doch gibt mir deine Führung keine Garantie. Meiner Meinung nach verhandelst du auch mit diesem Schurken Conan. Du treibst mit uns beiden ein falsches Spiel ... Allerdings glaube ich, daß meine Art der Weltbetrachtung der deinen mehr als seine entspricht.«
Die Stimme aus der Tiefe rumorte heftig. Die Oberfläche des Teichs warf Blasen. »Es geht nur um die eine Frage: Kannst du, Prinz Armiro, mich, Kthantos, als den einzigen wahren Gott akzeptieren oder nicht? Und würdest du auch meinen Hohen Priester ehren, ganz gleich in was für einer seltsamen Gestalt er auch zu dir kommt?« Jetzt glich der dunkle Teich einem Spiegel. Stille. »Bedenke das alles, Prinz Armiro. Du brauchst mir nicht sogleich zu antworten.«
Die Flammen in den Schalen und Kohlebecken flackerten wild auf, dann wurden sie schwächer und schwächer. Langsam wurde es dunkel um Prinz Armiro. Die Sterne und die beiden Halbmonde verblaßten. Tiefste Finsternis umgab ihn. Plötzlich traf ihn ein greller Lichtstrahl. Er schloß geblendet die Augen. Dann blinzelte er und machte sie vorsichtig wieder auf. Die helle Morgensonne über Argos schien durch einen Spalt am Zelteingang herein.
Der Prinz rieb sich die Augen. Noch leicht benommen rief er: »Wache!« Mühsam setzte er sich auf dem schmalen Feldbett auf.
Das grelle Tageslicht traf ihn voll, als ein Soldat die Zeltbahn am Eingang zurückschlug. Gnädig verdeckte seine große Gestalt gleich darauf die Lichtquelle. »Bereit, Eure Befehle zu empfangen, o Prinz!«
»Soldat, warum hat man mich so lange schlafen lassen? Es ist nach Sonnenaufgang!«
»Sire, Euer Seneschall war nicht imstande, Euch zu wecken. Ihr habt zu tief geschlafen. Außerdem habt Ihr laut im Schlaf gesprochen. Wir sind alle hinausgegangen, um nicht etwa ein wichtiges Staatsgeheimnis mitzuhören.«
»Verstehe. Alle sind hinausgegangen?« Der Soldat nickte. »Gut, das war eine weise Entscheidung.«
Armiro streifte sich die langen Stiefel über und nahm den goldbestickten Uniformrock vom Haken. »Rufe meine Offiziere und Minister zusammen!«
Kurz darauf stand das Oberkommando der komischen Armee im Kreis auf dem kostbaren Teppich aus Aghrapur, der vor Armiros Zelt ausgebreitet war. Die Männer mußten nicht lange warten, bis der Prinz aus dem Zelt trat. Die warme Morgensonne schien auf sein junges, kantiges Gesicht und ließ die Goldstickerei der Uniform aufblitzen.
»Männer, hört mir zu!« sprach Armiro zu den Ministern und Offizieren. »Ich hatte eine heilige Vision.«
Königin Zenobia, Gemahlin des mächtigsten Eroberers in dieser Zeit, saß allein in ihrem Gemach und vergoß bittere Tränen. Sie verfügte über mehr Reichtum als irgendeine andere Frau dieser Welt, und ihr Imperium wuchs von Tag zu Tag, weil die aquilonische Armee mit Gewaltmärschen bis in die entlegensten Gegenden der Erde vordrang. Und dennoch nagte ein tiefer Gram an ihrem Herzen. Die schöne, sanfte Zenobia, Mutter eines prächtigen Sohns, Herrscherin über ein blühendes Land, das in den letzten Jahren von allen Kriegen verschont geblieben war, saß allein da und rang die Hände. In Gedanken verwebte sie mit den Strähnen des Kummers auch Strähnen der Wut, des Zorns und Mords zu einem festen Gewebe.
Die Helligkeit in ihrem Gemach stand in vollkommenem Gegensatz zu der Dunkelheit in ihrer Seele. Der hohe Raum mit dem Deckengewölbe war kostbar ausgestattet. Wertvolle Gobelins hingen an den Wänden, die Möbel waren aus den edelsten Hölzern gefertigt. Kostbarkeiten aus allen Teilen der Welt
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