Conan-Saga 45 - Conan der Grosse
Rosse hatten Schaum vor dem Maul, aus ihren Nüstern stoben rotglühende Funken. Ein Zwerg in glänzender Rüstung saß auf dem Leitpferd und lenkte das Gespann lässig mit den Füßen. Während die Rosse über Schlamm, Blut und Leichen dahinrasten, spielte er Mandoline und sang ein Lied.
Auf der Streitform – so berichteten die Überlebenden – standen Conan und sein Amazonenliebchen Amlunia in leidenschaftlicher Umarmung eng umschlungen. Sie würdigten die Speere und Schwertklingen ringsum keines Blickes. Stück für Stück legten sie Rüstung und Kleidung ab und gaben sich dann ihrer verzehrenden Leidenschaft hin, ohne Rücksicht auf die tobende Schlacht oder die Soldaten. Die beiden schienen nicht von dieser Welt zu sein. Sie taten, als könne ihnen keine Waffe dieser Erde ein Leid zufügen. Für viele Sterbende war der Anblick des Streitwagens mit den göttergleichen Liebenden die letzte schreckliche Vision. Die Überlebenden konnten das Bild dieser Wahnsinnsfahrt niemals aus ihrem Gedächtnis tilgen.
K APITEL 15
Begegnung in der Finsternis
Armiro, Oberster Alleinherrscher über Khoraja und Anwärter auf den Thron Koths, erwachte aus einem unruhigen Schlaf. Es war dunkel ringsum. Aber diese Dunkelheit war ihm nicht vertraut. Sie wirkte unheimlich und bedrohlich.
Der Prinz träumte allerdings nur, daß er aufgewacht sei. In diesem Traum stand er im Freien. Er trug das Hemd und die Beinkleider aus schwarzer Seide, in denen er immer schlief, um für nächtliche Meuchelmörder nicht so leicht erkennbar zu sein. Er spürte das weiche Leder der Stiefel an den Füßen. Diese Stiefel hatte er wie immer abends vors Bett gestellt. Er griff an den Gürtel. Der Dolch, den er immer griffbereit unterm Kopfkissen verbarg, steckte nicht dort.
Die Dunkelheit war nicht undurchdringlich. Er schaute nach oben. Die Mondsichel stand am Nachthimmel und warf ein schauriges Licht auf die Umgebung. Er stand auf einem Platz, umgeben von Monumentalbauten. Säulen und Mauern schienen uralt zu sein. Doch zeigte sich an ihnen keinerlei Verfall. Staunend blickte sich der Prinz um. Wolkenfetzen flogen über die fahle Mondsichel und die wenigen Sterne.
Irgend etwas störte Armiro an diesen Gestirnen. Er trat einen Schritt vor, um alles besser sehen zu können. Dabei stellte er fest, daß der Boden in seiner Traumwelt genauso hart war wie glatte Steine sein sollten. Doch nach drei Schritten blieb er wie angewurzelt stehen. Plötzlich flammten aus niedrigen Schalen und Bronzebecken überall rote Lichter auf dem Platz auf.
Soweit Armiro sehen konnte, hatte aber niemand sie entzündet. Nirgends stand ein Diener, der sich um die Feuer gekümmert hätte. Bis auf ihn war der Platz völlig verlassen und menschenleer.
Im Schein der Flämmchen sah er jetzt in der Mitte des Platzes, der anscheinend ein großer Innenhof war, einen Teich mit dunkler, öliger Oberfläche. Ein nicht spürbarer Windhauch zupfte an seiner Kleidung und zog ihn näher zum Teich. Dem Prinz lief es eiskalt über den Rücken. Auch der Teich war nicht mehr spiegelglatt wie zuvor, sondern kräuselte sich leicht, obwohl tatsächlich kein Wind zu spüren war. Armiro hatte das Gefühl, als hätte das dunkle Wasser ein Eigenleben. Der Prinz war so traumbenommen, daß es ihn nicht überraschte, als eine dumpfe Stimme im Teich rumorte und verständliche Worte heraufschickte.
»Willkommen, Prinz Armiro, Lord von Koth, der du nach einem noch größeren Reich strebst. Es erfüllt mich mit Genugtuung und Freude, daß so edle Füße wie die deinen über die uralten Steine meines Tempels schreiten.«
»Wer bist du?« fragte Armiro ohne Umschweife oder Angst. »Wie kannst du es wagen, mich um diese Stunde aus meinem wohlverdienten Schlaf zu reißen und an diesen Ort zu schaffen?«
»Aber, aber, mein lieber Prinz!« Die Stimme in der Tiefe klang spöttisch. »Willst du etwa behaupten, daß du friedlich geschlafen hast? Ich weiß, daß das nicht stimmt! Aber man kann ja auch nicht erwarten, daß jemand in deiner gefährlichen Lage und mit deiner – sagen wir mal – etwas harten Art, die Menschen zu behandeln, friedlich schläft und süß träumt.«
Armiro lachte zynisch. »Du kennst mich gut, Phantom! Ja, meine Träume waren in der Tat nicht süß und friedlich. Ich habe auf Leben und Tod gekämpft. Alte Vetteln haben grausig gelacht. Meuchelmörder schlichen sich bei Nacht an mein Bett. Das sind so meine Träume. Doch bis zu diesem Augenblick sind niemals Gespenster
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