Conan-Saga 45 - Conan der Grosse
Mund.
Nachdem der Führer gefallen war, flohen die Feinde noch schneller zum engen Ausgang des Tals hin, wo ein niedriger Paß ins nächste Tal führte. Dahinter kam ein noch engeres Tal als die beiden vorigen. Und dort erblickte Egilrude wieder den Wehrturm. Angesichts der hohen Gipfel des Karpash-Gebirges wirkte er allerdings winzig und verloren.
Der Marschall ritt weiter, obwohl ihm bei dem Gedanken, wie weit die Fußtruppen und die Proviantkarren hinter der Kavallerie zurückgeblieben waren, ungemütlich wurde. Doch der Wehrturm war sein nächstes Ziel, und er stand in Reichweite. Er mußte seinen Offizieren vertrauen, daß sie den Rest der Truppe sicher hinterherbrachten. Erschwerend kam hinzu, daß der Tag bereits zur Neige ging und ein Gewitter aufzuziehen begann. Schwarze Wolken rasten über den Himmel und verfingen sich in den hohen Berggipfeln.
Egilrude trieb seine Leute zu noch mehr Eile an. Wieder galoppierten sie durch einen Fluß, als die ersten Blitze übers Firmament zuckten und warme Regentropfen fielen.
Keiner der Reiter suchte Unterschlupf unter den Bäumen, obwohl der nachfolgende Donner die Rosse erschreckte. Rücksichtslos preschten alle weiter. Im grellen Licht der Blitze sah man die blutunterlaufenen Augen der Pferde und den Schaum vor den Mäulern. Immer noch war eine kleine Schar Feinde vor ihnen. In Panik stürzten einige aus dem Sattel, um dann von aquilonischen Schwertern niedergemacht zu werden. Die wilde Verfolgungsjagd führte durch einen Fluß, dessen Wasser jetzt milchig schäumte, dann den nächsten Abhang hinauf und endete in einem erbitterten letzten Gefecht vor dem Tor des Wehrturms.
Die Verteidiger im Turm waren vielleicht durch das Wüten des Gewitters verwirrt und hatten die Zugbrücke herabgelassen, um ihre fliehenden Kameraden einzulassen. Die Aquilonier waren diesen jedoch so dicht auf den Fersen, daß die Wachmannschaft die Brücke nur noch eine Handbreit hochziehen konnte, als sie die Gefahr erkannt hatte. Im nächsten Moment waren schon die ersten aquilonischen Reiter auf die Brücke gesprengt und drückten sie mit ihrem Gewicht wieder nach unten. Egilrude stürzte sich mit einigen Gefährten auf die Torwächter und tötete sie, ehe diese das eisenbeschlagene Tor schließen konnten. Als noch mehr von Egilrudes Männern in den Hof des Turms eingedrungen waren, sprang er aus dem Sattel und jagte den Feinden in den engen Gängen des Wehrturms nach.
Am Ende waren alle Corinther bis auf den letzten Mann erschlagen, dazu noch die kampfesmutigsten der Verteidiger des Wehrturms. Im Innenhof wartete ein Dutzend mehr oder weniger stark verletzter Gefangener mit finsterer Miene. Bewacht wurden sie von über vierzig siegreichen Aquiloniern. Den Kampf hatten mehr Pferde überlebt als Menschen beider Parteien zusammengenommen. Wiehernd standen sie in dem immer noch anhaltenden Regen.
Egilrude schüttelte die Erschöpfung ab und ging hinaus auf den Hof. Er gab sich Mühe, möglichst finster dreinzuschauen. »Ich brauche jetzt einen Gefangenen, der Aquilonisch oder Nemedisch spricht«, rief er gebieterisch. »Wer von den Gefangenen ist bereit, mit mir zu reden?«
Die meisten Corinther waren alte kampferprobte Haudegen. Sie verzogen keine Miene und blickten stur auf den Boden, als der Eroberer an ihnen vorbeischritt. Doch ein älterer Mann, ein Zivilist – der Kleidung nach Bauer oder Schäfer – schaute Egilrude verängstigt an. Der Marschall blieb vor ihm stehen, packte ihn mit eisernem Griff an der Schulter und riß ihn vorwärts. Der Alte fiel auf das schlammbedeckte Kopfsteinpflaster.
»Wie viele corinthische Soldaten halten sich hier in den Bergen auf?« fragte der Marschall ihn. »Was für Befehle haben sie?« Er trat den Mann in die Seite, so daß dieser ein Stück im Schlamm weiterrollte. »Und welchem Zweck dient dieser Wehrturm, der hier in der Mitte von Nirgendwo steht?«
»Bitte, Hauptmann«, stammelte der Mann in gebrochenem Nemedisch. »Ich bin nur ein armer Schäfer und habe der Garnison hier Fleisch verkauft.« Er blickte hilfesuchend zu den Gefangenen, dann wieder zu Egilrude. »Ich weiß überhaupt nichts über die Kriege großer Königreiche. Bitte, Sire, laßt mich nach Hause gehen!«
Egilrude betrachtete den Mann wütend. Er dachte an seine Familie, ebenso einfache Leute wie dieser Schäfer. Doch dann dachte er an seine militärische Mission und seine Pflicht der Krone gegenüber.
»Du weigerst dich also, mit mir zusammenzuarbeiten!« brüllte er.
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