Conan-Saga 45 - Conan der Grosse
feststellen, daß viele Götter, wie manche Könige hier auf der Erde, auch nur über ein kleines Dorf herrschen«, rief Delvyn. »Man sollte daher danach streben, der beste und mächtigste Gott zu werden.« Der Narr sprach langsam und eindringlich. »Um das zu erreichen, muß man seine Freunde sorgfältig auswählen und sollte sich nur mit dem größten und fähigsten aller regierenden Götter verbünden ...«
So kamen sie in der Unterhaltung von frivolen und gotteslästerlichen Bemerkungen auch zu wirklich tiefen Themen. Der Zwerg hat einen wachen und durchdringenden Verstand, dachte Conan und fragte sich, ob er ohne die subtilen Ratschläge des Narren so weit gekommen wäre. Es gab in der Tat Beweise, daß er sein ganzes Leben lang eine göttliche Führung gehabt hatte. Und war ihm nicht Amlunia zutiefst ergeben, ja betete sie ihn nicht förmlich an, obwohl sie sonst so blutrünstig und ohne jede Moral war – was ihn als rauhen Krieger allerdings keineswegs störte. Er konnte sich nicht erinnern, jemals mit so guten Freunden auf einem Feldzug marschiert zu sein.
Bei Prospero war der König weniger geneigt, seine innersten Gedanken offen auszusprechen. Der Aristokrat war höflich und gebildet, befaßte sich jedoch für Conans Geschmack zu sehr mit der weltlichen mühsamen Seite des Regierens. Außerdem war er ein enges Band zu seinem alten Leben am Hof und zu seiner Familie. Conan zweifelte auch an der Aufrichtigkeit des Grafen, weil dieser die neuen Freunde des Königs abgrundtief verabscheute, es jedoch nie offen sagte, sondern sein Mißfallen stets hinter einer eisig höflichen Maske verbarg. Dem Monarchen wäre wohler gewesen, wenn Prospero Delvyn und Amlunia offen verurteilt hätte. Dann wären die Fronten klar gewesen. Er vermutete, daß der Poitainer Angst vor der scharfen Zunge des Narren hatte und auch Amlunias zynische Bemerkungen fürchtete, die meist unter die Gürtellinie gingen.
Der Marsch verlief ohne Streitigkeiten. Offiziere und einfache Soldaten verfielen in Routine. Die Tage vergingen damit, aufzuwachen, das Lager abzubauen, zu marschieren oder zu reiten, das nächste Lager aufzuschlagen und die Nacht durchzuschlafen, wenn man nicht gerade Wachdienst hatte. Der Weg wurde von Tag zu Tag beschwerlicher. Immer neue Höhen galt es zu erklimmen. Jede Höhe ein wenig steiler als die vorige. Dann wieder ging es hinab in tiefe Schluchten, was oft noch kräfteverzehrender war als der Aufstieg. Über entwurzelte Bäume und loses Gestein führte der Pfad. An besonders gefährlichen Stellen ging es nur im Schneckentempo weiter. Oft mußte die Nachhut in der glühenden Sonne inmitten von kahlen Felsen stundenlang warten. Manchmal mußten sie auch die Tiere und Karren mit Seilen über eine Felswand heraufziehen oder hinunterlassen. Oft war die Armee in zwei Teile getrennt, wenn sie die Nachtlager aufschlugen. Dann befahl Conan stets, daß die schlagkräftigste Abteilung im vorderen Lager schlafen sollte. Er folgte der Theorie, daß die größte Gefahr von dem unbekannten Gelände vor ihnen drohte.
Ausgemergelt und erschöpft erreichten sie endlich eine Hochebene. Hier gab es Gras für die Tiere und schattenspendende Büsche für die Menschen. Die gezackten Gipfel des Karpash Massivs wirkten am tiefblauen Horizont wie harmlose Zähne. Seltsamerweise war das Wetter trotz der Höhe milder als bisher. Der Wind war nicht so eisig, die Sonne schien milder. Es gab auch kein Gewitter an diesem Nachmittag so wie sonst. Manchmal hatte der Regen eine willkommene Abkühlung gebracht, aber oftmals hatten die Blitze auch in die Rüstung eines Kriegers eingeschlagen und diesen getötet. Wegen des Donners waren einige Pferde in Panik geraten und in die Tiefe gestürzt. Doch heute näherte sich der Abend mit ungewohnter Stille. Das Abendrot loderte wie ein riesiger Schmelzofen und überzog die Gipfel im Westen mit rotgoldenem Schein. Die Dunkelheit senkte sich langsam herab. Die ersten Sterne glitzerten am Firmament. Froh und zufrieden legte König Conan sich zum Schlafen nieder.
Auch die nächsten Tage verliefen angenehm. Am dritten Nachmittag hatten sie das Lager an einer Stelle aufgeschlagen. Diese war durch die Felsen eine natürliche Verteidigungsanlage. Conan beschloß, ganz allein einen Spaziergang zu machen. Manchmal gingen ihm Delvyns gezwungene Fröhlichkeit, Amlunias aufdringliche Zärtlichkeiten sowie Prosperos ständige Höflichkeit auf die Nerven.
Die meisten Soldaten hatten sich bereits am späten
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