Conan-Saga 46 - Conan der Beschützer
früher gehalten hatte.
»Hauptmann Conan. Ich möchte Livia heiraten. Ich möchte ihr den Hof machen, wie ein Mann um eine Frau wirbt, die er liebt. Aber meine Mutter sieht in meiner Werbung nur eine Möglichkeit, unserem Haus, das die Ratten fast aufgefressen haben, wieder zu Glanz zu verhelfen. Wie kann ich Livia nur verständlich machen, daß ich sie liebe? Wie?«
Conan war nie so verliebt gewesen, wie Harphos zu sein schien, aber er hatte diese Krankheit bei anderen schon oft gesehen. Am liebsten hätte er Harphos vorgeschlagen, doch einen seiner Tränklein einzunehmen, der die Liebessehnsucht stillte – oder Livia einen zu mischen, der sie in Liebe zu ihm entbrennen ließ. Aber er sprach diesen Gedanken nicht aus.
Wahrscheinlich hatten Harphos' Mutter und ihre Diener ihn so oft verspottet, daß der Junge es genießen würde, wenn ihn mal jemand ernst nahm.
»Ich habe von Frauen gehört, welche die Gedanken eines Mannes lesen können«, sagte Conan. »Aber ich weiß nicht, ob Livia zu diesen gehört. Warum sagst du es ihr nicht ganz offen?«
Harphos schaute Conan so entsetzt an, als hätte er ihm gerade vorgeschlagen, sich von den Mauern Messantias zu stürzen. »Aber meine Mutter!«
»Du brauchst deiner Mutter ja nichts zu sagen.«
»Sie würde es herausfinden und meine Werbung sofort beenden. Sie will ebensosehr über mich herrschen, wie sie sich Livias Vermögen aneignen will. Wenn sie glaubte, daß ich ihrer Macht entglitte, hätte ich keine ruhige Minute mehr. Sie würde das Haus von oben bis unten durchsuchen und mein Versteck finden.«
»Was ist wichtiger? Livia oder diese Rumpelkammer?«
Harphos stand mit hocherhobenem Kopf auf. »Hauptmann Conan. Wenn ich nicht mein Können und meine Medizin eingesetzt hätte, müßtest du jetzt damit rechnen, daß die Wächter dich verhaften. Doch dank meiner Bemühungen werden die Männer meiner Mutter keinen bleibenden Schaden davontragen.«
»Nun, dafür schuldest du mir aber auch etwas Dank«, erklärte Conan. »Für gewöhnlich bin ich nicht so menschenfreundlich, wenn jemand sich mit gezogener Klinge auf mich stürzt.«
»Das glaube ich dir«, sagte Harphos. »Das ist ein weiterer Grund, warum ich dich gern als Freund hätte, Hauptmann, oder wenigstens als jemanden, dem ich vertrauen kann. Es ist nicht leicht, wenn man sich dauernd den Rücken gegen die eigene Mutter freihalten muß.«
Das konnte der Cimmerier nicht bestreiten. Er war deshalb bereit, auf den Trinkspruch zu trinken, den Harphos vorgeschlagen hatte. Es war zwar nicht der beste Wein, den er bisher in Argos getrunken hatte, und die Becher waren aus Holz, aber Harphos war so höflich, als erster zu trinken, um Conan jeden Verdacht zu nehmen, daß der Wein vergiftet sein könnte.
»Und jetzt, Hauptmann Conan, halte ich es für das beste, wenn du mit deinen Männern abrückst. Als Krönung meiner Heilkünste gab ich den Dienern meiner Mutter einen Schlaftrank. Die Sonne wird hoch am Himmel stehen, wenn sie aufwachen. Mit etwas Glück werden sie sich erst morgen daran erinnern, wie sie zu ihren Wunden kamen oder wer sie behandelt hat.«
Harphos' Worte klangen nicht wie ein Vorschlag, sondern wie ein Befehl. Und Conan hielt es für angebracht, diesem Befehl nachzukommen. Er würde Lady Doris bestimmt wiedersehen – vielleicht nicht wieder im Bett, aber das war ihm nicht so wichtig, obgleich die Erinnerung daran keineswegs unangenehm war. Leid tat ihm nur, daß er das Haus verlassen mußte, ohne vorher noch einmal mit Lady Doris sprechen zu können; denn wenn es tatsächlich ein Geheimnis gab, konnte nur sie es kennen und ihm etwas verraten, das Livia helfen würde.
Doch da war nichts zu machen! Schlachten verliefen selten nach den Wünschen der Offiziere. Jetzt wußte Conan, daß dieses Gesetz auch auf die Schlachten in Argos zutraf, selbst wenn hier niemand Hand an eine Klinge legte!
Lady Livias Augen hatten die Farbe einer Eishöhle in Vanaheim, als sie auf Conan ruhten. Sie verbreiteten im Gemach auch ebensoviel Kälte wie eine Eishöhle.
»So, Hauptmann Conan. Du hast einen Mann verloren und das Leben der übrigen gefährdet. Du selbst bist nur knapp einer Falle entronnen. Und trotzdem erklärst du, daß du keine Ahnung hast, worin das ›Geheimnis‹ des Hauses Lokhri besteht.«
»Nur eine Vermutung, Mylady.« Seit er den Lokhri-Palast kurz vor Morgenanbruch verlassen hatte, war ihm kaum Zeit zu der Überlegung geblieben, was Lady Doris als nächstes tun würde. Er mußte
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