Conan-Saga 46 - Conan der Beschützer
Elfenbeins, ebenso ihr Nachtgewand. Es gab mehr von ihrem schönen Körper preis, als Harphos in seinen kühnsten Träumen je zu sehen gehofft hatte. Doch hätte das dünne Gewand auch eine Rüstung sein können. Ihre Augen waren so hart und kalt wie Stahl – und sie wurden nicht wärmer, nachdem Harphos seine Geschichte beendet hatte. Reza stand neben ihr und verzog ebenfalls keine Miene.
»Du bist also geflohen«, stellte sie fest. Ein Richter, der einen Mann dazu verurteilte, gepfählt zu werden, hätte freundlicher gesprochen.
»Myl... Livia ...«, sagte Harphos. Ihm versagte die Stimme, und die Knie wurden weich. »Ich ... der Magier ließ einen Zauber zurück, der allen angst machte. Er hat noch mehr dagelassen.« Dann beschrieb er das Bild seiner Mutter. Weit kam er jedoch nicht, weil Livia ihm mit erhobener Hand Schweigen gebot. Dann legte sie die Hand auf den Mund.
Als Livia ihre Fassung wiedererlangt hatte, waren die blauen Augen weniger kalt. »Was ist deiner Meinung nach aus deiner Mutter geworden?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Harphos. »Aber mir scheint, daß deine Feinde jetzt auch meine Feinde sind. Ich dachte, du wüßtest, ob sie noch lebt oder tot ist.«
»Ich habe keine Ahnung«, erklärte Livia. »Aber ich glaube, ich weiß, wer die Frage beantworten kann.«
»Lord Akimos?«
Zum ersten Mal lächelte Livia und nickte. »Ich wäre überrascht, wenn er nichts wüßte.«
»Dann laß uns sofort zu ihm ...«
»Ich glaube kaum, daß er irgendwelche Fragen beantwortet, die man auf die erlaubte Art stellt. Und was die andere Möglichkeit betrifft – ehe wir diese einsetzen können, müssen wir Hauptmann Conan befreien.«
Zuckte der Haushofmeister bei diesen Worten zusammen? Harphos nahm sich vor, einen Wahrheitsfinder aufzusuchen oder einen entsprechenden Trank zu bereiten, falls er keinen aufstöbern konnte.
»Wo hält man ihn fest?«
Jetzt war Livia an der Reihe, eine Geschichte zu erzählen. Beim Zuhören wurden Harphos die Knie wieder weich. Reza schob ihm einen Stuhl unter. Als Livia fertig war, starrte Harphos auf den Boden, damit sie nicht den Ausdruck auf seinem Gesicht sah.
Lieber hätte er sich alle Knochen brechen lassen, als zurück in das Haus zu gehen, wo jetzt diese grauenvolle Magie herrschte. Doch ehe Livia ihn für einen Feigling hielt, würde er sich lieber vierteilen oder pfählen lassen.
»Dann – wenn vielleicht einige eurer Männer mit mir zurückgehen könnten ...?«
»Was ist mit dem Zauber?« fragte Reza mürrisch.
»Es gibt einen Weg in den Keller, der nicht durch das übrige Haus führt. Alles, was wir brauchen, ist im Keller. Ein Mann kann fast alles tragen. Ich werde dieser Mann sein, da ich ein paar Schutzmaßnahmen getroffen habe.«
Livias Gesicht strahlte jetzt wie die Sonne. Hätte Harphos nicht gesessen, wäre er zu Boden gesunken. Diesen Blick auf dem Gesicht der Geliebten festzuhalten, dafür war Vierteilen ein geringer Preis!
D REIZEHN
Der Wärter an der Tür des Hauses von Charof war wie erwartet allein. Es gab so viele trickreiche Vorrichtungen, die Flucht der Gefangenen zu verhindern, daß ein einziger Wärter genügte. Sein Dienst bestand darin, wach zu sein (und wenn er klug war, nüchtern) und jeden, der hinein- oder hinausging, auf einem Wachstäfelchen neben der Tür einzutragen.
Der Wärter hatte die Beine halb durch den Tunnel und die Arme zur Decke gestreckt. Als er oberhalb der Treppe, die zu ihm herabführte, Schritte hörte, stand er auf und zog das Kurzschwert.
»Wer ist da?«
»Nur eine Freundin.« Es war die Stimme eines Mädchens. Gleich darauf sah der Wärter die Besucherin.
Sie war nicht viel älter als siebzehn, hatte aber bereits sehr weibliche Formen. Ihre Tunika war schäbig, geflickt und nicht ganz sauber. Der Wärter hätte einen Monatssold darauf gewettet, daß sie darunter nichts trug. Auf alle Fälle waren ihre Füße nackt. Auch die dunkelbraune Haarpracht war unverhüllt.
»Eine Freundin, sagst du?« Der Wärter steckte das Schwert nicht weg, ließ jedoch die Spitze sinken.
»Nun, ich könnte eine werden.«
»Ich habe dich oben noch nie gesehen.«
»Wann warst du das letzte Mal über Himgos Tür?«
Der Wärter lachte und schüttelte den Kopf. Das Mädchen lächelte.
»So lange nicht? Dann ist es kein Wunder, wenn du mich nicht kennst. Ich habe erst vor fünf Tagen in der Küche angefangen.«
Der Wärter nickte. Das erklärte, warum er sie nicht kannte und warum sie wie eine ehemalige
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