Conan-Saga 47 - Conan das Schlitzohr
Statthalter.«
»Ein Drittel der Einnahmen, die wir zugeben«, verbesserte sie ihn. »Und noch ein paar hundert Mark jeden Monat an alle Bandenführer. Der Rest ist unser! Ich sage dir, Andolla, daß unser Nest hier reicher ist als die Silberminen vor der Stadt. Aber wenn du auf diesen schrecklichen Zauberexperimenten bestehst, wirst du uns ruinieren, denn damit lenkst du Aufmerksamkeit auf uns. Und wenn du dieses ... dieses Ding kaufst, werden die größten Magier auf diese elende kleine Stadt aufmerksam. Möchtest du Besuch von Thoth-Amon und den anderen?«
»Mit dem Objekt in den Händen bin ich ihnen gleichwertig«, erklärte Andolla hochmütig.
»Das glaubst du doch selbst nicht!« rief Oppia empört. »Ein paar Jahre mit verbotenen Künsten herumpfuschen und Bücher lesen, deren Echtheit umstritten ist, macht dich nicht gleichwertig mit diesen Männern, die viele Menschenleben verbracht haben, die Magie zu meistern.«
»Und trotzdem will ich es haben!« erklärte Andolla trotzig. »Ich muß es haben!«
Die Stimmen wurden schwächer. Offenbar waren sie in ein anderes Zimmer gegangen. Conan hatte genug gehört. Vorsichtig kletterte er wieder zurück in sein Zimmer.
Er zog sich aus und schlug die prächtigen Decken auf dem Bett zurück. Doch ehe er sich hinlegte, stellte er einen Stuhl neben das Bett und stellte sein Schwert so dagegen, daß der Griff zum Bett neigte. Wenn nötig, hatte er es blitzschnell in der Hand. Diese Vorsichtsmaßnahme ließ er nie außer acht, wenn er unter möglichen Feinden schlief, und selbst dann nicht, wenn er unter Freunden schlief.
10. K APITEL
Der Speicher des Königs
Conan verließ am Morgen den Tempel, weil er das endlose Singen, den Geruch des Weihrauchs und die hirnlosen Jugendlichen nicht mehr ertragen konnte. Er fand es erstaunlich, daß die Opfer so glücklich waren, obgleich sie ausgeraubt und versklavt wurden. Selbst abgrundtiefe Dummheit konnte das nicht erklären, daher vermutete er, daß Drogen im Spiel waren. Wenn die Verantwortlichen bereit waren, ein Opfer dem Rauch des schwarzen Lotus auszusetzen, hätten sie auch keine Skrupel, dem Rest eine mildere Version zu verabreichen, um sie bei der Stange zu halten.
Heute hatte der Cimmerier ein ganz bestimmtes Ziel. Er kannte sich in der Stadt einigermaßen gut aus. Die Wege über die Dächer mußten noch weiter erforscht werden, doch damit wollte er bis nach dem Einbruch der Dunkelheit warten. In den meisten zivilisierten Städten gab es noch eine dritte Möglichkeit, von einem Punkt zum anderen zu gelangen, die den meisten Bürgern verborgen war. Conan wußte genau, wo er über diese Geheimwege Näheres erführe.
Die Grube war wie immer so früh am Morgen beinahe menschenleer. Aus Erfahrung wußte Conan, daß es eine Klasse der Bewohner gab, die den ersten Teil ihrer Geschäfte in der Dunkelheit begannen und im Morgengrauen beendeten.
Beim Bes-Tempel stellte Conan sich in einen Hauseingang und wartete geduldig im Schatten. Innerhalb einer Stunde schlichen fünf Männer in den Tempel. Jeder trug einen prallen Sack hinein und kam mit einem leeren heraus. Der Cimmerier war sicher, daß jeder eine pralle Börse am Körper versteckt hatte. Der sechste Mann war der, den er brauchte. Er war klein, und seine Schuhe hinterließen nasse Abdrücke. Der Sack auf seinem Rücken klirrte leise. Der Geruch war unverkennbar.
Als der Kleine lächelnd aus dem Tempel herauskam und den leeren Sack in der Jacke verstaute, vertrat ihm der große Barbar den Weg. Mit offenem Mund blickte der Kleine über den glänzenden Brustharnisch ins finstere Gesicht des Cimmeriers.
»W-w-was w-willst du von mir, Fremder?« stammelte er. Er war fast noch ein Kind.
»Eine Auskunft«, erklärte Conan.
Der Junge richtete sich auf und streckte die Brust heraus. »Bist du ein Mann des Königs? Ich sage nichts«, erklärte er trotzig. Da er nicht gleich um einen Preis für seine Dienste forderte, stieg er in Conans Achtung.
»Du bist wohl der einzige in der Stadt, der solche Skrupel hat«, sagte der Cimmerier. »Ich brauche nur einen Führer, Junge. Ich bin gerade erst in Sicas angekommen und kenne mich in der Stadt nicht aus. Wie du weißt, gibt es Zeiten, da ein Mann seinen Geschäften nachgehen muß, ohne von den guten Bürgern gesehen zu werden. Diese Stadt hatte hervorragende Baumeister. Ich weiß, es gibt Siele. Ich werde dich gut entlohnen, wenn du mir die Geheimnisse des Abwassersystems zeigst.«
Jetzt grinste der Junge
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