Conan-Saga 47 - Conan das Schlitzohr
hinausgewagt hatten, um die Vorratskammern aufzufüllen, aber auch um den neuesten Klatsch auszutauschen. Conan hörte auf allen Seiten erregte Diskussionen über die Morde der vergangenen Nacht. Er erkundigte sich bei einem Händler nach Einzelheiten.
»Irgendwann, nach Mitternacht, hat Maxio mit seiner Bande Ermaks Hauptquartier überfallen und drei Söldner getötet. Ermak haben sie aber nicht erwischt.«
»Maxio?« fragte Conan erstaunt. »Aber seine Männer sind Einbrecher, keine Krieger.«
»Sie haben die anderen im Schlaf übermannt. Darin sind Einbrecher gut. Sie haben die drei umgebracht und sind dann weggelaufen. Später hat eine kleine Rotte von Ingas' Männern fünf von Lisips Leuten in einer Gasse der Grube niedergemacht. Außerdem wurde noch ein Karawanenmeister nicht weit von hier tot aufgefunden. Aber niemand weiß, ob er auch ein Opfer der Bandenkriege ist.«
Der Cimmerier ging zurück zur Herberge und holte sein Roß aus dem Stall. Er ritt vor die Stadt, um dem Tier Auslauf zu verschaffen. Er wollte sicher sein, daß es in guter Form war, da er es morgen oder übermorgen brauchen würde. Ehe er nach Sicas zurückritt, hielt er an einer Weide, wo die vor kurzem eingetroffene Karawane ihre Tiere weiden ließ und die Waren abluden, damit die örtlichen Händler sie besichtigen und ersteigern konnten. Einige Männer saßen um ein Lagerfeuer herum. Conan ritt zu ihnen und stieg ab.
»Ist das die Karawane von Mulvix?« fragte er.
»Ja«, antwortete ein Mann mit Turban und Bart. »Aber Mulvix ist tot. Wir haben ihn heute vormittag beerdigt.«
»Wie ist das geschehen?«
Der Mann zuckte mit den Achseln und strich sich durch den Bart. »Mulvix war ein Mann, der viele gefährliche Waren mitführte. Ich glaube, diesmal hat das Glück ihn im Stich gelassen. Gestern abend hat er einen Schatz in die Stadt gebracht, aber leider ist er nicht wiedergekommen. Wahrscheinlich hat jemand ihn umgebracht und ausgeraubt.«
»Was hat er denn in die Stadt geschafft?« fragte Conan mit Unschuldsmiene.
Der Mann schüttelte den Kopf. »Mulvix hat nie etwas über seine kleinen geheimen Bündel verraten. Und wir waren nicht so lebensmüde, ihn danach zu fragen.«
»Es tut uns leid um Mulvix«, sagte sein Nachbar. »Er war ein guter Mann. Aber froh sind wir, daß das Ding nicht mehr bei uns ist. Ich glaube, es war kein ehrliches Schmuggelgut.«
»Warum?« fragte Conan.
»Seit Belverus hat uns das Unglück verfolgt«, antwortete der Mann. »Unfälle. Tiere gingen verloren. Keiner konnte richtig schlafen. Schreckliche Alpträume jede Nacht.«
»Das stimmt«, pflichtete ihm der mit dem Turban bei. »Unsere Tiere waren auch unausstehlich. Sie haben gebissen, getreten, sind fortgelaufen. Jeden Morgen haben sie sich gegen das Beladen gewehrt. Und seit gestern abend ...« Er zeigte auf die zwanzig Maultiere, die friedlich weideten. »Wie die Lämmchen. So, wie sie waren, ehe wir in Belverus Waren aufluden.«
»Mulvix hat sich da auf etwas eingelassen, von dem er die Finger hätte lassen sollen«, meinte ein graubärtiger Maultiertreiber.
»Hat er nicht gesagt, wem er das Ding bringen sollte?« fragte Conan.
»Kein Sterbenswörtchen«, erklärte der mit dem Turban. »Über solche Sachen hat Mulvix nie gesprochen.« Er musterte den Cimmerier argwöhnisch. »Warum fragst du?«
»Ich arbeite für den Statthalter«, antwortete Conan, was sogar teilweise stimmte.
»Seit wann kümmert sich der fette Gauner um etwas anderes als seinen Anteil?« fragte der Graubart. »Wir haben ihm immer die Abgabe für den König und seinen Anteil bezahlt, um ihn glücklich zu machen. Was will er wissen? Muß man in dieser verfluchten Stadt jetzt auch fürs Sterben Steuern bezahlen?«
»Wenn das so ist, kann er versuchen, sie von Mulvix zu holen oder von seinem Mörder. Von uns bekommt er jedenfalls keine einzige Münze. Wahrscheinlich kommen wir nie wieder hier durch. Auf Sicas liegt ein schlimmerer Fluch als auf dem Ding, das Mulvix hergebracht hat«, erklärte der mit dem Turban.
Der Cimmerier lächelte. »Kommt ruhig wieder her, wenn ihr in der Gegend seid. Ich bin sicher, in der Stadt wird dann wieder Ruhe herrschen.«
»Was?« fragte der Graubart, doch Conan hatte sich bereits in den Sattel geschwungen und war auf dem Weg zum Stadttor. Doch davor holte er eine Abteilung von ungefähr vierzig Männern ein, die dasselbe Ziel hatten. Alles hartgesottene Burschen, mehrere mit typischen Verbrechervisagen. Einige von ihnen trugen Rüstungen.
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