Conan-Saga 48 - Conan der Jäger
allein weiter.«
Conan blickte zu der kleinen Gestalt Lamicis in der Ferne. In der zunehmenden Abenddämmerung war sie nur noch schlecht zu erkennen. Er sehnte sich nach einigen Stunden Schlaf. Es war ihm unmöglich, den hünenhaften Kezanker zu tragen, aber er konnte ihn auch nicht in der Wüste zurücklassen. Sie hatten nur einen Wasserschlauch. Er bemühte sich erneut, Kailash munter zu machen, doch der Mann aus den Bergen lag regungslos da. Er hatte das Bewußtsein verloren. Jetzt wußte der Cimmerier auch nicht weiter. Verzweifelt warf er sich in der Nähe Kailashs auch in den Sand. Nachdem er die Kapuze übers Gesicht gezogen hatte, legte er die Rechte an den Schwertgriff und verfiel in einen unruhigen Schlummer.
Als Conan erwachte, fühlte er sich merkwürdig erfrischt. Soweit das Auge reichte, umgaben ihn gelbe Sanddünen, die ein Wind aufgetürmt hatte, während er geschlafen hatte. Der Wind hatte aus der flachen Wüste ein Meer aus Sandwogen geschaffen. Conans Lippen waren trocken und brannten, dennoch verspürte er keinen quälenden Durst. Plötzlich traf ihn die grausame Erkenntnis wie ein Blitzstrahl: Die Morgensonne ging auf! Er hatte verschlafen!
Schnell sprang er auf, um Kailash zu wecken. Doch der Gefährte war nirgends zu sehen. Es gab auch keine Spuren im Sand, die ihm verraten hätten, wohin der Kezanker gegangen war. Verzweifelt suchte Conan den Horizont ab. Die Sonne brannte an diesem Morgen besonders erbarmungslos herab und war so grell, daß er schützend den Arm über die Augen hielt, um etwas zu sehen. Schmerzhaft blinzelnd schaute er umher. Die sengende Sonnenscheibe schien den gesamten Himmel zu bedecken. Doch dann schrumpfte sie plötzlich. Staunend sah der Cimmerier, daß das Licht von grellem Gelb zu einem bläulichen Weiß wechselte.
Jetzt stand die Sonne nicht mehr über ihm am Firmament, sondern hing am Ende einer Silberkette. Ein alter weißhaariger Mann hielt diese Kette in der linken Hand, in der rechten hielt er einen Speer mit einem Silberdorn. Sein staubiges, braunes Gewand war zerrissen, ebenso die Sandalen. Langsam schlurfte er durch den Sand auf den verblüfften Cimmerier zu.
»Töte ihn, wie ich es getan habe!« krächzte er und schwang den Speer mit dem Dorn.
Conan zückte sein Schwert und nahm Kampfstellung ein. Dieser verrückte Kerl war zwar alt, konnte jedoch trotzdem gefährlich sein.
»Wenn er dich anschaut, muß er mit dir kämpfen! Laß ihn nicht entkommen!« schrie der Alte. Jetzt sah Conan, daß er ein Amulett um den Hals trug, das dem glich, welches Madesus getragen hatte.
»Wer bist du?« fragte der Cimmerier verwirrt, immer noch das Schwert kampfbereit in der Rechten.
»Deranassib aus Pelishtia«, antwortete der seltsame Fremde. »Durchbohre sein Herz! Töte ihn, wie ich es getan habe!«
»Wen soll ich töten? Und wie? Ich habe kein Amulett, auch keinen Speer mit einem Silberdorn. Wo ist Kailash, mein Gefährte?«
Diesmal antwortete der Greis nicht. Er deutete mit dem Dorn nach Süden, drehte Conan den Rücken zu und schlurfte murmelnd davon. Dann löste sich sein Körper langsam auf, bis nur noch das von der Sonne gebleichte Skelett sichtbar war. Gleich darauf war es im Sand versunken. Der junge Barbar war so verblüfft, daß er sich nicht von der Stelle rührte. Jetzt schien die Sonne wieder hell. Sie wurde größer und größer, bis sie den gesamten Himmel einnahm und sich ihm bedrohlich näherte, als wollte sie ihn verbrennen, erdrücken ...
Conan fuhr entsetzt aus dem Schlaf hoch, packte sein Schwert und sprang auf. Der Himmel war noch dunkel. Er hatte geträumt. Fluchend stampfte er auf den Sand. Sein Puls raste. Da regte sich Kailash, gähnte und stand auf.
»Hast du etwas gesagt?« fragte er mit schlaftrunkener Stimme.
»Nein«, antwortete Conan. Er hielt es für besser, dem Gefährten nichts von diesem seltsamen, beunruhigenden Traum zu erzählen. »Wir müssen weiter. Ich glaube nicht, daß Lamici eine Ruhepause eingelegt hat.«
»Du hättest mich zurücklassen sollen«, sagte der Kailash und senkte beschämt den Kopf. »Meine Schwäche mag uns vielleicht teuer zu stehen kommen. Ich werde mich bemühen, die Zeit, die wir verloren haben, heute wieder aufzuholen. Los, gehen wir!«
Ohne weiteren Atem zu verschwenden, marschierte Kailash schnell los. Kein Wind hatte in der Nacht geweht, als sie geschlafen hatten. Deutlich konnten sie im Mondlicht Lamicis Spuren im Sand erkennen. Conan fiel es leicht, mit dem Mann aus den Bergen Schritt zu
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