Conan-Saga 48 - Conan der Jäger
gesäubert hatte. »Mein Geldbeutel! Hast du ihn gesehen, Yvanna?«
Sie blickte zu seinem Gürtel, wo der Beutel gewesen war. Dort hingen nur ein paar Fasern. »Der Strick muß bei deinem Kampf ... äh, bei deinem Unfall ... gestern abend gerissen sein«, verbesserte sie sich schnell, als Conan sie warnend anschaute.
»Ich verstehe«, sagte Madesus. »Doch wenn ich das Opfer nicht bald darbringe ...«
»Warte! Nimm das, Heiler. Es ist viel mehr wert als drei Kronen, aber ich bin dir für deine Hilfe dankbar.« Conan holte den in ein Tuch eingewickelten Armreifen aus dem Gürtel. Eigentlich hatte er ihn Yvanna zum Abschied schenken wollen. Doch jetzt, nachdem bekannt war, woher das Schmuckstück stammte, konnte sie es nicht mehr gefahrlos in der Stadt tragen. Da er nur zwei Kronen dafür bezahlt hatte, hatte er immer noch eine Krone Gewinn gemacht. Er wickelte den Armreifen aus und reichte ihn Madesus. Dieser nahm ihn und schleuderte ihn jedoch sogleich mit einem Schreckensruf von sich, als sei er eine giftige Schlange.
»Mitra schütze uns!« rief der Heiler. Dann hob er den Reif auf und betrachtete ihn neugierig. »Von diesem Gegenstand geht eine unsäglich böse Aura aus. Sie ist etwas schwächer geworden, doch ich spürte sie sofort, als ich den Armreif in der Hand hielt. Wer auch immer dieses Schmuckstück als letzter getragen hat, ist eines grauenvollen, unnatürlichen Todes gestorben. Da die Aura noch so stark ist, muß das erst vor kurzem geschehen sein. Wie ist dieser Gegenstand in deinen Besitz gekommen?«
Der Cimmerier überlegte, ob er dem Priester eine Geschichte auftischen sollte, aber dann entschied er sich, die Wahrheit zu sagen, da diese seine gegenwärtige Lage auch nicht verschlimmern konnte. »Ich habe den Armreif gestern abend von einem Zamorer namens Hassem gekauft. Der Preis war niedrig. Ich habe ihn nicht gefragt, woher er das Schmuckstück hatte. Wahrscheinlich gestohlen oder jemandem abgeschwindelt.«
Madesus hatte Conan direkt in die Augen geblickt, als wolle er ergründen, ob der Cimmerier die Wahrheit sagte. Der Heiler machte ein tief besorgtes Gesicht. »Wo kann man diesen Hassem finden? Ich befürchte, daß eine uralte böse Macht wieder erwacht ist – hier in dieser Stadt! Wenn sie nicht gefunden und aufgehalten wird, wird sie wachsen, bis niemand ihrer Gewalt mehr zu widerstehen vermag. Möge Mitra uns schützen!« Seine Hände zitterten wieder. Er füllte das Glas mit Wasser und leerte den Inhalt einer anderen Phiole hinein. Dann leerte er das Glas mit einem Zug.
Conan und Yvanna blickten ihn mißtrauisch an und fragten sich, ob der Mann den Verstand verloren hätte. Von welcher uralten bösen Macht faselte er? Conan fiel es schwer zu glauben, daß Hassem mehr als ein verlogener kleiner Dieb sein sollte. »Der feige Abschaum ist inzwischen wohl geflohen – zurück nach Zamora. Von welcher bösen Macht sprichst du? Wie kannst du ihre Gegenwart allein durch das Berühren dieses Schmuckstücks spüren?«
»Die Priester des Mitra lernen selbst in den Anfängen ihres Studiums bereits, die Zeichen und Spuren der Feinde des Lichts zu erkennen. Später entwickeln sie ein feines Gespür und wissen, ob Gegenstände teuflischer Personen in der Nähe sind, ja sie spüren sogar, ob sich eine böse Macht an einem bestimmten Ort aufgehalten hat. Starke böse Mächte hinterlassen Spuren, die leicht zu entdecken sind. Wir nennen diese Spuren ›Aura‹. Man kann sie mit bloßem Auge nicht erkennen, nur fühlen, wenn man einen Gegenstand berührt oder einen Ort betritt. So wie ein guter Jäger Wild anhand der Fährten und des Geruchs zu bestimmen vermag, kann ein erfahrener Priester die verschiedenen Auren des Bösen unterscheiden und die eines bestimmten Feindes erkennen. Priester, die ihren Tempel nie oder nur selten verlassen, verlieren diese Fähigkeit oft, da sie höchst selten diesen bösen Kreaturen begegnen.
Obgleich ich nach den Maßstäben der Priesterschaft noch sehr jung bin, bin ich mehr Ausgeburten des Bösen begegnet als viele Graubärte, die innerhalb der sicheren Mauern ihrer Tempel bleiben. Und ich sage euch, daß dieser Armreif von einer bösen Macht berührt wurde, wie ich sie noch nie erlebt habe. Ich spüre ihr niederdrückendes Gewicht, ihr Verlangen, zu zermalmen und zu zerstören, ihren Haß auf alle lebenden Geschöpfe. Vielleicht wird der Heilige Vater geruhen, mir mehr über diese Macht zu enthüllen, wenn ich zu ihm bete. Wenn nicht, dann ist es sein Wille, daß
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