Conan-Saga 48 - Conan der Jäger
das Böse, das die Menschen verdirbt, zu suchen und zu vernichten. Mein Meister war einst so ein Mann, der das Böse suchte und vernichtete. Und ich spüre diese Aufgabe auch in deinem Schicksal. Mein Meister gab mir auf dem Sterbebett ein Amulett und lehrte mich die Gebete, seine Macht gegen das Böse heraufzubeschwören. Und jetzt, Madesus, gebe ich dir dieses Amulett. Ich rate dir, die Gebete nur in äußerster Bedrängnis zu sprechen. Du hast einen Pfad gewählt, den nicht viele einschlagen. Auf diesem Pfad kannst du nicht ein Priester Mitras sein, zumindest nicht im herkömmlichen Sinn. Verlaß diesen Tempel und geh fort. Such das Böse, das auf dich wartet, und verbann es auf ewig vom Angesicht dieser Erde. Doch vernachlässige nicht deine Pflichten den Menschen gegenüber und vergiß nicht die Kunst des Heilens, die ich dich gelehrt habe. Das Amulett wird keinem helfen, der es aus Eigennutz gebrauchen will. Deshalb müssen deine Motive stets auf das Wohl der Allgemeinheit ausgerichtet sein. Ich werde zu Mitra für dich beten, und du wirst immer in seinen Tempeln willkommen sein.«
Madesus hatte Corinthien vor über drei Jahren verlassen und gehofft, eines Tages zurückzukehren und Kaletos von allem zu berichten, was ihm seit dem Abschied widerfahren war. Er wußte, daß sein Meister recht gehabt hatte. Es war nicht seine Bestimmung, ein Priester in den Tempeln Corinthiens zu bleiben, sondern hinauszugehen und gegen das Böse zu kämpfen, gegen das die Menschen mit ihren Waffen aus Stahl und Eisen machtlos waren.
Er griff unter sein abgetragenes Gewand und befingerte den Stern mit den sieben Zacken, der an einer Kette um seinen Hals hing. Er spürte, daß die Fährte des Bösen, der er nun schon so lange folgte, in dieser Stadt endete. Durch göttliche Fügung oder blinden Zufall war er hierher gekommen. Er würde den Ort aufspüren, wo das Böse lauerte, und es zur Strecke bringen. Sein Gesicht war grimmig und entschlossen, als er die Stufen der Treppe hinaufschritt, die in den Tempel führte.
»Halt! He du! Halt – sage ich!« brüllte ein bewaffneter Wachposten und zückte sein Schwert.
Conan warf ihm einen tödlichen Blick zu und bog blitzschnell in eine Gasse ein, doch diese war durch Schutt eines verfallenen Gebäudes blockiert. Er hatte sich vorsichtig in Richtung des Palasts vorgepirscht, wobei er sich von den Hauptstraßen soweit wie möglich ferngehalten hatte. Bis jetzt hatte er auch noch keinen Posten gesehen. Er bezweifelte, daß er über den Schuttberg klettern konnte, ehe der Posten ihn erreichte. Es gab in dieser Gasse auch keine Fenster oder Türen, durch die er hätte fliehen können. Was soll's? dachte er und zückte das Schwert. Wenn diese Schwachköpfe ihn festnehmen wollten, würde er ihnen zeigen, welch schwieriges Unterfangen das war. Er fuhr herum und lief dem Soldaten entgegen. Es war Leutnant Ekkar, ein Gast des Goldenen Löwen. Er kannte ihn.
Überrascht blieb Ekkar stehen. Offenbar hatte er erwartet, der Cimmerier werde fliehen. Daß er ihm sogar entgegenkam, hatte er nicht erwartet. Der Leutnant ging in die Hocke und nahm Kampfstellung ein. Hinter ihm zückten die anderen Männer der Patrouille ihre Klingen. Im Gegensatz zu ihrem Anführer trugen sie nur Lederwams und eiserne Rundhelme.
»Halt! Ich möchte dich nicht töten. Man beschuldigt mich zu Unrecht. Ich habe nichts verbrochen!« rief Conan.
»Verschwende nicht deinen Atem an mich, Barbar! Heb dir deine Lügen für den Hauptmann auf! Wenn du nicht augenblicklich dein Schwert zu Boden wirfst und freiwillig mitkommst, werde ich dich mit meinen Männern niedermachen.«
»Wegwerfen? Mein Schwert soll ich wegwerfen? Ich begrabe es lieber in euren Eingeweiden, ihr feigen Hunde!«
Der Leutnant näherte sich vorsichtig, wie ein erfahrener Schwertkämpfer. Als Conan einen plötzlichen Schlag ausführte, hob er schnell die Klinge und fing den Hieb ab. Doch ebensogut hätte er gegen eine Mauer aus Stein schlagen können. Conans Breitschwert war stärker und zwang die Klinge des Gegners zur Seite. Jetzt stieß der Cimmerier zu. Wäre der Leutnant nicht zurückgesprungen, hätte Conan ihn aufgespießt. Doch so riß er nur ein großes Loch in Ekkars Brustpanzer. Conan sah Angst in den Augen des jungen Leutnants aufflackern. Trotzdem floh dieser nicht, sondern versuchte tapfer, den Barbaren aufzuhalten. Einer seiner Männer hob das Schwert und wollte in den Kampf eingreifen. Doch war die Gasse so schmal, daß nur ein Mann zu
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