Conan-Saga 48 - Conan der Jäger
ich mich nicht länger damit befasse. Ich muß euch jetzt verlassen, doch ich warne euch: Hütet euch vor Hassem! Vielleicht ist er nur eine Schachfigur im Spiel des Bösen. Aber er hat sich mit den Mächten des Dunkelheit eingelassen. Daran besteht kein Zweifel. Hütet euch, nicht so tief in dieses Spinnennetz zu geraten, daß ich euch nicht mehr davon befreien könnte.«
Madesus hatte die Stimme erhoben und verlieh den letzten Worten Nachdruck, indem er mit dem Stab auf den Boden schlug. Dann packte er seinen Sack sorgfältig. Er wickelte den Armreifen wieder ins Tuch und verstaute ihn ebenfalls darin.
Conan nahm die Warnung auf die leichte Schulter, da er von dem Geschwafel des Heilers über Auren und böse Mächte nicht viel hielt. Mit diesen nicht greifbaren Dingen mochten sich Priester beschäftigten, er ließ sich davon nicht beirren. Ihm ging es um Hassem, einem Menschen aus Fleisch und Blut und einem Körper, den man mit der Klinge durchbohren konnte und aus dem Blut floß. Dieser geisteskranke Priester konnte von ihm aus seinen Wahnideen von uralten bösen Mächten, die in der Stadt Übles im Schilde führten, nachjagen. Conan hatte nichts dagegen, solange er ihn nicht dabei behinderte, sich an Hassem zu rächen. Er nickte dem Heiler zum Abschied zu und schnallte sich sein gutes Breitschwert um. Dabei staunte er, wieviel besser sein Handgelenk geworden war.
Aber der Heiler war kein Scharlatan. Vielleicht sollte er seine Warnung doch beherzigen. Auf alle Fälle mußte er vorsichtig sein. An allen Toren würden Wachposten sein, um nach ihm Ausschau zu halten. Das konnte aber auch vorteilhaft sein; denn dadurch suchten weniger Soldaten nach ihm in der Stadt, wo er die Jagd nach dem Schurken Hassem aufnehmen wollte. Yvanna hatte ihm gestern abend erzählt, daß eine hohe Belohnung ausgesetzt war, wenn jemand die Wache zu dem Armreifen führen konnte. Und diese Belohnung würde sich der zamorische Dieb gewiß abholen wollen. Conan brauchte nur aus einem Versteck heraus den Eingang zum Palast im Auge zu behalten, während Yvanna sich nach Neuigkeiten umhörte. Im ›Goldenen Löwen‹ spräche man mit Sicherheit über die Ereignisse des gestrigen Abends, und Gerüchte verbreiteten sich in dieser Stadt schneller, als die Ratten rennen konnten. Stumm betrachtete der Cimmerier sein Handgelenk und dachte über die Worte des seltsamen Heilers nach. Yvanna bereitete inzwischen ein Mahl aus gekochtem, gut gewürztem Fleisch, Ziegenkäse und Schafhirtenbrot mit köstlich dicker Kruste.
Madesus hatte es abgelehnt, mit ihnen zu speisen. Der Priester wanderte tief in Gedanken verloren zum ältesten und ärmsten der drei Tempel, die Mitra in dieser Stadt geweiht waren. Er war sicher, daß Conan einen Teil der Wahrheit zurückgehalten hatte, aber er bezweifelte, daß der Barbar irgend etwas mit dem Bösen zu tun hatte, das er bei der Berührung des Armreifen gespürt hatte.
Unglücklicherweise hatten die beiden seine Warnung nicht ernstgenommen. Er mußte weiterforschen und die Quelle dieser bösen Macht aufspüren. Obgleich er strenggenommen nicht mehr zur Priesterschaft Mitras gehörte, war es seine Pflicht, sich nicht vom Bösen abzuwenden und so zu tun, als existiere es nicht. Es war seine Pflicht, dieses Böse zu finden und zu bekämpfen, selbst wenn es seinen Tod bedeutete. Das hatte er von seinem Mentor Kaletos vor vielen Jahren in Corinthien gelernt. Dieses letzte Gespräch brannte ihm immer noch unauslöschlich in der Erinnerung.
»Höre meine Worte, Madesus, und bete zu Mitra, daß du sie niemals anwenden mußt. Es gibt in der Welt unendlich viel Böses, und nicht immer wohnt es in den Herzen der Menschen. In der Tat wurde der Mensch nicht mit dem Bösen geboren, sondern hat sich ihm erst später zugewendet. Einen bösen Menschen vermagst du zu töten, doch damit vernichtest du nicht das Böse, das in ihm war. Der verfluchte Schlangengott Set ist wahrlich böse, doch auch er ist nur eine der vielen uralten, dunklen, bösen Mächte, die in den Eingeweiden der Erde umherkriechen. Diese Mächte sterben niemals. Sie können jahrhundertelang schlafen, doch danach wieder erwachen und ihren bösen Einfluß auf die Menschen verbreiten. Schwache und habgierige Menschen hören bereitwillig auf ihre falschen Versprechungen. Derartige Menschen sind gefundenes Fressen für das Böse, das sie verschlingt und danach wegwirft. Doch dann ist es zu spät, zu erkennen, wie töricht sie waren.
Manche Menschen sind dazu bestimmt,
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