Conan-Saga 49 - Conan am Dämonentor
mehr mit etwas anderem gespielt als den von ihm eigenhändig geschnitzten Knöchelchen oder Muscheln. Jetzt aber waren seine Spielsteine Männer. Trotzdem bemühte er sich immer noch, sie eigenhändig zu formen, damit sie nichts tun würden, was ihn überraschte.
In seinem tiefsten Inneren nagte die Frage an ihm, ob der weiße Krieger nicht ein besserer Spieler sei als er und bereits um höhere Einsätze gespielt hätte.
Nach zwei harten Tagesmärschen erreichten die Krieger mit den beiden Frauen das Tal der Toten Elefanten. Keine Zeit mehr für Glücksspiele – auch nicht mit Männern –, ja, man konnte nicht einmal daran denken.
F ÜNF
Beim Anblick des Dorfes schauderte es sogar den Cimmerier, obgleich er so etwas schon öfter gesehen hatte.
Bereits aus der Entfernung von zwei weiten Speerwürfen war klar, daß im Tal nicht nur tote Elefanten lagen. Beim Näherkommen wurde der Gestank so dick wie eine Wand. Man hatte den Eindruck, den Leichengeruch mit dem Dolch in Scheiben schneiden zu können.
Aber nicht alle Hütten lagen in Schutt und Asche und waren Grabmäler ihrer Bewohner geworden. Einige standen noch, und Conan warf einen flüchtigen Blick ins Innere.
Durch das Eintreffen der Bamulas ermutigt, wagten sich einige beherzte Bewohner in die graue Morgendämmerung hinaus. Sie hielten sich vom Dorfkern fern, so als befände sich dort der Eingang zur Unterwelt. Dort lagen auch die meisten Toten.
Die Sonne stieg höher und versengte den Morgendunst. Der Himmel war nun nicht mehr grau, sondern tiefblau. Insekten schwirrten umher. Ein Anblick brannte sich sogar dem hartgesottenen Cimmerier als Bild ein: Ein Säugling, noch kein Jahr alt, lag auf dem Boden, war von oben bis unten aufgeschlitzt, und Fliegen summten um den winzigen Leichnam.
Nicht nur Insekten, sondern auch andere Aasfresser hatten sich bereits über die Toten hergemacht. Inmitten der Leichen lag ein Echsenaffe. Conan kämpfte gegen den Gestank an und ging bis auf Speereslänge an den toten ›Dämonen‹ heran und musterte ihn genau, wie er Waffen und Rüstung eines toten Feindes in Augenschein genommen hätte. Er prägte sich die offensichtlichen Stärken und Schwächen des Scheusals ein.
Es hatte lange Arme, aber längere Beine als die meisten Affen, die Conan bisher gesehen hatte. Dazu einen kurzen Stummelschwanz. Von der Schwanzspitze bis zum Nacken ragten dornenähnliche Zacken auf, die auf dem Kopf einen Kamm bildeten. Conan stieß mit dem stumpfen Ende des Speers gegen den Schuppenkörper. Die Haut war widerstandsfähiger als die eines Affen, doch nicht undurchdringlich. Das bezeugten ein Dutzend Speere und ebenso viele Pfeile, die in seinem Körper steckten. Offenbar hatte ihm jemand mit einer Keule in verzweifelter Not die Schädeldecke eingeschlagen.
Conan öffnete mit dem Speerschaft vorsichtig das Maul. Die Zähne waren schwarz von getrocknetem Blut. Fetzen von Menschenfleisch hafteten noch daran. Es ähnelte mehr dem Gebiß eines Leoparden als dem eines Gorillas. Diese Biester schienen in ihrem Heimatland Fleisch zu fressen.
»Aber nicht in diesem Land«, flüsterte der Cimmerier. »Bei Crom! Nicht in diesem Land! Nie mehr!«
»Was?« rief Idosso. Dabei stieß er einen Kriegsschrei aus, um seine Verwirrung zu verbergen. Empört flogen die Aasgeier auf. Die Dorfbewohner duckten sich, als hätte Idosso sich plötzlich in einen Echsenaffen verwandelt.
»Nun, Amra, bringt dir das Herumstochern und Schnuppern neue Erkenntnisse?« fragte Idosso hämisch. »Man sagt, daß deine Sinne übermenschlich seien.«
»Es wird viel geredet von Leuten, die nichts wissen«, entgegnete Conan. Als er Idossos finstere Miene sah, fügte er jedoch hinzu: »Weise Männer – wie du und ich – hören nicht auf sie.«
Der diplomatische Schachzug zeigte die von Conan gewünschte Wirkung. Idossos Miene verwandelte sich prompt in die eines Mannes, der überlegt, was er als nächstes tun soll. Conan war sich seiner Sache sicher, aber er bezweifelte, daß Idosso viel Wert auf seinen Rat legte.
»Der Rücken bewacht die Frauen und die Träger«, brüllte der Häuptling. »Brust und Bauch kreisen das Dorf ein. Arme zu mir!« Bei den Bamulas war es üblich, jede größere Schar Krieger in vier Gruppen einzuteilen, die nach menschlichen Körperteilen benannt waren. Die Arme bildeten die Vorhut und die Kundschafter. Brust und Bauch bildeten die Hauptmacht, in der die stärksten und wildesten Krieger versammelt waren. Der Rücken bildete die
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