Conan-Saga 49 - Conan am Dämonentor
können. Conan rutschte dahin und hatte die untrügliche Ahnung, daß er über den Rand einer Klippe stürzen würde. Er vernahm das Brausen von Stromschnellen in der Tiefe.
Da packte etwas seine Haare. Der Ruck war so heftig, daß er einen Moment lang fürchtete, seine Mähne würde aus der Kopfhaut gerissen oder gar die Kopfhaut vom Schädel. Dann endete die Rutschpartie. Auch die Schmerzen waren weg – wie der goldene Schimmer. Jetzt vermochte er alles deutlich wahrzunehmen.
Er war mit den Haaren im Zweig eines Dornbusches hängengeblieben, der anscheinend aus blankem Gestein herausgewachsen war. Unter ihm fiel der mit Findlingen übersäte Berghang steil zum Fluß ab, der ungefähr dreißig Schritte tiefer dahinschoß. Weißer Schaum wirbelte um große Steinbrocken und Baumwurzeln, deren braune Äste zum Himmel emporragten, als das grüne Wasser daran vorbeibrauste.
Conan schnitt sich vorsichtig mit dem Dolch die rabenschwarzen Haarsträhnen ab. Als er frei war, erhob er sich. Die Schlucht gab nicht viel Himmel frei. Allerdings war der Hang nach oben hin weniger steil als nach unten. Conan sah verwitterte Felswände mit glitzernden Quarzeinlagerungen.
Der Himmel erinnerte ihn an den hohen Norden, das harte Blau, das sich auch in den Augen des Cimmeriers spiegelte. Unter solch einem Himmel war er geboren worden. Allerdings waren die Wolken, die der Wind hier vor sich hertrieb, weicher als die in seiner Heimat. Auf alle Fälle hatte der Wind einen weiten Weg nach Norden hinter sich, wenn er von der Schwarzküste kam. Er blies eiskalt in dieses Tal.
Conan sah vom Dämonentor nichts mehr, so als ob es überhaupt nie existiert hätte. Es gab auch keine Spur von Vuona. Sie konnte zwar keinen großen Vorsprung haben, aber was machte das Dämonentor mit Entfernungen?
Welchen Einfluß hatte es auf ihre Sinne ausgeübt? Sie war nackt und konnte daher nicht schnell über diesen steinigen Boden laufen, selbst wenn sie bei klarem Verstand war. Vielleicht war sie, vom Dämonentor betäubt, den Hang hinabgestürzt, und ihr Leichnam trieb bereits zwischen den Felsen im Fluß.
Conan hatte keine Ahnung, welche Götter in diesem Land herrschten, daher auch nicht, welcher ihm helfen könnte, wenn er zu ihm betete. Deshalb wandte er sich an den kalten Gott Crom. Falls ihm die Ehre eines Kriegers etwas bedeutete, würde er dem Cimmerier gestatten, in die Schwarzen Königreiche zurückzukehren. Ferner, daß Conan Idosso lebend wiedersah, um ihn dann zu töten. Das war das Wenigste, was er für Vuona tun konnte. Und er würde es tun. Das schwor er, obgleich es mit Sicherheit ein langer Marsch von diesem unwirtlichen Land bis zu den Dörfern der Bamulas war.
Nach diesem Schwur bemerkte der Cimmerier keine Zeichen der Mißbilligung von oben. Er überdachte kurz, wie gut er auf dieses Land vorbereitet war. Er war nicht schlechter gekleidet wie viele Male zuvor, wenn er noch schlimmeren Unbilden des Wetters ausgesetzt war. Sandalen schützten die Füße, am Gürtel hingen seine Waffen und ein Beutel mit getrocknetem Fleisch, zusammengepreßt mit Bohnen (hart wie Holz, aber auch so haltbar, und kaum wohlschmeckender, wie Conan sich erinnerte).
Als Waffen bevorzugte er das Schwert und den Dolch. Den Speer benutzte er mehr als Stab oder Keule. Seine weiche Eisenspitze war von dem harten Gestein beschädigt worden und nicht mehr vollwertig zu gebrauchen. Conan hätte viel für einen Bogen gegeben, falls in diesem Land jemand gewesen wäre, der das Angebot hätte annehmen können. Auch hinter den Felsen verbarg sich kein Bogenmacher, daher mußte Conan sich selbst ans Werk machen und aus Sehnen, Federn, Feuerstein und Ästen einen Bogen herstellen. Außerdem fertigte er noch eine Schleuder. Diese Waffe nützte ihm auf dem Schlachtfeld wenig, aber er hatte damit schon so manchen Topf in der Wildnis gefüllt (und damit in bewohnteren Ländern mit Erfolg gewildert).
Conan nahm den Speer in die linke Hand und zückte mit der rechten den Dolch. Er stellte seine Kenntnis wilder Berge unter Beweis, indem er den Hang hinaufkletterte, dem Himmel entgegen.
Scyra hatte lange gewartet. In der Kammer ihres Vaters herrschte vollkommene Stille. Die gesamte Höhle war stiller als je zuvor, wenn die Natur ihr Recht verlangt hatte und ihr Vater eingeschlafen war.
Im Schlaf beherrschte der Körper den von Zauberei verblendeten Verstand, und er schnarchte laut. Sie erinnerte sich lebhaft, wie sein Schnarchen nicht nur in seinen Kammern, sondern
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