Conan-Saga 50 - Conan der Gladiator
Stuhl aus Ebenholz zuwinkte. Conan trat zu dem großen Tisch, wo Nekrodias im Licht zweier grüner Kerzen saß. Er hielt ein Schreibgerät, das aus einem Schlangenzahn gefertigt war, über eine Pergamentrolle. Auf den gebeugten Schultern des alten Priesters lag eine Stola aus gelber Schlangenhaut. Er schrieb noch einige stygische Hieroglyphen auf das Pergament, ehe er Conans Blick begegnete.
Aus der Nähe betrachtet wirkte Nekrodias alterslos. Er hätte Jahrhunderte alt sein können – und warum eigentlich nicht? dachte Conan. Schließlich gab es uraltes Geheimwissen, und Nekrodias war persönlicher Diener der unsterblichen Götter. Der kahle Schädel unter der Kapuze, das runzlige, weise Gesicht, der klapperdürre Körper und der glanzlose Blick – Conan hielt es durchaus für möglich, daß diese Knochenfinger erst kürzlich die vergilbten Mumienbinden abgewickelt hatten.
»Nun, man nennt dich also Conan den Schlächter. Du bist neu hier, aber du stehst unter genauer Beobachtung und wirst trotz der Wunden, welche deine Leistung etwas geschmälert haben, hoch geschätzt.« Der Priester deutete mit dem tintenbefleckten Finger auf den Kopfverband des Cimmeriers. »Deine Tapferkeit und dein Kampfgeist haben dir die Aufmerksamkeit an höchster Stelle eingebracht. Auch andere edle Herren haben dich zu sich eingeladen, nicht nur ich.«
»Bis jetzt finde ich diesen Besuch nicht besonders unterhaltsam.« In Conan erwachte ein Funke seines alten Kampfgeists. »Warum habt Ihr mich herbefohlen?«
Nekrodias schmale Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Man hat gehört, wie du mit unserem allgegenwärtigen Tyrannen Commodorus gesprochen hast, ebenso mit seinem Alter ego Udolphus. Er hat dich um einen gewissen Dienst gebeten. Auch der Tempel wünscht, daß du ihm einen Dienst leistest. Ich bin bereit, dich mit hundertmal mehr zu belohnen als dem, was unser großzügiger Tyrann dir geboten hat.«
Conan zuckte mit den Schultern. »Ich bin als ehrlicher Mann nach Luxur gekommen, ohne jede Ahnung von den Intrigen und Fehden zwischen den verschiedenen Parteien in der Stadt. Mit Rücksicht auf meinen Arbeitgeber Luddhew und meine Gefährten beim Zirkus habe ich versucht, ganz offen zu handeln – sehr viel offener, als die Bewohner Luxurs uns behandelt haben, wenn ich das hinzufügen darf. Jetzt habe ich soviel sinnloses Blutvergießen gesehen, daß ich nicht noch tiefer in den Sumpf eurer Rivalitäten geraten will, als ich ohnehin schon stecke.«
Überrascht zog Nekrodias die struppigen Brauen in die Höhe. Ob die Überraschung echt war oder nur vorgetäuscht, wußte Conan nicht. Auf alle Fälle ähnelte Nekrodias so einer alten Eule, was ihm keineswegs schmeichelte. »Läßt mich mein Gehör im Stich? Spricht da tatsächlich Conan, den sie den Schlächter nennen, der mit unstillbarer Lust kämpft, dessen Klinge keine volle Nacht in der Scheide bleibt? Ist das der weithin berühmt-berüchtigte Dieb und Räuber, der die Asche von hundert Schlössern und einem Dutzend Schätze gesiebt hat, doch nie Gold oder Weiber genug fand, um seinen Appetit zu stillen? Steht wirklich der kühne Glücksritter vor mir, der es nicht übers Herz bringt, auf meine Bitte hin Commodorus zu töten, obwohl er dann selbst der neue Tyrann von Luxur werden könnte?«
Conan seufzte und schaute den Priester ausdruckslos an. »Ich weiß nicht, was Ihr über meine Vergangenheit gehört habt, Nekrodias, oder was Ihr mit Hilfe Eurer Zauberkugel gesehen habt. Aber es war nie meine Art, einen Mann zu töten, weil mich ein anderer dazu aufforderte. Ich bin kein Meuchelmörder.«
»Hör zu, Cimmerier, laß deine schlechte Laune nicht an mir aus! Zufällig weiß ich, daß Manethos, mein oberster Einbalsamierer, dich mit seinen Ränken umgarnt hat. Er ist ein kluger Mann, der gerissen überreden kann. Doch leider sind seine Ansichten zu weit vom praktischen und positiven Leben entfernt, als daß er je in unserer Tempelhierarchie einen hohen Rang bekleiden könnte. Wahrscheinlich hat er deine Klinge ein wenig stumpf gemacht. Der Tod eines Freundes ist traurig, und vielleicht war es für jemanden mit deinen hehren Prinzipien nicht die richtige Aufgabe, diese in die Irre geleiteten, armseligen Idealisten zu töten, die wir Ketzer nennen.«
Er seufzte. »Doch gestatte diesem vorübergehenden Anfall von Niedergeschlagenheit nicht, dein Glück zu zerstören. Die Zeit für Taten ist gekommen! Commodorus wird in jedem Fall stürzen. Mein Vorschlag zielt nicht
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