Conan-Saga 54 - Conan der Gnadenlose
fortfuhr, sprach sie mit schneidender Stimme.
»Decius, noch bin ich weder Königin noch Regentin. Aber wenn du meinen Vater damit beunruhigst, werde ich einen Weg finden, dich zu bestrafen, innerhalb oder auch außerhalb des Gesetzes. Geh nun und mache Rainha schöne Augen, oder mache Lord Aybas zum Hauptmann oder tu irgendetwas Nützliches! Aber belästige unter keinen Umständen meinen Vater, sonst wirst du es bitter büßen!«
Decius verbeugte sich und ging. Die Prinzessin hatte in der Tat Recht. König Eloikas' Herz wurde immer schwächer. Es wäre ein Wunder, wenn er noch den Tag des Sieges erblickte.
Falls dieser Tag kam. Der Fall der Pougoi, der Tod ihres Ungeheuers und so vieler Sternen-Brüder hatte Graf Syzambry einen schweren Schlag versetzt, doch keineswegs den Krieg beendet.
Der Graf hatte in Städten und Dörfern viele Männer rekrutiert, um sein Heer zu verstärken. Aber nur wenige waren gut bewaffnet und noch weniger waren kampferprobt. Aybas konnte Hauptmann werden, wenn er wollte, nicht weil Decius ihm voll und ganz vertraute, sondern weil Bettler nicht wählerisch sein konnten. Ein Dutzend Hauptleute und dreihundert Rüstungen wären Decius lieber gewesen.
Es gab Gerüchte, wonach einige Stämme, welche die Pougoi nicht mehr fürchteten, sich in den Kampf einmischen wollten. Aber auf welcher Seite? Vielleicht war es für die Königlichen besser, wenn diese Stämme in den Bergen blieben.
Dutzende solcher Fragen gingen Decius durch den Kopf, als er von Chiennas Zelt an den Rand des Lagers schritt. Dann beschloss er, tatsächlich Rainha aufzusuchen. Nicht um ›ihr schöne Augen zu machen‹ – in seinen Träumen stellte er noch viel Schlimmeres mit ihr an –, sondern um Rat zu suchen. Ebenso wollte er den Cimmerier fragen, sogar Aybas und Marr – falls man diesen zum Sprechen bringen konnte ...
Irgendwo hinter ihm hörte er Trommelschlag. Decius drehte sich um. Conan kam den Hang herab. Sein Gesicht war hart, nur die eisblauen Augen funkelten lebhaft.
»Oberbefehlshaber, du sollst sofort zu Ihrer Hoheit kommen!«
Eine eiskalte Hand legte sich um Decius' Herz. Eine Vorahnung. Deshalb war er nicht überrascht, als Conan hinzufügte:
»König Eloikas ist soeben verstorben. Als Erster aller anwesenden hohen Herren musst du ...«
»Ich kenne die Gesetze und Gebräuche des Reichs, Cimmerier. Glaube mir, ich kenne sie.«
Decius' Stimme brach beinahe bei den letzten Worten. Er wollte so laut ›Vater‹ rufen, dass die Sterne und der Mond ihn hörten.
Der Cimmerier blickte voller Mitleid beiseite, bis der Oberbefehlshaber die Fassung zurückgewonnen hatte. Dann gingen die beiden Krieger den Hang hinauf zum königlichen Zelt.
Graf Syzambry rutschte ruhelos auf dem gepolsterten Stuhl hin und her. Den ganzen Tag hatte er nicht nur außerhalb des Betts verbracht, sondern auch gearbeitet. Nur nach dem Mittagsmahl hatte er kurz geschlafen, weil die Ärzte ihm das verordnet hatten. Ein Nachmittagsschläfchen, als sei er ein Säugling!
Vielleicht brauchte er diesen Schlaf nicht mehr. Vielleicht war er der Grund, dass er jetzt so hellwach und immer ruheloser wurde, je weiter die Sonne hinter den Berggipfeln verschwand. Der Sonnenuntergang vergoldete die höchsten mit Eis bedeckten Spitzen, andere färbte er karmesinrot. Der Wind hatte sich gelegt. Der Graf hatte das Gefühl, die Welt hielte erwartungsvoll den Atem an.
Worauf wartete sie? Zumindest wusste er, worauf er wartete. Heute Abend sollte Zylku von den Pougoi zurückkommen. Hoffentlich brachte er einen wahrheitsgetreuen Bericht über den Zustand des Stammes.
Von den Spähern, die das königliche Lager beobachteten, hatte Syzambry erfahren, dass zumindest einige Pougoi die Farben gewechselt hatten. Ihr Anführer konnte Aybas sein. Falls er zum Verräter geworden war, konnte Syzambry sich keine Strafe ausdenken, die angemessen war.
Wenigstens hatten die abtrünnigen Pougoi keine Tiere oder Sternen-Brüder bei sich, soweit die Späher dies erkennen konnten. In die Nähe des königlichen Lagers kam niemand – weder bei Tag noch bei Nacht. Die Späher, die es versucht hatten, waren spurlos verschwunden – abgesehen von einem, den man zur Warnung entmannt und ausgeweidet hatte.
Danach blieben die Späher in sicherer Entfernung und brachten nur Gerüchte oder bestenfalls Geschichten mit. Einem Gerücht zufolge war König Eloikas angeblich tot. Syzambry überlegte, ob er den Frieden anbieten sollte, sofern man ihn zum Regenten für Prinz
Weitere Kostenlose Bücher