Conan und die Straße der Könige
war, wurde von Rimanendos Leibgarde bewacht. Der Plan war mehr als tollkühn; das Risiko schon fast selbstmörderisch; die zu erwartende Beute: die prallen Beutel und der kostbare Schmuck von Zingaras vermögendsten Edlen und Bürgern.
Ein rothaariges Mädchen, das nur ein schmales Tuch um den Busen, ein Röckchen aus aneinandergereihten Silberplättchen und einen Bihänder an der Seite trug, sah mit einem Lächeln zu Conans finsterem Gesicht herauf. »Weshalb so mürrisch, barbarischer Bruder?« trillerte sie. »Ich kenne ein stilles Fleckchen, wohin wir beide uns zu einem freundschaftlichen Kampf zurückziehen können. Schließlich ist es noch nicht Zeit, unsere – Masken abzulegen.«
»Es ist noch nicht Mitternacht?« fragte Conan mit übertrieben schleppendem Akzent. »Doch wohl aber bald Zeit für den Tanz des hübschen Falkenmädchens, den man uns versprochen hat.«
Die Barbarin schnitt eine Grimasse hinter ihrer Maske. »Wenn du dem Tanz irgendeiner Närrin zusehen willst, dann laß dich von mir nicht aufhalten!«
»Kleines Luder!« brummte Conan, als sie klirrend davonhüpfte. Seine Laune hatte sich durch den vielen Wein nicht gebessert. Wäre er allein gewesen, er hätte das Angebot dieser hochgeborenen Schönen nicht abgelehnt und wäre seinem Diebeshandwerk hinterher nachgegangen. Aber das hier war Mordermis Spiel, in dem Conan sich an die zugewiesene Rolle zu halten hatte – oder das sorgfältigst ausgearbeitete Husarenstück würde sich in eine Todesfalle für sie alle verwandeln.
Noch immer mit finsterem Gesicht ließ der Cimmerier sich seinen Kelch nachfüllen, dann schritt er zum Pavillon, wo Sandokazi zu tanzen begann. Im Gegensatz zu anderen Männern, denen die Spannung immer mehr zugesetzt hätte, verbesserte Conans Laune sich bei der Aussicht auf einen baldigen Kampf.
Daß eine der hochgestellten Damen vor den anderen Gästen etwas zum Besten geben wollte wie eine Tänzerin in einer billigen Taverne, war nicht ungewöhnlich, denn schließlich war heute des Königs Geburtstagsfeier, bei der Zingaras Edelvolk seine höfische Würde ablegte und den Launen und Leidenschaften nachging, die hinter den Masken und der feinen Erziehung schwelten. Keusche Matronen hüpften wie ausgelassene bemalte Dirnen herum; gesetzte Herren mochten sich in verführerischen Gewändern der Halbwelt auf der Tanzfläche wiegen; junge Töchter höchster Familien durften ihre weiche Haut in knappsten Kostümen vor den glühenden Augen junger Edler zur Schau tragen, deren phantastische Kleidung ihre männlichen Attribute eher offenbarte als verhüllte.
Rimanendo lächelte von seiner Königsloge auf die Gäste hinunter, die sich unterhalb der Galerie auf dem schwarzen Marmorboden amüsierten. Seine Majestät hatte bereits mehr getrunken, als er normalerweise bei diesen Anlässen tat, deshalb wirkte sein Lächeln auch ein wenig leerer als üblich. Seine korpulente Gestalt schien aus seinem samtgepolsterten Thron zu quellen. Ein kleiner Junge, dessen nackte Haut von parfümierten Ölen glänzte, drückte einen Kelch mit opiumgewürztem Wein an die Lippen seines Herrn, während ein zweiter, ihm wie ein Zwilling ähnelnder Junge dem König die Wein- und Schweißtropfen vom Dreifachkinn tupfte.
Eine größere Anzahl von Rimanendos auserwählten Günstlingen und Hofherrn durfte die Königsloge mit ihm teilen. Der Rest der Galerie war zum größten Teil von wachsamen Soldaten und des Königs Leibwache besetzt. König Rimanendo war noch nicht so betrunken oder so einfältig zu vergessen, daß viele seiner Gäste sich über seine Trauerfeier noch viel mehr gefreut hätten.
Sandokazis Auftreten erregte selbst heute – da soviel nacktes Fleisch zu sehen war – großes Aufsehen. Ja, nacktes Fleisch war bei diesem Fest alles andere als ungewöhnlich, was wohl hauptsächlich daher kam, daß die hochgeborenen Damen die Gelegenheit nutzen wollten, ihre Reize zu zeigen, die sie sonst der Schicklichkeit halber unter soviel Kleidung verbergen mußten, daß sie zumindest zwei Leibmägde zum An- und Ausziehen benötigten. Während diese Damen und Mädchen kühn ihre allzu knapp kostümierten Rundungen zeigten, lockte und verführte Sandokazi durch ihre Verhüllung und nur ganz flüchtig gewährte Blicke auf ihre grazile Tänzerinnenfigur unter den flatternden Streifen ihres gefiederten Umhangs. Da sie versprochen hatte, noch vor der Demaskierung zu tanzen, war die Spannung bis zu dieser Stunde angestiegen.
In dem Ballsaal des Pavillons
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