Conan und die Straße der Könige
und trieb sein Pferd voran. Es war noch gar nicht so lange her, erinnerte er sich, da war er sicher gewesen, bald tot im Blut und Schmutz der Grube zu liegen. Und nun machte er sich daran, einen Königspalast zu plündern.
Da die Letzte Wache alles niederschlug, was ihr im Weg stand, war der Angriff auf Rimanendos Festung statt einer Schlacht zu reinem Abschlachten geworden. Nachsicht kannten die Obsidiankrieger nicht, aber der Mob genausowenig. Wer von den Soldaten, dem Hofgesinde und dem Gefolge sich ergeben wollte, wurde in Stücke gerissen. Einige Soldaten entgingen ihrem grauenvollen Geschick, indem sie hastig aus ihren weinroten und goldenen Uniformen schlüpften und sich der blutrünstigen Menge anschlossen. Anderen gelang es, das Chaos zu nutzen und über die Mauer zu klettern, wo sie sich fernab des Pöbels in Sicherheit bringen konnten. Und ein paar, deren Ehrgefühl eine Flucht nicht zuließ, stellten sich zu einem letzten Kampf – so retteten sie zwar nicht ihr Leben, doch das, was sie als ihre Ehre betrachteten.
Conan entdeckte den gefallenen General Korst, der mit einer kleinen Schar seiner gefürchteten Streiter im letzten hoffnungslosen Versuch den Palasteingang hatte verteidigen wollen. Der Mob war über die Toten hinweggestürmt, um nach reicherer Beute Ausschau zu halten. Der Cimmerier jedoch verweilte kurz, um dem tapferen Soldaten, der seinem König bis zum Tod treu ergeben gewesen war, die letzte Ehre zu erweisen.
Der blauschwarze Bart war mit dunklem Blut verkrustet, die Brust durch einen schweren Keulenschlag zerschmettert. Trotzdem war noch nicht alles Leben aus Korst gewichen. Er öffnete die Augen und erwiderte Conans Blick. Erkennen zeichnete sich langsam in den schmerzstumpfen Augen ab.
»Ich weiß, wer du bist«, sagte der General dumpf. »Der cimmerische Rebell. Du bist dem Galgen entgangen. Mordermi hat dich zu seiner rechten Hand gemacht.«
»Ich bot Euch mein Schwert.« Aus Conans Stimme klang noch ein Rest von Groll. »Und Ihr habt mich mit einer Hanfschlinge bezahlt. Also versuchte ich mein Glück bei Mordermi.«
Korsts Augen blickten an Conan vorbei. »Auch ich suchte einst mein Glück, und es führte mich hierher. Schau mich an, Cimmerier. Es könnte sein, daß du so dein eigenes Geschick siehst.«
Conan wollte etwas erwidern, da bemerkte er, daß Korst ihn nicht mehr hören konnte.
Der Cimmerier bahnte sich einen Weg durch die Plünderer, die sich überall im Palast drängten, um Mordermi zu finden. Der siegreiche Banditenführer war dabei, die schwere Tür zu Rimanendos Privatgemach zu rammen. Conan lieh der gebrochenen Säule, die der andere als Rammbock benutzte, seine Kraft, und die Tür gab nach.
Auf die Szene, die sich ihnen bot, war Conan nicht vorbereitet.
König Rimanendo hatte sich in seinem weinumnebelten furchtgebannten Zustand mit seinen Günstlingen und Lustknaben in seinem Gemach verbarrikadiert. Doch jene, denen er am meisten vertraute, wußten, daß seine Herrschaft nun zu Ende war. Sie wollten die Gunst der neuen Herren von Kordava gewinnen, indem sie über den bisherigen Monarchen herfielen.
Als Mordermi und Conan über die Schwelle des königlichen Privatgemachs schritten, lösten sich zwei Knaben aus der eng zusammengekauerten Gruppe und kamen auf sie zu. Ihr Haar war mit Pomade gelockt, ihre nackte Haut gesalbt und mit Rouge bemalt. Sie trugen zwischen sich ein goldenes Tablett. Auf diesem Tablett befand sich eine goldene Krone, und diese Krone ruhte auf dem abgetrennten Haupt Rimanendos.
13. Eine neue Ordnung und eine Krönung
13
EINE NEUE ORDNUNG UND EINE KRÖNUNG
Es wurde beschlossen, daß Mordermi König werden sollte.
Anfangs weigerte er sich, davon zu hören, aber man beschwichtigte alle seine Einwände.
Rimanendo und sein Hofstaat waren in dem Palastmassaker umgekommen. Der kinderlose König hatte keinen Erben hinterlassen. Es wäre auch zweifelhaft gewesen, ob die Rebellen Kordava jemandem seines Blutes überlassen hätten. Genausowenig hätte ein Anwärter es gewagt, Rechte auf den Thron zu erheben, solange die siegreichen Rebellen die Letzte Wache als ihre Armee hatten.
Die Zeit der bestechlichen Tyrannei war vorbei. Eine neue Ordnung herrschte in Kordava und sollte sich über ganz Zingara ausbreiten.
Das war nicht lediglich ein Wechsel von Herrschern, betonte Santiddio immer wieder, wie es nach einer Palastrevolte der Fall sein mochte, wo bloß ein paar Gauner gegen andere ausgetauscht wurden. Nein, der Sieg
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