Congo
Kampf zwischen zwei Bullen oft dazu, daß der eine seinen tiefen Verletzungen erlag. Beim Kampf von Flußpferden war nichts rituell oder symbolisch gemeint. Das Tier war auch dem Menschen gefährlich. In Flußgebieten, in denen sich Herden aufhielten, schrieb man die Hälfte der Todesfälle, bei denen Eingeborene angreifenden Tieren zum Opfer fielen, Flußpferden zu; der Rest entfiel auf Elefanten und Großkatzen.
Flußpferde waren Pflanzenfresser. Sie kamen nachts aus den Flüssen an Land und fraßen dort ungeheure Mengen Gras. Ein Flußpferd außerhalb des Wassers war besonders gefährlich, und wer zwischen ein Tier und den Fluß geriet, dem es zustrebt, überlebte die Begegnung gewöhnlich nicht.
Für das Ökosystem der afrikanischen Flüsse war das Flußpferd von wesentlicher Bedeutung. Seine in ungeheuren Mengen ausgeschiedenen Exkremente düngten das Flußgras, in dem Fische und andere Tiere leben konnten. Ohne das Flußpferd hätten die afrikanischen Flüsse weder Flora noch Fauna, und wo man es vertrieben hatte, starben die Flüsse ab.
Soviel ist bekannt — und noch etwas: das Flußpferd wachte eifersüchtig über sein Revier. Ein männliches Tier verteidigt seinen Fluß gegen jeden Eindringling. Und wie sich bei zahlreichen Gelegenheiten gezeigt hatte, wurden als Eindringlinge andere Flußpferde, Krokodile und den Fluß passierende Boote angesehen — mitsamt den Menschen darin.
7. Tag
Muhavura
19. Juni 1979
1. Kiboko
Munro verfolgte zwei Ziele, als er darauf bestand, auch die Nacht hindurch weiterzufahren. Erstens hoffte er, kostbare Zeit aufzuholen, denn allen Computer-Projektionen hatte die Annahme zugrunde gelegen, daß sie nachts rasten würden. Doch es kostete keine Mühe, im Mondlicht den Fluß zu befahren; die meisten Angehörigen der Expedition würden schlafen können, und so würden sie bis zum Morgengrauen schon weitere achtzig bis hundert Kilometer zurückgelegt haben.
Wichtiger noch aber war es ihm, die Flußpferde im Ragora zu meiden, die mühelos die leichten Schlauchboote zerstören konnten. Tagsüber hielten sie sich in stehenden Altwässern nahe den Flußufern auf, und die Bullen würden sicherlich jedes vorbeifahrende Boot angreifen. Aber wenn die Tiere nach Einbruch der Dunkelheit zum Fressen an Land gingen, konnte die Expedition den Fluß unbemerkt befahren — dann blieb ihr eine solche Begegnung erspart.
Es war ein kluger Plan, aber aus einem unvorhergesehenen Grund scheiterte er — sie kamen auf dem Fluß zu rasch voran. Es war erst neun Uhr, als sie die ersten Flußpferd-Reviere erreichten, und um diese Zeit weideten die Tiere noch nicht. Sie würden also die Boote angreifen — allerdings im Dunkeln.
Der Fluß durchlief jetzt eine Reihe von Biegungen, und an jeder Biegung gab es eine Stelle mit stehendem Wasser — das waren laut Kahega die Stellen, an denen die Flußpferde sich mit Vorliebe aufhielten.
Er deutete auf das Gras am Ufer, das so kurz war, als hätte man es gemäht.
»Jetzt bald«, sagte Kahega.
Sie hörten ein leises, knurrendes »Hau-hah-hahhah«. Es klang, als wollte ein alter Mann den Schleim aus seinem Hals heraushusten.
Munro, im vorderen Boot, spannte sich an. Sie trieben, von der Strömung getragen, um eine weitere Biegung. Die beiden Boote waren jetzt etwa zehn Meter voneinander entfernt. Munro hielt seine geladene Büchse in der Hand.
Wieder ertönte das »Hau-hah-hah-hah« — diesmal im Chor. Kahega stieß sein Paddel ins Wasser. Er fand rasch Boden. Er zog es heraus, nur knapp ein Meter war mit Wasser benetzt. »Nicht tief«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Schlimm?« fragte Ross.
»Ja, ich glaube, schlimm.«
Sie kamen um die nächste Biegung, und Elliot sah unter der Wasserfläche ein halbes Dutzend schwarze Felsen im Mondlicht glänzen. Dann hob sich einer der »Felsen« mit einem Ruck aus dem Wasser, und Elliot sah das Ungetüm so weit aus dem seichten Fluß herausragen, daß er die vier kräftigen Stummelbeine erkennen konnte. Das Flußpferd stürmte auf Munros Boot los.
Als Munro das Tier angreifen sah, schoß er eine Magnesiumrakete flach ab. In ihrem grellen Licht sah Elliot ein gewaltiges Maul, in dem vier riesige, stumpfe Zähne blitzten. Das Tier hielt den Kopf hoch aufgerichtet und stieß einen lauten Schrei aus.
Dann war es plötzlich von einer blaßgelben Wolke eingehüllt. Die Gaswolke trieb zurück, so daß ihrer aller Augen brannten. »Er hat Tränengas geschossen«, sagte Karen Ross. Munros Boot war schon weiter.
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